Ennepetal/Witten. Nach dem Fund des Giftstoffes PCB bei der Firma BIW in Ennepetal hat das Landesministerium ganz konkret eine Firma in Witten im Visier.
Der Ennepetaler PCB-Fall zieht immer weitere Kreise. Langsam scheint die Branche auch über BIW hinaus in den Fokus zu rücken. Nun hat der Ennepe-Ruhr-Kreis einen weiteren potenziellen Emittenten ausgemacht. Die Firma Sico aus Witten ist auf einer entsprechenden „Positiv-Liste“ gelandet.
Der PCB-Fund bei der Ennepetaler Firma BIW beschäftigt seit Monaten Bürger, Kreisverwaltung und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Bei der Ursachenforschung ist nun auch ein Wittener Unternehmen aufgefallen, das PCB ausstoßen könnte: Ein Silikonverarbeiter aus dem Gewerbegebiet in Rüdinghausen.
Liste potenzieller Emittenten
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Die Firma wurde vom Landesministerium auf eine „Positiv-Liste potenzieller PCB-Emittenten“ gesetzt, teilt Landrat Olaf Schade am Montagmittag schriftlich mit. Nach dem Fund in Ennepetal hatte das LANUV einen speziellen Stoff im Blick, den BIW im Rahmen seiner Produktion einsetzt. Der so genannte Vernetzer enthält Chlor und führt dazu, dass PCB 47, 51 und 68 entstehen.
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Diese drei PCB sind im Gewerbegebiet Oelkinghausen in die Umwelt gelangt. Weil BIW zwar Marktführer, aber bei Weitem nicht das einzige Unternehmen ist, das Silikon produziert, suchte das Ministerium NRW-weit nach Unternehmen mit ähnlicher Produktionstechnik und dem identischen Vernetzer – und wurde in Rüdinghausen fündig, direkt nebenan von der Ennepetaler Firma, in der die ganze Geschichte ihren Lauf nahm. „Die Ermittlungen des Landes sind zwar noch nicht abgeschlossen“, sagt Landrat Olaf Schade und betont: Mit Blick auf den derzeitigen Erkenntnisstand nenne die Kreisverwaltung den Namen des Unternehmens noch nicht. Denn: „Bisher gibt es keinerlei Wissen darüber, ob PCB 47 wie in Ennepetal im Umfeld des Betriebs zu finden ist.“
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Die Beschreibung der Verwaltung trifft auf die Firma Sico zu. Seit 1985 sitzt Sico an der Friedrich-Ebert-Straße. 60 Beschäftigte verarbeiten dort Silikonkautschuk zu vielfältigen Formteilen, Schläuchen und Profilen – ganz ähnlich wie bei BIW, nur dass die Ennepetaler Firma bedeutend größer ist. „Das alles ist auf verschiedene Weisen zertifiziert.
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Dazu zählt auch eine freiwillige Umweltzertifizierung“, betonte Geschäftsführer Ralf Skoda in einem Artikel der WAZ. Bürger aus Dortmund-Persebeck hatten 2017 beklagt, das Unternehmen verursache eine Geruchsbelästigung. Sico bestritt, der Verursacher zu sein. Auf die Anfrage unserer Redaktion am Montag hat die Firma noch nicht reagiert.
Einstufung als „gefährlicher Abfall“
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Seit wenigen Tagen ist allerdings bekannt: In Proben aus dem Produktionsprozess in Witten konnte PCB 47 in einer Menge von bis zu 390 mg/kg festgestellt werden. Eine Belastung, die ausreichend ist, um den Fund als „gefährlichen Abfall“ einzustufen. Die Grenze hierfür liegt bei 50 mg/kg.
„Die Produktionsweise – also der eingesetzte chlorhaltige Vernetzer – und Probenergebnisse sind für den Ennepe-Ruhr-Kreis Anlass für eine erste Information der Öffentlichkeit“, erläutert Landrat Olaf Schade. „Zudem werden wir zusammen mit dem LANUV aktiv werden, um die Lage angemessen beurteilen zu können.“
Löwenzahnproben auch in Witten
Als erstes ist geplant, Proben von Löwenzahn auf PCB 47, 51 und 68 zu überprüfen. „Wo genau die Proben genommen werden, hängt unter anderem von der Hauptwindrichtung im Umfeld des Unternehmens ab“, erläutert Wolfgang Flender, Abteilungsleiter Umwelt im Schwelmer Kreishaus. Dies geschah in Ennepetal vor etwa einem Jahr auf die gleiche Weise. Nach seinen Worten will das LANUV für die Probenannahme den Beginn der Vegetationsperiode im März abwarten.
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Im Vergleich zu BIW in Ennepetal wird der Vernetzer in Witten aufgrund geringerer Produktionsmengen deutlich weniger eingesetzt. Olaf Schade betont: „Die Anlagen, über die wir sprechen, sind nach Bundes-Immissionsschutzgesetz nicht genehmigungsbedürftig, der Vernetzer ist also erlaubt.“ Die Diskussion über die mit ihm verbundene PCB-Gefahr stehe landes- und bundesweit erst ganz am Anfang.
Bürgerinitiative ist aktiv
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Der gesamte Ursprung der Diskussion liegt in Ennepetal, und hier hat sich mittlerweile eine Bürgerinitiative gegründet, die den sofortigen Produktionsstopp bei der Firma BIW fordert, bis gewährleistet ist, dass kein PCB mehr bei der Produktion entsteht. Dies ist technisch generell möglich, doch diese Entwicklung steht noch recht am Anfang, so dass eine Lösung von heute auf morgen nicht möglich sein wird. In Iserlohn beispielsweise darf eine BIW-Tochterfirma ausschließlich ohne den chlorhaltigen Vernetzer produzieren. Es ist derzeit davon auszugehen, dass der Ennepetaler PCB-Fund Auswirkungen auf die gesamte Branche haben wird.