Gevelsberg. . Nach der Tat in einer Gevelsberger Unterkunft am Montag ringt das Opfer um sein Leben. Mittlerweile ist klar, woher seine Verletzungen stammen.

Zu einem erschreckend brutalen Verbrechen ist es unter Bewohnern der Obdachlosenunterkünfte der Stadt Gevelsberg in der Gartenstraße am Montag gekommen. Drei Männer sollen mit einem Stuhlbein abwechselnd auf einen 57-jährigen Deutschen derart heftig eingeprügelt haben, dass das Opfer am gesamten Körper schwerste Verletzungen davon trug und noch immer gegen den Tod ankämpft. Die Polizei hat drei Verdächtige – ebenfalls alle deutsch – festgenommen. Die Ermittlungen laufen pausenlos auf Hochtouren, gestalten sich in dem Milieu, in dem sich Opfer und Täter bewegen, jedoch recht zäh.

Bürgermeister erlässt die Hausordnung

Die Stadt Gevelsberg errichtet und unterhält zur vorübergehenden Unterbringung obdachloser Menschen, die nicht in der Lage sind, sich selbst ein Obdach zu beschaffen, Obdachlosenunterkünfte.

Der Bürgermeister erlässt eine Benutzungs- und Hausordnung, die das Zusammenleben der Benutzer, das Ausmaß der Benutzung und die Ordnung in den Obdachlosenunterkünften regelt.

Die Kosten für die Stadt belaufen sich pro Person und Monat auf 122,70 Euro.

Der Weg zu den Häusern führt vom Wenderhammer der Gartenstraße hinab in eine Senke. Die Türen stehen offen; da wo ehemals eine Klingelleiste war, klafft ein Loch in der Wand.

Anstelle von Gardinen hängen Bettlaken und Tücher vor einigen Fenstern, durch die meisten fällt der Blick allerdings ungestört. An einer Eingangstür ist verschmiertes Blut getrocknet und kündet von dem grausamen Verbrechen, das sich am Montagabend im Nachbarhaus ereignet hat.

Erst Stunden später gefunden

Es ist gegen 18 Uhr, als ein Bewohner über den Flur geht und in einem Zimmer, in das er im Vorbeigehen hineinschaut, plötzlich den blutüberströmten 57-Jährigen erblickt.

Rettungsdienst und Notarzt eilen in die Gartenstraße und sind selbst geschockt, wie grausam der Mann zugerichtet ist. Schnell wird klar: Hier ringt ein Verbrechensopfer um sein Leben.

Am Morgen nach dem Gewaltverbrechen trocknet Blut an einer der Eingangstüren. Das Opfer kämpft noch um sein Leben. 
Am Morgen nach dem Gewaltverbrechen trocknet Blut an einer der Eingangstüren. Das Opfer kämpft noch um sein Leben.  © Max Kölsch

Die Mediziner rufen die Polizei hinzu und stellen bald darauf fest, dass der Mann bereits mehrere Stunden mit seinen lebensbedrohlichen Verletzungen in seinem Zimmer gelegen haben muss.

Die Polizei setzt umgehend eine Mordkommission ein, geht von einem versuchten Tötungsdelikt aus. Mord oder Totschlag? „Das werden die Ermittlungen klären müssen. Ich gehe aktuell aber eher von einem Totschlag aus“, sagt die zuständige Staatsanwältin Heike Hemme auf Nachfrage dieser Zeitung.

Der Polizei ist es jedenfalls gelungen, nach intensiver Ermittlungsarbeit und einer recht schlaflosen Nacht drei Verdächtige festzunehmen. Diese sind ebenfalls Bewohner des städtischen Obdachs.

Ermittlungen sind sehr schwierig

Nach jetzigem Kenntnisstand sollen die Drei mit einem Stuhlbein auf ihr Opfer eingedroschen und erst kurz vor dessen sicherem Tod von ihm abgelassen haben. Ob weitere Waffen zum Einsatz gekommen sind, ob das mutmaßliche Täter-Trio sein Opfer auch mit Schlägen und Tritten malträtiert hat, werden die Ermittlungen und insbesondere die Vernehmungen der Verdächtigen sowie weiterer Zeugen zeigen müssen.

Ebenso liegt der Grund des brutalen Angriffs auf den Gevelsberger noch komplett im Bereich der Spekulationen. „Zur genauen Motivlage können wir noch nichts Gesichertes sagen“, teilt Polizeisprecherin Vera Viebahn mit.

Wohl am Mittwochmorgen sollen die Verdächtigen im Alter von 38, 50 und 52 Jahren vorgeführt werden, die wohl allesamt nicht stark alkoholisiert gewesen sein sollen.

Weitere Erkenntnisse fehlen noch

Die Kreispolizeibehörde Ennepe-Ruhr und die Staatsanwaltschaft Hagen gehen davon aus, dass sie im Laufe des Tages neue Erkenntnisse erhalten und diese der Öffentlichkeit mitteilen.

Dazu zählen auch Informationen darüber, wie die Verhaftung verlaufen ist, ob die Täter geflüchtet sind und wie es der Polizei gelungen ist, sie derart schnell dingfest zu machen.

Bestürzung herrscht derweil in der Gevelsberger Stadtverwaltung, die das Obdach seit vielen Jahren in dem Haus am Ende der Gartenstraße betreibt. „Es ist eine ganz bedrückende Situation für die Mitarbeiter der Verwaltung, wenn so etwas Schreckliches in einer städtischen Einrichtung passiert“, sagt Bürgermeister Claus Jacobi, und erläutert, was sich genau hinter dieser Unterkunft verbirgt.

„Dort werden Menschen aufgrund einer schriftlichen Ordnungsverfügung untergebracht.“ Diese sind Folgen von Zwangsräumungsverfahren, vorgezogenen Räumungsklagen aber auch Bränden, bei denen Menschen aus prekären sozialen und familiären Situationen ihr Dach über den Kopf verlieren.

Konflikte sind an der Tagesordnung

Ein rauer Ton und Konflikte sind bei dem Klientel an der Tagesordnung. Auch Gewalt findet in derlei Einrichtungen üblicher Weise immer wieder statt. In Gevelsberg kümmern sich drei erfahrene Mitarbeiter um die Leute, die dort oft nur für eine sehr kurze Zeit untergebracht sind.

„Nicht zuletzt deswegen, aber auch, weil den Menschen dort immer wieder Gewalt von außen droht, kommt dort fünfmal pro Woche ein Sicherheitsdienst und schaut auch innerhalb der Gebäude nach dem Rechten“, erläutert Claus Jacobi.

Insgesamt hält die Stadt Gevelsberg in ihrem Obdach 30 Plätze vor, von denen aktuell 20 belegt sind. Die verbliebenen Bewohner haben wenig davon mitbekommen, was genau passiert ist.

Anwohner geschockt

„Plötzlich war alles voller Polizei, mehrere Streifenwagen standen vor der Tür“, sagt einer von ihnen am Dienstag im Gespräch mit dieser Zeitung. Auch sie sind geschockt darüber, was drei ihrer Mitbewohner einem vierten angetan haben sollen.

Weitere Nachrichten aus Ihrer Stadt finden Sie hier.