Ennepetal. Unbekannte versenden einen Film mit dem grausamen Tod eines Mannes und geben vor, dieser zeige den Arbeitsunfall bei Febi in Ennepetal.

Wer das Video startet, braucht starke Nerven. Denn in dem 90-sekündigen Film, der offenkundig aus einer Überwachungskamera stammt, ist zu sehen, wie ein Mann auf eine kaum zu ertragende Art und Weise sein Leben verliert. Seit dem frühen Donnerstagabend machte das Video die Runde und sollte angeblich den schlimmen Arbeitsunfall bei der Ennepetaler Firma Febi zeigen, bei dem ein 42-Jähriger verstorben war (wir berichteten). Das ist gelogen. Dieses Video hat mit dem Unfall in Ennepetal nichts zu tun. Die Polizei bezieht zu diesen perfiden Fake-News deutlich Stellung.

Polizei schockiert

Der kurze Film, der den schrecklichen Tod eines hier bislang nicht bekannten Mannes zeigt, verbreitete sich insbesondere in den Mitarbeiterkreisen des Ennepetaler Automobilzulieferers wie ein Lauffeuer. Wer genau hinschaut, der sieht, dass hier elementare Dinge des Arbeitsschutzes und deutsche Industriestandards, was Sicherheit anbelangt, nicht einmal ansatzweise eingehalten werden. Doch vor allem der Anmoderation, dass es sich hierbei um den tatsächlichen tödlichen Unfall vom Mittwoch handelt, haben viele Glauben geschenkt – vor allem, weil selbst ein großer Teil der Febi-Belegschaft nicht im Logistikzentrum an der Wilhelmstraße arbeitet und demnach auch nicht weiß, wie es dort aussieht.

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Nachdem das Video, das in einer osteuropäischen Sprache kommentiert wird, dieser Zeitung am Freitagmorgen ebenfalls vorlag, fragte die Redaktion bei Sonja Wever, Sprecherin der Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr nach. Den Beamten waren bis dato weder das Video noch die Behauptung, es würde den Tod des Ennepetalers zeigen, bekannt. In einer Pressemitteilung reagiert die Behörde anschließend mit ungewohnter Deutlichkeit und einer klaren Positionierung: „Am Freitag wurde die Polizei darüber informiert, dass in der Bevölkerung ein Video verbreitet wird, das den Arbeitsunfall in Ennepetal vom vergangenen Mittwoch zeigen soll. Hierbei ist zu sehen, wie ein Mensch auf grausamste Weise verstirbt. Dieses Video hat nichts, aber auch gar nichts, mit dem Unfall in Ennepetal zu tun“, lauten die einleitenden Sätze inklusive der Klarstellung, dass hier eine schreckliche Lüge von einem Smartphone zum nächsten geschickt wird.

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Sonja Wever appelliert deutlich an die Menschen, die diesen Film besitzen: „Hören Sie auf, diese oder ähnliche Videos weiter zu verbreiten. Nicht nur, dass dieses Video an sich schon grausam und geschmacklos ist, es ist respekt- und pietätlos. Respektlos dem Verunfallten gegenüber, der auf diesem Video verstorben ist! Respektlos dem Verunfallten gegenüber, der zuletzt in Ennepetal ums Leben gekommen ist! Respektlos den Angehörigen gegenüber!“

Strafrechtlich keine Konsequenzen

Jede und jeder, der oder die dieses Video verbreite, zeige in den Augen der Gesetzeshüter ein zutiefst verantwortungsloses und unmenschliches Verhalten. In einer Situation, in der Menschen um einen geliebten Angehörigen oder Kollegen trauern, stillten andere zeitgleich die eigene Sensationsgier. „In solchen Momenten oder Situationen sehen Sie uns fassungs- und nahezu wortlos, dennoch appellieren wir an den gesunden Menschenverstand“, endet Sonja Wever.

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Auch den Verantwortlichen bei Febi ist diese Geschichte nicht verborgen geblieben. Die beiden Febi-Geschäftsführer Jan Siekermann und Karsten Schüßler-Bilstein äußern sich auf Anfrage der Redaktion folgendermaßen zu dem falschen Video: „Wir sind weiterhin tief erschüttert über den tragischen Unfall in unserem Logistikzentrum, bei dem ein langjähriger Mitarbeiter ums Leben gekommen ist. Es macht uns fassungslos, dass diese Tragödie ohne Rücksicht auf das Leid der Angehörigen und Kollegen zur Befriedigung der eigenen Sensationsgier ausgenutzt wird. Das Video hat nichts mit dem Unfall in unserem Unternehmen zu tun. Wir verurteilen die Veröffentlichung und jede Weiterverbreitung aufs Schärfste. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt der Familie.“

Damit betonen auch sie die moralische Verwerflichkeit dieser Tat. Einzig strafrechtlich dürfte die Verbreitung des Videos mit der Lüge, es sei aus Ennepetal, keine Konsequenzen haben.