Ennepetal/Gevelsberg. Zwei Paare aus Ennepetal wissen nicht, ob ihre Hochzeit wegen der Corona-Krise überhaupt stattfinden kann. Eine Traurednerin hat keine Aufträge.

Es soll der schönste Tag im Leben sein: die Hochzeit. Doch auf große Feiern müssen Brautpaare während der Corona-Krise verzichten und in den Standesämtern sind wenig bis gar keine Gäste erlaubt. Also absagen, verschieben oder abwarten? Das fragen sich gerade viele Paare.

„Theoretisch haben wir alles fertig, es fehlt nur noch die Deko“, sagt Kristina Böhle (26) aus Ennepetal. Ihr Mann André Böhle-Wulff (die standesamtliche Trauung fand im letzten August statt) wollen am 26. Juni mit 58 geladenen Gästen in Voerde kirchlich heiraten. Noch steht der Termin. „Wir warten Beschluss für Beschluss ab“, gibt die 26-Jährige die Hoffnung nicht auf.

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Von Nadine Przystow

Brautpaare wünschen sich mehr Informationen von der Politik

Zwar wäre es möglich, die Hochzeit um genau ein Jahr auf den 26. Juni 2021 zu verschieben, aber für Kristina und André wäre das ungünstig. Die beiden sind im Vorstand des Gevelsberger Kirmesvereins aktiv. Das Hochzeits-Wochenende ist zugleich Kirmes-Wochenende. „Auf die Doppelplanung habe ich eigentlich keine Lust. Jetzt hatten wir alles schon geregelt“, so Kristina Böhle. Sie fühlt sich von der Regierung im Stich gelassen: „Zu privaten Feierlichkeiten gibt es keine konkreten Informationen. Das finde ich sehr schade.“

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In kleinerem Rahmen zu heiraten, ist für das Paar aus Ennepetal keine Option. „Wir waren schon bei unserer standesamtlichen Hochzeit nur für uns, weil wir das so wollten. Jetzt sollen die Freunde und Familien dabei sein“, wünscht sich Kristina Böhle. Spätestens im Mai wollen sie und ihr Mann eine Entscheidung getroffen haben.

Hochzeitsfotografin aus Gevelsberg: „Bis Mitte Juni sind alle Hochzeiten abgesagt“

Darauf ist auch Kathrin Heumann (31) gespannt. Die Gevelsbergerin ist als Hochzeitsfotografin gebucht und hätte normalerweise ab April viel zu tun. Aber: „Bis Mitte Juni sind alle Hochzeiten abgesagt“, erzählt sie. Einige Kunden überlegen sogar, ihren Termin im September abzusagen oder zu verschieben. Andere wiederum reagieren resigniert auf die Situation: „Zwei Paare haben gesagt, dass sie dann einfach gar nicht heiraten.“ Viele möchten aber auch noch abwarten.

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Auf einer standesamtlichen Hochzeit am Dienstag in Bochum durfte sie sich wegen der Abstandsregel nicht vom Fleck bewegen. „Das war schon sehr komisch“, so die 31-Jährige. Für sie als Selbstständige bedeutet das wegbrechende Hauptgeschäft große finanzielle Einbußen: „Nach Weihnachten kommen die toten Monate, wo nicht viel los ist. Ich bin also aus der umsatzschwächsten Zeit in die Corona-Krise gerutscht.“ Immerhin: In ihrem Studio an der Hagener Straße kann sie Shootings mit vier Personen anbieten, draußen mit zwei. Soforthilfe hat Kathrin Heumann trotzdem beantragt und sie auch genehmigt bekommen.

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Traurednerin aus Gevelsberg: „Das ist der wirtschaftliche Supergau“

Diese Unterstützung steht Anja Happe (43) aus Gevelsberg nicht zu. Sie ist Traurednerin und hat als solche keine betrieblichen Ausgaben wie für ein Geschäft. Einnahmen hat sie aber derzeit eben auch keine. „Im März hatte ich noch eine Hochzeit, danach ist alles ausgefallen. Bis Ende August sind 80 Prozent des Geschäfts gelaufen, das ist der wirtschaftliche Supergau.“

Weil die meisten ihre Hochzeit verschieben, hat die 43-Jährige jetzt im Januar und Februar so viele Buchungen wie noch nie. Das Problem beim Finden neuer Termine im nächsten Jahr ist allerdings, dass für 2021 ja auch schon Trauungen geplant waren. „Das ist jetzt die Kunst, alle unterzubringen“, so Happe.

Wenige Termine verschoben oder abgesagt

Bisher abgesagte Trauungen in Ennepetal: März (2), April (2), Mai (5). Für Juni sind aktuell sechs Eheschließungen geplant.

Gevelsberg: März (2), April (4). Zwei der für den April geplanten Trauungen wurden auf März vorverlegt.

Schwelm: Fünf Paare haben ihren Hochzeitstermin im März und April abgesagt oder verschoben. Im Mai ist von elf angemeldeten Trauungen bisher eine abgesagt.

Terminverschiebungen sind in allen drei Städten unkompliziert per Telefon oder E-Mail möglich. In der Regel fallen dafür keine Gebühren an.

Brautpaar aus Ennepetal will keine Kompromisse eingehen

Beatrice Hülsenbeck (27) und ihr Verlobter Christopher Lange (28) aus Ennepetal hoffen bisher noch, dass ihre freie Trauung am 3. Juli stattfinden kann. „Wir warten auf Informationen, es bringt ja nichts sofort in Panik zu verfallen“, sagt Beatrice Hülsenbeck. Dennoch hat die 27-Jährige ein paar Tränchen vergossen: „Wenn man sieht, dass Freunde letztes Jahr noch geheiratet haben und man sich so auf die eigene Hochzeit freut, ist das einfach schade.“

Bei der freien Trauung mit anschließender Feier will das Paar keine Kompromisse machen: „Wenn nicht alle 80 Gäste kommen können, dann werden wir wohl verschieben“, sagt die zukünftige Braut. Sie hat allerdings Sorge, dass die Dienstleister für 2021 schon ausgebucht sind oder die Location in Wupperfürth die Krise nicht überlebt.

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Kein Mittagessen, kein Kaffeetrinken mit der Familie nach der Hochzeit

Traurednerin Anja Happe kann verstehen, wenn Paare unter den aktuellen Bedingungen ihre Hochzeit lieber verschieben: „Die Vorfreude ist komplett weg. Das klassische Mittagessen oder Kaffeetrinken danach kann auch nicht stattfinden. Ich fühle da wirklich mit den Paaren, ich würde so auch nicht heiraten wollen.“

Was die standesamtliche Trauung am 1. Juli angeht, sind Beatrice Hülsenbeck und Christopher Lange etwas versöhnlicher. Dürften sie dort – im schlimmsten Fall – nur zu zweit erscheinen, wäre das zwar „super traurig“, doch wollen sie sich trotzdem das Jawort geben.