Gevelsberg. Damit pflegende Angehörige entlastet werden, ist in Gevelsberg ein neues Pflege-Wohn-Projekt gestartet. Das steckt dahinter.

Gemütlich sitzen zwei ältere Damen auf der Couch, vor ihnen flimmert der Fernseher – das aber nur nebenbei. Viel lieber führen die beiden ein angeregtes Gespräch miteinander. Ein Zimmer weiter halten zwei Senioren ihren Mittagsschlaf. Jeder hat dafür einen eigenen Liegesessel. Auf einem großen Tisch direkt neben der Küche sind kleinere Bastelarbeiten zu sehen.

Die Gäste der neuen Tagespflege im Dorotheen-Hof an der Theodorstraße lassen es sich gut gehen. Seit dem 15. März ist die Einrichtung der Häuslichen Krankenpflege von Mario und Sabine Wolf in Betrieb. Auch die sieben Eigentumswohnungen, die mit zu dem Gebäudekomplex gehören, sind mittlerweile fertiggestellt. Zusammen mit der Tagespflege bilden sie ein Wohnprojekt, mit dem die Häusliche Krankenpflege und die Helling Projekt GmbH Wohnraum in direkter Nähe zu Pflegeangeboten ermöglichen.

28 Pflege-Plätze pro Tag

„Wir bieten hier 28 Plätze pro Tag auf zwei Etagen an“, erklärt Mario Wolf zur Tagespflege. Beide Stockwerke beinhalten einen großen Aufenthaltsraum, eine Küche, Platz zum Basteln, Malen und für Handarbeiten. Außerdem gibt es mehrere Ruheräume und barrierefreie Toiletten. Dabei versteht das Team die Einrichtung weniger als Tagespflege, denn als Begegnungsstätte für Pflegebedürftige. „Das Wort Tagespflege schreckt ein bisschen ab, weil das Wort Pflege mit drin steckt“, findet Sabine Wolf.

Die Bezeichnung sei so vorgeschrieben. Der Anspruch, den das insgesamt achtköpfige Team – bestehend aus Pflege- und Betreuungskräften, darunter zwei Männer – an sich stellt, ist, sich Zeit für seine Gäste zu nehmen. „Wir haben einen anderen Stellenschlüssel als ein Altenheim“, sagt Mario Wolf. „Und wenn die Leute zu uns kommen, ist die Körperpflege schon gelaufen.“ Dadurch bleibe mehr Zeit für andere Dinge.

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„Wir müssen hier nicht durch die Pflege hetzen“, ergänzt Pflegedienstleitung Astrid Braun. Morgens gebe es ein gemeinsames Frühstück. Auch ein Mittagessen werde angeboten, die Zubereitung zum Teil mit den Gästen gemeinsam gestaltet. „Nachmittags gibt es zum Beispiel Kaffee und Kuchen oder wir machen Waffelbackaktionen“, sagt Astrid Braun.

Individuelles Programm

Zum Programm gehört aber mehr als nur Kulinarisches. So gibt es ebenso Bewegungsübungen, Gesellschaftsspiele oder Musik. Je nach persönlicher Vorliebe der Gäste. „Wir machen Biographie-Arbeit, das heißt, wir reden mit den Angehörigen“, so Astrid Braun. So könne individuell auf jeden Gast eingegangen werden. „Wer kein ,Mensch ärgere dich nicht’ spielen möchte, muss das auch nicht machen“, gibt die Einrichtungsleiterin ein Beispiel. Künftig sei auch die Zusammenarbeit mit Kindergärten für Besuchsaktionen geplant. Auch ein Pfarrer könne mal vorbeikommen. Die Tagespflege soll den pflegenden Angehörigen Entlastung bieten, den Pflegebedürftigen aber auch einen Tapetenwechsel ermöglichen.

Pflegedienstleitung Astrid Braun (links) mit Sabine Wolf und Mario Wolf von der Häuslichen Krankenpflege im Dorotheen-Hof in Gevelsberg. Das Klavier hat Pro City gespendet
Pflegedienstleitung Astrid Braun (links) mit Sabine Wolf und Mario Wolf von der Häuslichen Krankenpflege im Dorotheen-Hof in Gevelsberg. Das Klavier hat Pro City gespendet © WP | Max Kölsch

Der Bedarf an Plätzen sei groß, wie Inhaber Mario Wolf verrät. „Durch Corona bekommt man bei uns im Moment gut einen Platz, weil viele zurückhaltend sind“, sagt er. „Ansonsten ist der Bedarf so groß, dass wir dieses Gebäude noch zweimal hätten bauen können.“

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Wenn alle Plätze belegt seien, gebe es eine Warteliste. Wer sich von dem Angebot im Vorfeld überzeugen möchte, hat die Möglichkeit, einen Probetag zu vereinbaren. Plätze in der Tagespflege lassen sich im Notfall aber auch spontan zur Verfügung stellen, beispielsweise wenn ein Angehöriger ins Krankenhaus muss und sich zeitweise nicht selbst kümmern kann.

Transport mit Taxifirma

In der Regel ist die Tagespflege für ihre Gäste montags bis freitags geöffnet. „Wir haben vor, irgendwann auch mal samstags zu öffnen, damit Angehörige mal shoppen oder zur Kirmes gehen können“, blickt Mario Wolf in die Zukunft. Die Ersten kommen morgens zwischen 8.30 und 9 Uhr. Gegen 16.30 Uhr geht es für sie wieder nach Hause. Von diesen Zeiten kann nach vorheriger Absprache aber auch abgewichen werden. Für den Transport kooperiert der Dorotheen-Hof bei Bedarf mit einem Gevelsberger Taxiunternehmen.

„Die Kosten für die Tagespflege übernimmt in der Regel die Pflegekasse“, erklärt Einrichtungsleiterin Braun abschließend. „Die entsprechenden Anträge dafür stellen wir.“