Schwelm/Gevelsberg. Jahrzehntelang erhitzten sich die Gemüter wegen des Gestanks von der Knochenmühle. Das Tierbeseitigungsunternehmen stellt nun seinen Betrieb ein.

Wer sich in Gevelsberg an der frischen Luft bewegte, musste während der vergangenen Jahrzehnte oft würgen. Es stank nach Verwesung, nach Tod – es stank nach Knochenmühle. Das soll jetzt vorbei sein. Die Firma Schmidt und Geitz stellt ihren Betrieb an der Gevelsberger Straße in Schwelm ein. Diese Nachricht schlägt am Freitagabend zwischen Corona und PCB auf und sorgt vor allem in Gevelsberg für Jubel.

„Wir gehen neue Wege“, ist die Mitteilung der Firma überschrieben, mit der sie Anwohner und umliegende Betriebe informiert. „Unser in den 1950er Jahren gegründetes Traditionsunternehmen verlagert die Produktion“, teilt Schmidt und Geitz mit. Man habe eine strategische Allianz mit einem Partnerunternehmen geschlossen, so dass nun Umstrukturierungen möglich seien. „Wir werden die Produktion zum 30. April 2020 auslagern und die Maschinenanlage zur Verarbeitung tierischer Nebenprodukte außer Betrieb nehmen. Verfahrenstechnisch aufwändige Prozesse wie das Trockenen, Sterilisieren, und die Verarbeitung der Rohprodukte zu Mehl und Fett werden eingestellt“, teilt die Geschäftsführung um Achim Schmidt mit.

Firma verspricht null Emissionen

Weiter plane man, ab 1. Mai einen Großteil der Rohstoffe direkt von den Lieferanten zu anderen Verarbeitungsbetrieben zu transportieren und nur noch eine Teilmenge der Waren am Standort Schwelm umzuschlagen. Entscheidende Passage: „Wir gehen davon aus, dass es dabei zu keinerlei störenden Emissionen in der Nachbarschaft kommen wird, da kaum Abwasser und Abluft anfallen werden.“ Zur Abluftreinigung werde der Biofilter in vollem Umfang weiterbetrieben, das Abwasser werde fortan im Tankwagen abtransportiert.

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Der gesamte Prozess werde von dem neuen Immissionsschutzbeauftragten des Unternehmens sowie dem Ennepe-Ruhr-Kreis als Immissionsschutzbehörde begleitet. Aus dem Kreishaus war am Freitag keine Stellungnahme mehr zu erhalten. Diese könne frühestens am Montag erfolgen, hieß es auf telefonische Nachfrage dieser Zeitung.

Wohl aber reagierte die Stadt Gevelsberg umgehend: „Gevelsberg atmet auf! Der Kampf um die Wohn- und Lebensqualität für tausende Menschen in unserer Stadt ist beendet!“, jubelt Bürgermeister Claus Jacobi und verleiht seiner Erleichterung Ausdruck, dass nach einer jahrelangen Auseinandersetzung endlich „eine offenbar gütliche und damit endgültige Einigung zwischen der Betreiberfirma und dem Ennepe-Ruhr-Kreis gefunden wurde.“ Die Betriebseinstellung sei eine herausragende Nachricht für Gevelsberg, hätten doch schließlich die gesamte Innenstadt wie auch weite Teile des Stadtgebiets im Sommer stets unter dem Gestank gelitten wie keine andere Kommune.

2018 kam Dynamik in die Sache

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Zur Erinnerung: Nachdem sich die Bürger konsequent beschwerten, ergriff Jacobi die Initiative, lud mit der Stadt Schwelm und der Kreisverwaltung im Spätsommer 2018 zur ersten Bürgerversammlung ein. Neben einer Prüfung möglicher rechtlicher Schritte durch die Rechtsanwältin Dr. Inga Schwertner der Kölner Verwaltungsrechtskanzlei Lenz & Johlen ermutigte das Stadtoberhaupt alle Betroffenen, sich bei jeder Belästigung an eine eigens eingerichtete E-Mail-Adresse zu wenden. Die Stadt bereitete alle Meldungen für den Kreis so auf, dass diese mit konkreten Analysen und Kontrollen den Ursachen der Belästigungen auf den Grund gehen konnte. Nach einer erneuten Bürgerversammlung im Spätsommer 2019 kommt nun wohl eine dauerhafte Lösung zustande.

„Auch wenn die Stilllegung des Betriebs nie unser eigentliches Ziel war, sondern lediglich das Ausbleiben der Geruchsemissionen, so hat sich am Ende gezeigt, dass ein emissionsfreier Betrieb heute nur noch mit hochmoderner Technik hätte fortbestehen können“, sagt der Gevelsberger Bürgermeister.

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Er dankt den zahlreichen Beschwerdeführern, denn das gewählte Verfahren habe gezeigt, welch hohen Wert Bürgerbeteiligung in der Stadt Gevelsberg besitze und welch hohe Durchsetzungskraft sie habe.