Redaktionsleiter Stefan Scherer hat eine klare Meinung zur bevorstehenden Ausgangssperre im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Hier klafft doch ein riesiges Delta zwischen Theorie und Praxis. Da wird in Berlin mit großem Bohei ein Konstrukt beschlossen, über das die Verfassungsrichter sich noch die Köpfe zerbrechen werden und das in der Kölner Innenstadt genauso gilt, wie an der Mecklenburgischen Seenplatte – und von den jeweiligen Ordnungsämtern auch genauso kontrolliert werden soll. Das ist ein verzweifelter Akt der Plan- und Hilflosigkeit und kann gar nicht funktionieren.

In der Realität sieht es doch so aus wie bislang bei Treffen in der Öffentlichkeit, an denen zu viele beteiligt sind: Da stehen fünf, sechs Jugendliche herum, das Ordnungsamt rückt an, und alle hauen in unterschiedliche Richtungen ab. Ende der Kontrolle. Die Menschen werden sich überall Schlupflöcher suchen, sich heimlich treffen, sich bei den neuen Regeln lieber kriminalisieren als dass nur ein Großelternteil bis Ende Juni die Enkel sieht.

Dabei ist die Formel simpel und gilt vom ersten Tag der Pandemie an: Die Politik muss Akzeptanz für ihre Regeln schaffen. Zieht die Bevölkerung nicht mit, werden auch diese Verbote nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Dabei ist es mit Blick auf Intensivstationen und steigende Zahl an Toten wichtiger als je zuvor, der Seuche Herr zu werden. Meine Hoffnung ruht bei diesem Kampf nicht mehr auf der Bundespolitik, sondern auf einem schnelleren Impffortschritt.