Ennepetal. Nach dem PCB-Fund in Ennepetal gründet sich eine Bürgerinitiative. Klarheit über Gefahren und Belastungen wird es erst im Frühjahr geben.
Klaus Tödtmann spricht zügig und in ruhigem Ton. Sehr sachlich berichtet der Fachbereichsleiter den Politikern des Kreisausschusses über den aktuellen Stand beim PCB-Alarm in Ennepetal. CDU-Fraktionsvorsitzender Oliver Flüshöh attestiert ihm später, dass er fast gelassen wirkt, wenn er über das Umweltgift und den Umgang der Behörde mit der Kontamination und allen Begleitumständen spricht. Eine Gelassenheit, die die Menschen nicht teilen – insbesondere diejenigen, die innerhalb der Zone leben, für die der EN-Kreis eine Empfehlung ausgesprochen hat, Obst, Gemüse, Nüsse und Pilze aus dem eigenen Garten nicht zu verzehren.
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Mehr als 100 von ihnen haben sich telefonisch bei der Kreisverwaltung mit diversen Fragen gemeldet. Eine Bürgerinitiative „PCB-Skandal“ hat sich gegründet und Fragen schriftlich an Landrat Olaf Schade gerichtet. Außerdem brachte Klaus Tödtmann die Politik auf den Stand der Dinge. Wir fassen zusammen:
1. Was ist PCB?
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Unter PCB versteht man 209 organische Schadstoffe. Zwischen den 1930er und 1980er Jahren wurden Millionen Tonnen hergestellt, bis klar war, dass sie krebserregend sind. PCB haben sich vor ihrem weltweiten Produktionsverbot im Jahr 1989 als schwer abbaubare Substanzen in der Umwelt und damit in der Nahrungskette verbreitet. „Die Aufnahme über die Außenluft ist unbedeutend, die Aufnahme über die Nahrung der Hauptbelastungsweg für den Menschen“, sagt Fachbereichsleiterin Astrid Hinterthür.
2. Woher kommt das PCB trotz Produktionsverbot?
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Im vorliegenden Fall – zumindest bei dem bislang ermittelten Verursacher des weißen Niederschlags in Oelkinghausen – entsteht PCB als Spaltprodukt während eines Produktionsprozesses in einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage. Diese Partikelniederschläge enthalten PCB 47. Die Firma hat selbst Messungen angestellt und die Reinigungszyklen der Anlage deutlich erhöht. „Wir überprüfen aber im Umfeld weitere potenzielle PCB-Verursacher“, betont Klaus Tödtmann. Ob derzeit eine weitere Emission entsteht, müssen die Ergebnisse zeigen, die die Grünkohlmessungen im November ergeben werden. Die Untersuchungsergebnisse sollen auch zeigen, wie lange PCB möglicherweise schon ausgetreten ist.
3. Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) wird erst im kommenden Frühjahr eine abschließende Bewertung abgeben. Dann sind sowohl die Grünkohl- als auch die Bodenproben ausgewertet. Tödtmann: „Dieser Fall ist auch im Ministerium ein Novum. Doch im Moment ist Abwarten angesagt. Wir wollen so bald wie eben möglich zu einer Bürgerinformationsveranstaltung mit einem Toxikologen, einem Umweltmediziner und so weiter einladen.“
4. Können Schädigungen im Körper getestet werden?
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Mit einer üblichen Blutuntersuchung, so teilt das Kreishaus mit, sei dies nicht möglich. Dazu sei ein sogenanntes Human-Biomonitoring notwendig. Eine solche Untersuchung sei für die Anwohner allerdings nicht zielführend, weil in Ennepetal mit der 47er eine PCB-Verbindung auftrete, die üblicherweise nicht mit gemessen werde. „Das bedeutet, dass nach Erhalt weiterer Daten ein passendes Untersuchungskonzept entworfen würde, das der Situation vor Ort gerecht würde. Dieses würde den Betroffenen angeboten“, teilt der Kreis mit.
5. Was ist mit der Ernte im Garten?
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Es gilt eine vorsorgliche Nichtverzehrempfehlung für Obst, Gemüse, Nüsse und Pilze. Astrid Hinterthür: „Wer seine Ernte nicht wegwerfen möchte, kann sie einfrieren oder einkochen, bis die Ergebnisse vorliegen.“ Wie hoch die Belastung durch bereits verspeistes Obst und Gemüse sei – der weiße Niederschlag wurde erstmals im Oktober 2018 beim LANUV untersucht – kann nicht gesagt werden. Ebenso wenig ist klar, wie hoch Folge-Ernten mit PCB kontaminiert sind.
6. Warum wird erst im September 2019 informiert?
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Aus dem Niederschlag habe es nur Hinweise auf PCB gegeben. Das LANUV habe die Verwaltung Mitte März darüber informiert, dass PCB 47 analytisch nachgewiesen wurde. Daraufhin wurden Proben aus Anlagen der vermuteten Verursacherfirma analysiert. Die Ergebnisse führten am 9. Juli zu den Löwenzahnproben seitens des LANUV. „Die Ergebnisse liegen dem Kreis seit dem 4. September vor. Erst dann konnte begründet und vorsorglich gewarnt werden. Wir haben so früh Transparenz geschaffen, wie es möglich war“, sagt Landrat Olaf Schade.