Gevelsberg/Ennepetal. . Zwei Hunde haben im Gevelsberger Stadtwald ein Kitz gerissen. Die Besitzer griffen nicht ein. Vor zehn Tagen war Ähnliches im Stefansbachtal passiert.

Zehn Tage nach dem Vorfall im Gevelsberger Stefansbachtal ist wieder ein Reh von Hunden gerissen und getötet worden. Diesmal, so Augenzeugen, sei der Fall noch wesentlich dramatischer gewesen. Er ereignete sich im Gevelsberger Stadtwald an der Grenze zu Ennepetal.

Schilder weisen auf die Anleinpflicht im FFH-Gebiet hin, viele Hundebesitzer – diese zeigen wir mit Absicht nicht –  halten sich aber nicht daran.
Schilder weisen auf die Anleinpflicht im FFH-Gebiet hin, viele Hundebesitzer – diese zeigen wir mit Absicht nicht – halten sich aber nicht daran. © WP

Der Handy-Anruf seines Sohnes Henrik erreichte Bernd Jellinghaus vom Naturschutzbund (Nabu) als er sich eigentlich um einen hilflosen Vogel kümmern wollte: „Er sagte, hier ist etwas mit einem Rehkitz.“ Der 16-Jährige hatte aus dem Wald erbärmliche Schreie durch das geschlossene Fenster gehört. Er ging hinaus, um nachzuschauen, was passiert sei

200 Meter von dem Wohnhaus der Familie Jellinghaus entfernt entdeckte der Teenager im Gevelsberger Stadtwald das Rehkitz, über das sich Hunde hermachten. „Mein Sohn hat die Tiere dann vertrieben. Das Kitz lebte in diesem Augenblick noch. In der Ferne hat er auch eine Person gesehen. Aber die war soweit weg, dass er noch nicht einmal erkennen konnte, ob die Gestalt eine Frau oder ein Mann war“, erklärte Bernd Jellinghaus im Gespräch mit unserer Zeitung. Wahrscheinlich war das also der Hundebesitzer.

Besitzer hielten Hunde nicht von Angriff ab

Henrik ging ins Haus zurück, um sich Handschuhe zu holen, weil er dem Tier helfen wollte. Bei der Rückkehr brachte er noch seine Schwester zum Ort des Geschehens mit. Die beiden waren dann doch sehr überrascht. Herrchen oder Frauchen hatten sich mit den Hunden nicht auf und davon gemacht, die beiden Tiere attackierten wieder das auf dem Boden liegende Kitz. Diesmal kam jede Hilfe für das Reh zu spät.

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Der Gevelsberger Stadtwald ist ein sogenanntes FFH-(Fauna-Flora-Habitat)Gebiet, dass von der Europäischen Gemeinschaft unter einem besonderen Schutz gestellt ist. Hier dürfen Hunde ausschließlich an der Leine geführt werden. Die Untere Landschaftsbehörde, so Jellinghaus habe dort auch unübersehbar deutliche Hinweisschilder und Infotafeln angebracht, so Bernd Jellinghaus. „Diese zu ignorieren ist eine Sache; sich nicht um das erbärmlich schreiende und dann langsam verendende Jungtier gekümmert zu haben, obwohl Anwohner die Schreie noch in zweihundert Metern Entfernung deutlich hören konnten, lässt die Frage aufkommen, ob solch ein Zweibeiner charakterlich überhaupt geeignet ist, Hunde zu halten,“ so der Naturschützer. Es könne dem Besitzer der Tiere doch nicht entgangen sein, dass das Reh von seinen Vierbeiner erst gehetzt und dann getötet wurde. Trotzdem habe er sich nicht darum gekümmert.

Es ist nicht bekannt, welche Rasse die beiden Hunden haben: „Mein Sohn glaubt, dass es sich auch um Mischlinge gehandelt haben könnte. Sicher ist er aber nicht“, so Bernd Jellinghaus. Die Hunde seien etwa 40 Zentimeter groß gewesen. Einer von ihnen braun mit einem weißem Brustfleck, der andere schwarz.

Rehe haben gegen Hunde keine Chance

„Es ist ein schrecklicher Vorgang, der mich traurig macht“, regierte Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi, als er durch unsere Zeitung von dem dramatischen Fall erfuhr. In dem Gebiet gelte ein „ganz hoher Schutz der Tiere und Pflanzen“, der europarechtlich abgesichert sei. „Es gibt unglaublich viele verantwortungsbewusste Hundebesitzer, aber wir sind darauf angewiesen, dass sich alle Leute korrekt verhalten“, so Jacobi.

Der passionierte Jäger weist darauf hin, dass sich die meisten Tiere zur Zeit in der Aufzucht ihres Nachwuchses befinden: „Die Jungtiere sind Hunden schutzlos ausgeliefert. Die alten Tiere folgen ihrem Beschützerinstinkt und wollen ihren Nachwuchs beschützen, haben aber keinen Chance gegen einen Hund.“ Er könne immer wieder nur eins sagen: „Bitte, bitte, lasst die Hunde nicht frei im Wald rumlaufen.“

Oft spielen Kinder in diesem Waldstück

Der Vorfall ereignete sich am so genannten Wappenweg, einer Wanderstrecke der Stadt Ennepetal an der Stadtgrenze zu Gevelsberg. Damit hätten auch leicht Kinder Zeugen werden können, wie ein Rehkitz brutal von Hunden zu Tode gebissen wird. Dort spielen zum Beispiel auch Mitglieder der Waldkinder-Eltern-Gruppe Schnick-Schnack-Schneckchen, so Jellinghaus. Der will seinen Glauben an die Einsicht der Hundebesitzer trotz des Vorfalls nicht aufgeben.