Ennepetal. Die Anwohner des Bussardwegs in Ennepetal haben ein Abstandsfest gefeiert – ein Straßenfest unter Beachtung der Corona-Verhaltensregeln.

Immer am letzten Samstag in den Sommerferien wird im Bussardweg in Voerde ein Straßenfest gefeiert. Das ist schon seit 40 Jahren so, weiß Pfarrerin Klaudia Fischer, die in dem Sträßchen, das zur Grundschule Voerde führt, groß wurde und jetzt dort nahe ihres Elternhauses mit ihrer Familie lebt. Am Samstag wurde dort schon jetzt einmal gefeiert, ein „Abstandsfest“.

Die Idee dazu war in der Familie Fischer schon Thema gewesen, aber am vergangenen Dienstag lag unverhofft ein Flyer in den Briefkästen der Bewohner des Bussardwegs, und unter dem Titel „Abstandsfest“ hieß es: „Wir sprengen die Corona-Starre und feiern ein Straßenfest!“ Marc Schulte, der WDR-Moderator, seit einiger Zeit mit Melina Boelmann und Sohn Marius am Bussardweg ansässig, war der Verteiler der Flyer. Dort stand noch zu lesen: „Jede Familie nutzt ihre Einfahrt, ihren Vorgarten und ihren Balkon. Es wird gegrillt, gegessen und getrunken, es gibt Musik. Wer möchte, stellt auf dem Bürgersteig vor seinem Grundstück Stühle auf. So kann man sich zwischendurch besuchen.“ Der Hinweis, nötigen Abstand zu halten, fehlte natürlich nicht.

Im Haus einer Legende

WDR-Moderator und Sportler (TuS Ennepetal) Marc Schulte erfuhr am Samstag Interessantes über die Vergangenheit seines Hauses.

Nachbar Gerd Fischer (87) erzählte, dass der Radio-Reporter Herbert Zimmermann, der mit seiner legendären Reportage über Deutschlands Sieg bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in Bern berühmt wurde, für kurze Zeit Besitzer des Hauses im Bussardweg gewesen sei. Er habe aber nie darin gewohnt.

So war es dann auch am späten Samstagnachmittag im Bussardweg: Stühle und auch schon mal Liegen standen vor den Häusern, Grillgeruch lag in der Luft, eine gewisse Leichtigkeit war zu spüren, nachbarschaftliches Leben in Corona-Zeiten. Die Familie Foltyn hatte Tische und Stühle auf dem Bürgersteig gesetzt, und der Opa hatte seinen zehn Monate alten Enkel Niklas auf dem Arm. Sie erhielt Besuch: Marc Schulte und Melanie Boelmann kamen mit Kinderwagen, in dem Sohn Marius schlummerte, von der anderen Straßenseite mal rüber zum Plausch. Direkt am Eingang des Bussardweges grillte die Familie Bau. Sie hatte zwei Tische aufgestellt, mit dem vorgeschriebenen Abstand. Auch gegenüber bei Erdhütters war der Grill angeschmissen. Markus Erdhütter war beim Straßenfest ein gefragter Mann. Er hatte sich aus Holz ein Gestell gebaut, indem ein Bierglas halt fand. Wenn er das Bierglas weiterreichen wollte, klappte er das Gestell um und der nötige Abstand war gewahrt. Corona macht kreativ.

Leiter-Golf gab es auf der Straße. Nicht nur jungen Leuten gefiel das Ein-Personen-Spiel. Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt fuhren einmal mit dem Pkw langsam durch die Straße. „Ein freundliches Winken“, so schildert es Marc Schulte.

Gute Laune bei den Anwohnern

Dann steuerten die Hüter der Ordnung die am Ende des Bussardwegs befindliche Grundschule an, um die sich dort befindlichen und derzeit gesperrten Kinderspielplätze zu kontrollieren. Nein, Kinder und Eltern verweilten dort nicht und Corona-Partys von Jugendlichen wurden auch nicht gefeiert.

Das „Abstandsfest“ machte den Bussardweg-Anwohnern gute Laune. Endlich sah man sich wieder, konnte miteinander plaudern, fast wie eh und je. Ansonsten grille man ja nur mit Familie in den Gärten hinter den Häusern, hieß es. Wenn die Pandemie im Sommer abgeklungen sein sollte, dann werde wohl auch wieder am Ende der großen Ferien das traditionelle Straßenfest gefeiert – mit Platz für alle an langen Tischen.