Gevelsberg/Ennepetal/Schwelm. Die Sparkassen Gevelsberg-Wetter und Ennepetal-Breckerfeld wollen fusionieren. Klar ist jetzt auch, wer von den Gewinnen am meisten profitiert.

Der nächste Schritt zu einer neuen, mächtigen Sparkasse im Ennepe-Ruhr-Kreis ist getan: Einstimmig gaben die Fraktionen im Rat der Stadt Gevelsberg der Errichtung eines gemeinsamen Zweckverbandes der vier beteiligten Städte am Donnerstagabend ihren Segen. Dieser Zweckverband soll später die Trägerschaft für die neue „Sparkasse an Ennepe und Ruhr“ übernehmen, die zum Stichtag 1. Januar 2022 aus dem Zusammenschluss hervorgehen soll. Die vier beteiligten Kommunen – Gevelsberg, Ennepetal, Wetter und Breckerfeld – wollen die politischen Formalitäten noch vor der Sommerpause erledigt haben. Den Auftakt machten nun die Gevelsberger als mit Abstand größter Partner des Zusammenschlusses.

„Auf der Verbandsversammlung des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe wurde noch einmal deutlich gemacht, wie sehr das Geschäftsmodell der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen unter Druck steht und dass über Fusionen nachgedacht werden sollte“, sagte Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi, bevor sich die Fraktionen im Rat dazu äußern konnten. Jacobi betonte noch einmal, dass die Fusion aus einer Position der Stärke und nicht aus einer wirtschaftlichen Not heraus geschehe.

„Auch die Arbeitnehmervertretungen haben dabei ein gewichtiges Wort mitzureden und befürworten es unisono“, so der Bürgermeister, gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrats der bisherigen Sparkasse Gevelsberg-Wetter. Diesen Posten soll er wohl auch bei der Sparkasse an Ennepe und Ruhr einnehmen. „Die Mitarbeiter der Sparkasse haben das Rechnen gelernt und wissen, wie die Zeichen der Zeit stehen“, erläuterte das Stadtoberhaupt die Notwendigkeit der Fusion.

Druck durch Niedrigzins

Schon beim ersten Bekanntwerden der Pläne war die Rede von einem Schritt zur langfristigen Stabilisierung der Sparkassenlandschaft in der Region. Mit ihrem Zusammenschluss möchten die Geldinstitute künftigen Herausforderungen besser entgegentreten können. Auf diese Herausforderungen kam auch Klaus Bärenfänger, Fraktionschef der SPD im Rat, zu sprechen. Als einen Faktor nannte er die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank. „Wir gehen da in absehbarer Zeit auch von keiner Veränderung aus“, sagte Bärenfänger.

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Das Geschäftsmodell der Sparkassen in der Vergangenheit sei gewesen, Umsätze aus den Zinsunterschieden zu generieren. Heute brauche es immer mehr Umsatz, um Kosten auf Dauer zu refinanzieren. Und eine Kostenreduktion, beispielsweise durch Kontoführungsgebühren, sei nicht der Weisheit letzter Schluss.

Zunehmende Regulatorik

Als weiteren Faktor führte Bärenfänger eine zunehmende Regulatorik an. „Auch Kreditinstitute stehen immer mehr unter Aufsicht, Stichwort Basel 1, 2 und 3“, so der SPD-Chef. Dadurch ergebe sich ein höherer Verwaltungsaufwand. „Die Fusion mit Wetter war schon ein erster Schritt, jetzt kommt der zweite Schritt, damit für die Zukunft vorgesorgt ist“, signalisierte er die Zustimmung der Sozialdemokraten.

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Positive Worte kamen auch von der CDU-Fraktion. „Wer die Entwicklung auf dem Finanzmarkt in den vergangenen 10 bis 15 Jahren beobachtet hat, weiß, dass es für kleine Institute schwierig geworden ist“, sagte Hans-Günther Adrian, Fraktionschef der Christdemokraten. Immer mehr Cent müssten für einen Euro Umsatz aufgewendet werden. „Das kann nicht Sinn der Sache sein“, so Adrian. Das Haus werde durch die Fusion zukunftsfähig aufgestellt. Das Geld der Bürger sei dort gut angelegt.

Ausschüttung per Quote

Die Bilanzsumme der künftigen Sparkasse an Ennepe und Ruhr beträgt wie berichtet rund 2,5 Milliarden Euro. Sie wird künftig etwas mehr als 340 Mitarbeiter beschäftigen und – zumindest juristisch – ihren Hauptsitz in Gevelsberg haben.

Gewinnausschüttungen des neuen Instituts an seinen Zweckverband verteilen sich anhand einer Quotenregelung auf dessen Mitglieder. Gleiches gilt für den Erlös im Falle einer theoretischen Liquidation. Unter Brücksichtung von Ertragskraft, Vermögenslage und Kundengeschäftsvolumen sieht diese Quote wie folgt aus: Stadt Gevelsberg 50 Prozent, Stadt Ennepetal 26,6 Prozent, Stadt Wetter 16,7 Prozent und Stadt Breckerfeld 6,7 Prozent. Heißt: Das mit Abstand meiste Geld aus den Gewinnen des fusionierten Kreditinstituts fließt in die Kasse des Gevelsberger Kämmerers Andreas Saßenscheidt.

Das Filialnetz soll bis auf Weiteres unverändert erhalten bleiben. Allerdings hatten die beteiligten Institute dies in den beteiligten Städten in der Vergangenheit bereits extrem ausgedünnt. Betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeitern soll es bis mindestens Ende 2025 nicht geben. Das ist laut Thomas Biermann, dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Gevelsberg-Wetter und auch der künftigen Sparkasse an Ennepe und Ruhr, vertraglich so festgehalten.

Pläne auch in Schwelm

Die Fusion der Sparkassen Gevelsberg und Wetter ist noch nicht lange her. Die beiden Institute haben sich im Jahr 2017 zusammengetan. Die Vereinigung der Sparkassen Ennepetal und Breckerfeld liegt dafür weiter in der Vergangenheit. Sie bildeten zum 1. Januar 1976 eine Einheit miteinander.

Die Verwaltungsräte der Sparkassen Schwelm und Sprockhövel haben sich erst in diesem Jahr am 12. Februar dafür ausgesprochen, Verhandlungen über einen möglichen Zusammenschluss der beiden kommunalen Kreditinstitute aufzunehmen. Erst vor wenigen Jahren hatte sich der Schwelmer Vorstandsvorsitzende Michael Lindermann betont, die Schwelmer Sparkasse werde nicht fusionieren.