Ennepetal. Leon Enrico Sch. aus Ennepetal überfiel mehrere Rewe-Märkte, um Rapper zu werden. Nun geht es für ihn jedoch erstmal lange ins Gefängnis.

Leon Enrico Sch. (21), der drei Rewe-Märkte und einen Penny-Markt überfallen hat, muss für vier Jahre ins Gefängnis. Dazu verurteilte ihn am Montag die Jugendstrafkammer des Hagener Landgerichts. Die Richter verhängten eine Jugendeinheitsstrafe und erkannten unter anderem auf besonders schweren Raub. Auch seinem Mittäter, den er nicht benennen wollte, sind die Ermittler inzwischen auf den Fersen.

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Tränen kullerten im Zuschauerraum, in dem mehrere Familienmitglieder des Angeklagten saßen, als der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz die Entscheidung überaus deutlich begründete. Offenbar hatten besonders die Oma und die Mutter des Angeklagten mit größerer Milde des Gerichts gerechnet. Zumal sich die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe Ennepetal, Helene Ante, als auch Verteidiger Timo Scharrmann (Essen) zuvor noch für eine Bewährungsstrafe für den Ennepetaler ausgesprochen hatten, was der Vorsitzende in der Urteilsbegründung als einen „kühnen Antrag“ bezeichnete.

Opfer in Todesangst versetzt

Mit vorgehaltener Pistole hatten der Angeklagte und mit gezücktem Fleischermesser sein Mittäter an den jeweiligen Tatabenden, kurz nach Feierabend (22 Uhr) die Mitarbeiter der Rewe/Kaufpark-Märkte in Ennepetal (1. Oktober vergangenen Jahres), in Gevelsberg (am 5. Dezember des vergangenen Jahres) und in Breckerfeld (29. Mai 2020) überfallen. Ein versuchter Raub auf einen Penny-Markt in Radevormwald ging schief.

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Die Angestellten mussten erst den Tresor öffnen, hatten sich dann auf den Boden zu legen, wurden mit Kabelbindern gefesselt und hilflos zurückgelassen. Richter Weber-Schmitz sprach von der „Todesangst“, die die Opfer während der Raubüberfälle durchlitten hatten und von den „schweren traumatischen Schäden“, die bei den meisten bis heute andauern: „Wir haben hier die Geschädigten erlebt. Gestandene Männer und Frauen, die durch diese Taten jäh aus ihrem Leben gerissen wurden.“

„Das alles kann man nur mit hoher krimineller Energie tun, dafür benötigt man Nerven und Coolness“, so der Vorsitzende Richter. Moralisch unterstützt in seinen Taten sei Leon Enrico durch sein Umfeld, insbesondere seine unsäglichen Freunde. Der junge Mann, so betonte auch die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, war in ein Haus gezogen, das in Ennepetal den zweifelhaften Ruf hätte, dass dort auch Islamisten lebten.

Leon Enrico sei zum Islam konvertiert, nehme auch in der Jugendhaftanstalt noch regelmäßig am Freitagsgebet teil. Verteidiger Timo Scharrmann (Essen) sprach von einer „hochexplosiven Mischung“, die dem jungen Mann in diesem Haus vorgelebt worden sei: „Rap-Musik motiviert, diese Musik beeinflusst und kann auf falsche Wege führen“. Sein Mandant sei von diesen falschen Leuten umgeben gewesen, geprägt und mitverleitet worden, schwerste Straftaten zu begehen.

Beute für Mercedes und Escort-Damen

Die beiden Räuber hatten die Gesamtbeute ihrer Raubüberfälle, 60.200 Euro, untereinander aufgeteilt. Der Angeklagte schaffte sich davon Markenklamotten sowie einen Mercedes an und er bestellte sich mehrmals Escort-Damen. „Es ging ihm dabei nur um ein völlig eigensinniges Streben nach Luxus. Für ein bisschen Saus und Braus wurden viele Menschen verletzt“, kritisierte der Vorsitzende scharf.

„Nach normalem Strafrecht hätte die Kammer zwingend zehn Jahre Haft aussprechen müssen“, so Weber-Schmitz. In diesem Fall sei jedoch noch das milde Jugendstrafrecht angewandt worden – bei dem zur Tatzeit bereits 20-Jährigen. Staatsanwalt Ömer Sivrice hatte viereinhalb Jahre Jugendhaft beantragt, die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe wie auch der Verteidiger hatten sich dafür ausgesprochen, dem jungen Mann noch eine Chance zur Bewährung zu geben.

Das Geständnis

Nach den Raubüberfällen hatte Leon Enrico Sch. Lieder getextet und als Rap-Songs auf sein Handy gesungen: „Ich bin ein Räuber, werde jetzt Rapper, weil ich in den Rewe bretter. Markenzeichen acht Zylinder, grüne Kabelbinder.“

Das Mobiltelefon mit den verhängnisvollen Rap-Songs war bei einer Hausdurchsuchung von der Polizei gefunden worden. Richter Weber-Schmitz sagt zu den Inhalten: „Diese Lieder voller Insiderwissen belegen seine eigene Täterschaft.“

Das Gericht hat den Haftbefehl gegen Leon Enrico Sch. nicht aufgehoben. Der junge Ennepetaler, der sich seit fünfeinhalb Monaten in Untersuchungshaft befindet, wurde in die Jugendhaftanstalt Iserlohn zurückgebracht. Dort kann er, auch wegen guter Führung, später in den offenen Vollzug gelangen.