Schwelm. Achtung: Mit einer ganz perfiden Maschen wollen Betrüger ältere Menschen im EN-Kreis abzocken. Sie hacken dabei die Notrufnummer 110.

„Ich habe sofort gewusst, dass da ein falscher Polizist am Telefon war. Aber was dann kam, ist schon ein starkes Stück“. Vor einer neuen Masche, mit der es Trickbetrüger nicht nur bei ihr versuchten, warnt die Schwelmerin Hildegard M. (Name ist der Redaktion bekannt). Die Kriminellen versuchen neuerdings, argwöhnische Menschen mit einem fingierten Anruf beim Notruf 110 übers Ohr zu hauen.

Hildegard M. ist Zeitungsleserin und dadurch auf dem Laufenden. So hatte sie auch in unserer Zeitung von Trickbetrügern gelesen, die sich am Telefon als Polizisten ausgeben, um an Geld und Wertgegenstände zu kommen. Der Vorfall, der ihrer Meinung nach veröffentlicht gehört und der für sie nach wie vor unfassbar ist, passierte am 28. Oktober.

Auch interessant

Wer geht im heimischen Wahlkreis für Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal, Breckerfeld und Teile der Stadt Hagen auf Wahlkampftour. Die beiden Kandidaten René Röspel und Timo Schisanowaski liefern sich ein erbittertes Duell.
Von Mike Fiebig, Stefan Schererund Jens Stubbe

„So gegen 19.30 Uhr klingelte bei uns das Telefon. Ich nahm ab und es meldete sich ein Mann, der sagte, Herr Steinmeier von der Kriminalpolizei zu sein“. Bei Hildegard M. gingen sofort die Alarmglocken an. Erst recht, als der vermeintliche Herr Steinmeier von einem Einbruch in ihrer Nachbarschaft sprach, dass die Polizei den Täter gefasst und in dessen Tasche einen Zettel mit der Anschrift ihres Hauses entdeckt habe.

Auf Bargeld oder Wertsachen aus

Normalerweise würden die Betrüger jetzt versuchen, Informationen darüber zu bekommen, ob Bargeld oder Wertsachen im Haus sind und dass man sie besser der Polizei übergeben sollte. Auch im Ennepe-Ruhr-Kreis sind schon viele Menschen auf falsche Polizisten reingefallen, die dann vor der Haustür stehen, um Bargeld oder Wertsachen persönlich in Empfang zu nehmen. Die Betrüger suchen sich anhand von Vornamen in Telefonbüchern vornehmlich Ältere aus.

Auch interessant

Nicht so mit Hildegard M. Sie glaubt dem ominösen Anrufer vom ersten Satz an kein Wort – und sagt das auch. „Ich habe ihm direkt gesagt, dass ich ihm die Geschichte nicht abnehme und kein Wort glaube. Daraufhin hat er mir gesagt: Dann rufen Sie doch die 110 an. Da sitzt ein Kollege, der kann ihnen bestätigen, dass ich wirklich von der Kripo bin.“

Die Schwelmerin lässt sich da gar nicht erst drauf ein und legt auf. Sie erzählt die Geschichte ihrem Mann und sagt noch: „Das kann gar nicht sein. Dafür ruft man doch nicht den Notruf an.“ Hildegard M. geht davon aus, dass die Geschichte für sie damit erledigt ist.

Von wegen. Keine Minute später klingelt ihr Telefon erneut. Die Schwelmerin nimmt ab und hört die Stimme eines anderen Mannes. Er sagt ihr: „Sie haben gerade die 110 gewählt. Ich wollte nur sagen, dass der Kollege, der gerade bei ihnen angerufen hat, wirklich von der Polizei ist.“ Hildegard M. lässt sich auch davon nicht hinter die Fichte führen. Sie sagt: „Das stimmt doch gar nicht, ich beende das Gespräch jetzt.“ Dann legt sie auf.

Bis hierher hat Hildegard M. die Masche der Telefonbetrüger durchschaut und kann nachvollziehen, wie man sie übers Ohr hauen wollte. Irritiert und verunsichert ist sie von dem, was jetzt kommt. „Ich hatte daraufhin bei der Polizeiwache in Ennepetal angerufen, um zu melden, dass mal wieder falsche Polizisten ihr Unwesen treiben. Es hatten sich schon drei weitere Anrufer gemeldet, denen das gleiche am Abend passiert ist. Die Polizistin, mit der ich sprach, hat gesagt: Gut, dass Sie die 110 nicht angerufen haben. Sonst wären sie womöglich tatsächlich bei den Kriminellen gelandet“.

Hildegard M. ist fassungslos, will gar nicht glauben, was sie da hört: Wer die 110 anruft, kann bei Kriminellen landen? Sie fragt noch mal nach und bekommt zu hören: Ja, das könne sein.

Auch interessant

„Das hat mich wirklich erschreckt“, erinnert sich die Schwelmerin. Schließlich würde es bedeuten, dass Menschen trotzdem zum Opfer von Trickbetrügern werden, obwohl sie die Anrufer durschauen und nur weil sie dem Notruf vertrauen. Sie wendet sich an unsere Redaktion. „Ist das wirklich wahr?“ Sie möchte andere davor warnen.

Wer 110 wählt, landet bei Verbrechern

Ja, es ist wahr, wobei... Wie die Polizei erklärte, handelt es sich dabei um das sogenannte Call ID Spoofing. Das bedeutet übersetzt in etwa: die bewusste Verwendung einer falschen Telefonnummer, die die Betrüger mit Hilfe einer speziellen Software erzeugen.

Der Trick funktioniert auf zweierlei Weise: Eine Variante ist, dass die Kriminellen mit einer fingierten Nummer anrufen, beispielsweise mit der Rufnummer der örtlichen Polizeibehörde oder Bank, um sich das Vertrauen ihrer Opfer zu erschleichen.

Eine andere Variante ist, dass die Betrüger mit unbekannter Nummer anrufen. Werden die Angerufenen misstrauisch, lenken sie ihre Opfer dahin, eine vertrauenswürdige Nummer zu wählen, wie beispielsweise die 110. Die Falle schnappt zu, wenn der Anrufer vorgibt, aufzulegen (zu hören ist dann das typische Klack-Geräusch), die Verbindung aber weiter besteht und das Opfer dann tatsächlich besagte Nummer wählt. Diese Nummer ist fingiert und führt direkt zurück zu den Kriminellen.

Wahrscheinlich haben es die Betrüger auch bei Hildegard M. mit dieser Masche probiert. Weil/ sie es war, die das Gespräch beendete und den Hörer auflegte, hat der Trick bei ihr nicht funktioniert. Das wird auch der Grund sein, warum die Kriminellen es dann eine Minute später durch einen erneuten Anruf bei ihr noch mal versuchten.

Hildegard M. hat sich nicht übers Ohr hauen lassen. Damit die Betrüger mit ihrer dreisten Masche auch bei anderen keinen Erfolg haben, hat sie die Geschichte öffentlich gemacht. Gut so, findet auch die Polizei.

Tipps der Polizei: So schützen Sie sich vor Betrügern

Trickbetrug am Telefon hat viele Varianten. Am bekanntesten ist der Enkeltrick , bei dem Betrüger vorgeben, mit dem (zumeist älteren) Opfer verwandt zu sein beziehungsweise im Namen eines Verwandten anzurufen.

In jüngster Zeit immer wieder zu hören ist von Betrügern, die sich als Polizeibeamte ausgeben, um Senioren angeblich vor Kriminellen zu schützen.

Auch interessant

Eine andere Variante ist: Die Betrüger geben vor, Mitarbeiter einer Behörde oder der Bank zu sein und wiegen die älteren Menschen bezüglich ihres Geldes in vermeintlicher Sicherheit.

Am Ende geht es immer darum, an Bargeld oder Wertsachen zu gelangen, die an Handlanger der Betrüger übergeben werden sollen.

Die Polizei rät daher: Übergeben Sie niemals Geld an Unbekannte .

Personen, die von erkrankten Angehörigen telefonisch kontaktiert werden, sollten bei Geldforderungen besonders misstrauisch werden: Fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf , den Namen des Enkels, der Nichte und so weiter selbst zu nennen. Lassen Sie sich nicht dazu verleiten, Namen zu erraten.

Wer Anrufer nicht sofort erkennt : Nach Dingen beziehungsweise Begebenheiten fragen, die nur der echte Verwandte kennen kann. Keine Details zu familiären oder finanziellen Verhältnissen preisgeben.

Haben Sie auch schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht? Schreiben Sie uns an Lokalredaktion, Römerstraße 3, 58 332 Schwelm oder per E-Mail an schwelm@westfalenpost.de