Gevelsberg. Gevelsberger Gastronomen und der Hotel- und Gaststättenverband blicken mit Sorge auf eine mögliche Sperrstunde,
Wie die Gastronomie in Gevelsberg die letzten Monate überstanden hat? Manche seien so gerade eben, manche auch ganz gut durch diese Zeit gekommen, sagt Ralf Hedtmann, Vorsitzender des Gevelsberger Wirtevereins. Wenn er über seinen eigenen Betrieb „Papillon“ spricht, sagt er, dass es sogar gelungen sei, die zweimonatige Schließung zum Teil wieder aufzufangen. Entscheidend sei gewesen, wie viel Platz zur Bewirtung draußen zur Verfügung stand. Deshalb hatte er auch gehofft, dass die kühlen Temperaturen nicht so schnell kommen. Doch nicht nur der Winter macht ihm Sorgen, vor allem die vom Bund beschlossene Sperrstunde im Rahmen der Coronaschutzverordnung. „Das wäre für uns fatal.“
Gevelsberg mit Vorbildfunktion
Lars Martin, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Geschäftsstellenbereichs Hagen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Westfalen e.V. (Dehoga), geht noch einen Schritt weiter. Für ihn ist die Einführung einer Sperrstunde ab 23 Uhr „eine existenzvernichtende Maßnahme“.
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Sein Telefon steht an dem Morgen nach der Pressekonferenz der Bundeskanzlerin Angela Merkel am 14. Oktober nicht still. „Es ist Chaos pur“, sagt er. „Seit Wochen ändert sich fast täglich etwas“, klare Angaben gebe es nicht – und nun die nächste Neuerung. Jetzt wartet er wieder auf einen Erlass des Landes, wie die Vorgaben des Bundes umgesetzt werden sollen. Es herrsche Unsicherheit und erheblicher Klärungsbedarf – nicht nur bei den Gastronomen, sondern auch bei den Gästen. Lars Martin ist stinksauer. Er verweist auf eine Studie des Robert-Koch-Instituts. Dabei sei bei 55.000 Menschen, die an Corona erkrankt sind, ermittelt worden, wo sie sich infiziert haben. Nur 1,6 Prozent hätten sich im Gastgewerbe angesteckt. „Das ist ein Bruchteil und trotzdem tut die Politik so, als ob das Gastgewerbe der Seuchenherd der Nation ist.“ Er spricht von blindem Aktionismus, öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen, die keinen Sinn machten und die die Falschen treffen würden. Menschen wie Ralf Hedtmann, der einfach nur die Möglichkeit haben will, seinen Job zu machen.
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Er sagt, die Gastronomen fühlten sich im Regen stehen gelassen und wünscht sich klare Ansagen und Perspektiven. „Wenn wir 14 Tage schließen sollen, dann machen wir das, aber dann muss es auch weiter gehen.“ Ohne Sperrstunde und Alkoholverbot – er bezweifelt den Nutzen solcher Maßnahmen. „Dann kaufen sich die Leute im Geschäft den Alkohol und würden sich im privaten Rahmen treffen.“
Herausforderung durch Infektionsketten und Quarantänen
In der Nachverfolgung der Infektionsketten und dem Aussprechen und Kontrollieren von Quarantänen durch die städtischen Ordnungsämter sieht die Verwaltung des Ennepe-Ruhr-Kreises die größte Herausforderung. Hier müsse der Schwerpunkt gesetzt werden, um gut über den Winter zu kommen.
Seit der Pandemie arbeiten einige Abteilungen der Kreisverwaltung fast nur noch im Krisenmodus. „Bei den derzeitig steigenden Zahlen gleicht es einem Kraftakt, tagtäglich, auch für die Samstags- und Sonntagsschichten, noch genug Personal zusammenzubekommen“, erklärt Krisenstabsleiter Michael Schäfer.
„Und das sorgt erst recht für Probleme bei der Nachverfolgung der Infektionsketten“, sagt Lars Martin und verweist auf die Mitteilung des Ennepe-Ruhr-Kreises, dass private Partys beim Gesundheitsamt nicht oder verspätet gemeldet worden sind (wir berichteten).
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Doch bevor die neuen Regelungen in Kraft treten, die am Mittwochabend beschlossen wurden, gelten seit Donnerstag im Kreis erst einmal die verschärften Regeln, die schon zuvor festgelegt wurden, falls der Sieben-Tage-Inzidenzwert für EN über der Marke von 35 liegt.
Das ist nun der Fall (siehe Seite 1). Für das Gastgewerbe bedeutet das: Nur noch zehn Personen dürfen an einem Tisch sitzen, bei Veranstaltungen muss die gesamte Zeit ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Wenn die 50 überschritten wird kommen noch weitere Maßnahmen – auch die Sperrstunde. Am Wochenende habe das Papillon bis 3, 4 Uhr auf, andere Betriebe noch länger, sagt Hedtmann. Da gingen viele Einnahmen verloren. Vor allem bei demjenigen, der wenig Platz habe. „Die Zukunft für unser Gewerbe sehe ich mehr draußen als drinnen“, sagt der Vorsitzende des Gevelsberger Wirtevereins. Je mehr Platz ein Gastronom draußen zur Verfügung habe, umso besser laufe es. So könnten die Abstände eingehalten werden und zusätzliche Tische nach draußen verlagert werden.
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Treffen in der kommenden Woche
Ralf Hedtmann ist dankbar dafür, dass die Stadt Gevelsberg den Gastronomen so entgegen gekommen sei. Mieten für Außenflächen hätten zum Beispiel nicht gezahlt werden müssen, das habe sehr entlastet. Er wünscht sich, dass die Gastronomen auch den Winter über diese Möglichkeit haben. Er denkt dabei an Windschutz und Zelte beispielsweise. In der kommenden Woche gebe es ein Gespräch mit der Stadt, wie es für die Gastronomen weiter gehen kann. Auch Lars Martin ist eingeladen. „Das hat bisher keine andere Stadt im Kreis gemacht“, sagt er. Das Engagement der Gevelsberger sei vorbildlich und die Stadt habe auch deshalb eine starke Gastronomie. „Weil hier Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, einen Betrieb wirtschaftlich zu führen“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Dehoga Hagen. Andere Kommunen sollten sich ein Beispiel daran nehmen. Und die Bundespolitik sollte verstehen, dass man nicht am „Limit lebt, wenn man in ein Lokal geht. Für das Infektionsgeschehen sind Gastronomiebetriebe nicht relevant.“ Und doch würden diese bei den Coronaschutz-Maßnahmen im Fokus stehen. „Das ärgert mich maßlos.“
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