Gevelsberg/Schwelm. Die Knochenmühle ist am Dienstagabend wieder Thema einer Bürgerversammlung in Gevelsberg gewesen. Der Kreis berichtete über den Stand der Dinge.
Den Gevelsbergern und Schwelmern stinkt es weiterhin – das ist auf der Bürgerversammlung deutlich geworden, zu der die Stadt Gevelsberg am Dienstagabend in die Aula des Schulzentrums West eingeladen hatte. Thema war die Firma Schmidt & Geitz – besser bekannt als Knochenmühle. Vertreter des Ennepe-Ruhr-Kreises, der Stadt Gevelsberg, der Stadt Schwelm und der „Interessengemeinschaft Knochenmühle“ informierten über den aktuellen Stand ihrer Aktivitäten, um unangenehme Gerüche, die vom Betrieb ausgehen, einzudämmen. Dabei berichteten sie auch über die Auswertung von Beschwerden. Im Anschluss hatten betroffene Bürger die Chance, sich in die Diskussion einzubringen.
1298 Beschwerden bei Stadt Gevelsberg
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1298 Beschwerden von Bürgern sind in den vergangenen zwölf Monaten bei der Stadt Gevelsberg eingegangen, zeitweise bis zu 300 in einem Monat. Sie halten fest, wann es rund um die Knochenmühle, die tierische Rohstoffe verwertet, gestunken hat. Alle Beschwerden wurden im Rathaus entgegengenommen, registriert, beantwortet und an den EN-Kreis als Aufsichtsbehörde weitergeleitet.
„Ich danke Ihnen, dass Sie nicht nachgelassen haben, uns rund um die Uhr zu melden, wenn es stinkt“, sagte Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi, der die Versammlung eröffnete. Ebenfalls anwesend war Olaf Schade als Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises. „Unsere Aufgabe als Immissionsschutzbehörde ist es, dafür zu sorgen, dass die Anlage so betrieben wird, dass Nachbarn es ertragen können“, erklärte Schade einleitend.
Wolfgang Flender, beim Kreis zuständig für Wasserwirtschaft und Immissionsschutz, berichtete anschließend über die Ergebnisse von Messungen und Überprüfungen in der Anlage der Firma Schmidt & Geitz an der Gevelsberger Straße und in deren Umfeld. Dabei sprach er von Mängeln sowohl im technischen Bereich als auch in der Organisation der Unternehmensführung.
So seien unter anderem Feststoffe im Luftkondensator gefunden worden, darunter auch Knochenstücke. Zudem gebe es Undichtigkeiten und teils sogar größere Löcher in den Tiermehl-Silos.
Ist- und Soll-Zustand
Flender führte weitere Mängel auf und stellte dabei immer wieder den Ist-Zustand einem Soll-Zustand gegenüber. „Es wurden auch Mängel abgestellt, dann kamen wieder neue dazu“, so Flender. „Das Problem Knochenmühle ist technisch lösbar, wenn es das Unternehmen will“, fasste Claus Jacobi in eigenen Worten zusammen. „Mein Eindruck ist, dass es in jüngster Zeit aber überhaupt nicht klappt.“
Die Technischen Betriebe Schwelm und der Kreis nehmen seit einiger Zeit Proben aus dem Abwasserkanal vor und nach dem Betrieb und untersuchen diese. Zuletzt auch zwischen dem 9. und dem 18. September.
Ergebnis: Obwohl der Ennepe-Ruhr-Kreis der Firma Schmidt & Geitz im April dieses Jahres die Genehmigung zur Einleitung von Abwässern ins öffentliche Kanalnetz entzogen hat (wir berichteten), scheint die Knochenmühle trotzdem Abwässer eingeleitet zu haben. Anfang Juni sei ebenfalls eine auffällige Probe entnommen worden. Fazit: „Es riecht nach Schmidt und Geitz“. Eine Stellungnahme der Firma sei ausgeblieben.
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Ralf Schulte, beim Kreis ebenfalls mit Wasserwirtschaft und Immissionsschutz befasst, erläuterte, welche Verstöße der Firma Schmidt & Geitz der Kreis auf welche Art juristisch geahndet hat. Auf Nachfrage einer Bürgerin erklärte er, dass es bereits zehn Bußgeldverfahren im Zusammenhang mit der Knochenmühle gegeben habe. Zwangsgelder seien verhängt und auch bezahlt worden. „Wir reden hier nicht von Knöllchen für 30 bis 80 Euro“, betonte Claus Jacobi. „Das ist schon hart, was hier vom Kreis verhängt wird.“ Ins Detail gehen durfte an dieser Stelle keiner der Behörden-Vertreter.
Ralf Schulte konkretisierte schließlich die bereits angesprochenen organisatorischen Mängel des Unternehmens. „Eigentlich sollten der Betreiber oder ein anderer Verantwortlicher regelmäßig vor Ort und für uns ansprechbar sein“, erklärte er. „Oft ist aber kein Verantwortlicher vor Ort.“ Generell sei die Kommunikation mit dem Betreiber nicht ganz einfach.
„Da hat einer seinen Betrieb nicht im Griff“, zog Claus Jacobi am Ende des Vortrags sein persönliches Fazit. Danach übergab er das Wort an die Bürgerinnen und Bürger, die der Einladung zur Versammlung in die Aula gefolgt waren.
Kritik an Stadt Schwelm
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In der Diskussion wurde vor allem deutlich: Die Anwohner werden ungeduldig. Sie verlangen eine Lösung des Geruchsproblems. „Es muss vonseiten des Rechtsstaats doch eine Deadline gesetzt werden. Wo endet das?“, fragte eine Frau.
Ein Mann berichtete von vergleichbaren Betrieben in Nordhessen, die wegen ähnlicher Verstöße geschlossen worden seien. „Kann man die Anlage bei uns nicht auch stilllegen?“, fragte er. „Es ist wichtig die Faktenlage darzulegen, sonst bewegt man sich auf dünnem Eis“, machte Wolfgang Flender deutlich. Er versprach, dass die Strafmaßnahmen massiv verschärft würden. „Wir wollen das aber rechtssicher haben und nicht kurz vor dem Ziel einen Fehler machen“, so Flender.
Schmidt & Geitz äußert sich nicht
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Mehrere Bürger kritisierten die Stadt Schwelm. „Als Schwelmer hat man manchmal den Eindruck, dass die Sache bei der Stadt nicht ernstgenommen wird“, brachte es Torsten Bleich, Gründer der „Interessengemeinschaft Knochenmühle“ auf den Punkt. Ralf Schweinsberg, Erster Beigeordneter Schwelms, nahm die Kritik an: „Wir machen eine Menge im Hintergrund, aber ich nehme das als Anregung mit.“ Claus Jacobi schloss die Versammlung mit einem Appell ab: „Wenn Sie Verstöße feststellen, dokumentieren Sie diese bitte weiter.“
Auf Nachfrage dieser Zeitung bei der Firma Schmidt & Geitz am Mittwoch war zu erfahren, dass der Geschäftsführer erkrankt und derzeit nicht im Betrieb sei. Zu Äußerungen im Zuge der Bürgerversammlung könne man deshalb nichts sagen. Die Firma verwies in dieser Sache an den Ennepe-Ruhr-Kreis.