Ennepetal. Im Hauptausschuss des Rates der Stadt Ennepetal schlugen die Wellen hoch, als über den Umgang mit dem Thema PCB diskutiert wurde.
Das Thema PCB hat auch im Hauptausschuss des Rates der Stadt Ennepetal die Wogen hoch schlagen lassen. SPD-Fraktionsvorsitzender Volker Rauleff warf den Vertretern von Grünen und Linken vor, in der Diskussion durch unverantwortliche populistische Äußerungen Feuer zu schüren. Rauleff zielte insbesondere auf Güzel Albayrak, den Vorsitzenden der Fraktion Die Linke/Piratenpartei, der in einer Versammlung von Toten durch PCB gesprochen habe. Solche Aussagen ohne jeden Beleg für einen Zusammenhang mit den festgestellten Emissionen verängstigten nur die Bevölkerung.
Rauleff wehrte sich auch gegen Unterstellungen, dass man die Firma BIW schone, um die Gewerbesteuereinnahmen nicht zu gefährden. „Für die Gesundheit verzichten wir auf die Gewerbesteuer“, sagte der SPD-Fraktionschef. Anderes zu behaupten sei „eine Unverschämtheit“. An BIW und Firmeninhaber Ralf Stoffels gerichtet erklärte Rauleff: „Seht zu, dass Ihr die Dinge in den Griff kriegt.“
Linke/Piraten ziehen Antrag zurück
CDU-Fraktionschef Daniel Heymann zielte in die gleiche Richtung wie sein SPD-Amtskollege. „Was zum Teil durch die Öffentlichkeit und den Rat geht, ist unverantwortlich“, meinte er. Es sei auch befremdlich, dass der Streit zwischen Landrat und Unternehmer über die Zeitung ausgetragen werde. Dies schüre noch mehr Angst. Und die Gewerbesteuereinnahmen seien das letzte, woran man bei dem Thema denke. Heymann kritisierte außerdem, dass mit Forderungen nach einem Produktionsstopp für BIW, wie von Linke/Piraten und Grünen gefordert, suggeriert werde, dass etwas getan werde. „Wir können aber keinen Produktionsstopp anordnen“, sagte Heymann. Man sollte mit dem was gefordert werde, doch im Rahmen dessen bleiben, was möglich ist.
Kritik an Informationspolitik des Kreises
„Die Tonlage steigt. Das ist verständlich, weil es ein sehr emotionales Thema ist“, erklärte Bürgermeisterin Imke Heymann in der Sitzung des Hauptausschusses am Dienstag.
Aus aktuellem Anlass – am Freitag hatte der EN-Kreis über den erneuten Fund weißer, PCB-haltiger Flocken informiert – setzte sie das Thema auf die Tagesordnung.
Nach der am Freitagmittag veröffentlichten Mitteilung habe sie Landrat Olaf Schade angerufen und ihm deutlich gemacht, dass sie eine viel intensivere Zusammenarbeit und mehr Informationen wünsche, die sie an die Bürger weitergeben könne. Der Landrat habe erklärt, dass er sich diesen Schuh anziehe, berichtete die Bürgermeisterin. SPD-Fraktionsvorsitzender Volker Rauleff erklärte dazu: „Ich weiß gar nicht wie unsensibel dieser Kreis ist“. Die Leute hätten nachvollziehbarerweise Angst um ihre Gesundheit, bei der Kreisverwaltung fühle man da offenbar überhaupt nicht mit.
„Wir haben als Stadt keine Möglichkeit, einen Betriebsstopp zu verhängen“, betonte Imke Heymann. „Daher sollten wir nichts versprechen, was wir nicht halten können.“ Sie wies auch noch einmal auf die Bürgerversammlung hin, die am Freitag, 21. Februar, um 18 Uhr im Haus Ennepetal stattfinden werde.
Im Hauptausschuss stand ein Antrag der Fraktion Die Linke/Piratenpartei auf der Tagesordnung, wonach ein sofortiger Produktionsstopp für BIW verhängt werden solle. Fraktionsvorsitzender Güzel Albayrak erklärte in der Sitzung, dass er Informationen aus dem Betrieb habe, dass zwei Mitarbeiter eine hohe PCB-Konzentration im Blut hätten. Es seien auch Mitarbeiter an Krebs erkrankt. Volker Rauleff erwiderte: „Wenn jemand auffällige Werte hat, sollte er sich an die Berufsgenossenschaft, das Amt für Arbeitsschutz, den Betriebsrat oder die Gewerkschaft wenden. Die würden in einem solchen Fall ganz sicher tätig.“ Ohne irgendwelche Belege solche Behauptungen aufzustellen, sei „geschmacklos und nicht mehr vertretbar“, ergänzte Christian Zink (SPD).
Bündnis 90/Die Grünen hatten in einem Positionspapier für die Ausschusssitzung erklärt, dass nach den vorliegenden Informationen weder Stadt noch Kreis rechtliche Möglichkeiten hätten, den Ausstoß von PCB sofort zu verhindern. Daher sollte man zumindest eine Resolution verabschieden, mit der die Verwaltung aufgefordert werde, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den PCB-lastigen Teil der Produktion sofort still zu legen. Außerdem solle die Bezirksregierung darin aufgefordert werden, schnellstens die Ergebnisse der Blutuntersuchungen der Mitarbeiter offenzulegen und unverzüglich die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Sollten erhöhte Werte für PCB-Belastungen aufgetreten sein, sehe man einen dringenden Handlungsbedarf, so die Grünen. Nach den erneuten Funden „weißer Flocken“ habe man weiterhin den Eindruck, dass die Firma das „Minimierungsgebot“ missachte.
Weitere Messstationen
Zur Feststellung von PCB-Emissionen am Büttenberg und in Oelkinghausen wurden und werden weitere Messstationen eingerichtet.
Auf einem Privatgrundstück an der Ulmenstraße wurde gestern eine Luftmessstation sowie ein Becherglas zur Messung von Staub- und Flockenemissionen installiert. Und auf einem Firmengelände sowie am Regenrückhaltebecken wurden weitere Bechergläser aufgestellt. Im März soll dann am Sportplatz Büttenberg ein zehn Meter hoher Windmast (der so auf Höhe der Firma BIW liegt) installiert werden, um die Windrichtungen festzuhalten.
Zudem sollen weitere Grünkohlproben an den bisherigen Stellen sowie an einigen neuen Standorten genommen werden. So will der Kreis die PCB-Messungen noch engmaschiger vornehmen.
Frank Scherie (AfD) meinte, das es keine rechtliche Grundlage für einen Produktionsstopp gebe. Er kritisierte, dass zum Teil ohne Sachkenntnis diskutiert werde. Und FDP-Fraktionschef Michael Haas sagte: „Wir sollten die Schuldzuweisungen hinter uns lassen, um nach vorne zu kommen. Ralf Stoffels hat am meisten Interesse, dass die PCB-Emissionen aufhören, das kann sonst existenzgefährdend werden.“ Es sei niemandem gedient, wenn weiter Öl ins Feuer gegossen werde, so Haas. Sein Appell: „Schluss mit dem Krieg und an der Sache arbeiten!“
Als über den Linke/Piraten-Antrag auf Produktionsstopp für BIW abgestimmt werden sollte (die Verwaltung hatte eine Zurückweisung „mangels Zuständigkeit“ vorgeschlagen), erklärte Güzel Albayrak, dass das Schreiben seiner Fraktion gar nicht als Antrag gedacht gewesen sei. Man habe damit nur die Forderung kund tun wollen. Und so zog er den Antrag schließlich zurück.