Gevelsberg. Ein Funkwagenfahrer (38) hat eine Gevelsbergerin (21) extrem bedrängt. Er bestreitet die Tat. Das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe.

Das Amtsgericht Schwelm hat einen 38-jährigen Taxifahrer aus Gevelsberg wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung an einer 21-Jährigen, die sein Fahrgast war, zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Verteidigung reagierte mit völligem Unverständnis und zog Parallelen zum Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann, der in den Jahren 2010 und 2011 große Wellen im ganzen Land geschlagen hatte.

Wenn eine Frau nachts in ein Taxi – oder wie in diesem Fall in das Auto eines Gevelsberger Funkmietwagen-Unternehmens – steigt, dann tut sie das, um sich vor Gefahren zu schützen und sicher und wohlbehalten zu Hause anzukommen. Sie schenkt dem an sich fremden Mann am Steuer ihr Vertrauen – nicht zuletzt, weil sie auch dem guten Ruf des Unternehmens vertraut. Und sie rechnet nicht damit, dass er sie bedrängt, anfasst und sexuelle Handlungen an ihr vornimmt. Aber genau das ist nach Auffassung des Gerichts einer jungen Gevelsbergerin am frühen Silvestermorgen vor zwei Jahren passiert.

Netter Abend mit Freundinnen

Die 21-Jährige hatte sich nach einem netten Abend, den sie mit ihren Freundinnen verbracht hatte, einen Funkmietwagen gerufen. Sie hatte etwas getrunken, ließ ihren Wagen stehen, wollte zudem zu später Stunde laut eigener Aussage sicher nach Hause kommen. Das hatte sie schon öfter getan – auch mit dem Funkmietwagenanbieter aus Gevelsberg. Nie war es zu Vorfällen, geschweige denn sexuellen Übergriffen gekommen. Aber anstatt an ihrer Wohnadresse zu landen, fuhr ihr Fahrer sie auf den einsamen Parkplatz des Bahnhofs in Ennepetal und hielt dort mit der 21-Jährigen an.

Täter sogar in Details entlastet

Im Schutz der Dunkelheit hat er sie nach Auffassung des Gericht immer weiter betatscht, grapschte mit den Händen auch unter ihre Kleidung und drang schließlich in den Intimbereich vor, so dass eine Vergewaltigungshandlung vorliegt.

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Der 38-jährige Angeklagte, der auch nach der Anzeige noch mehr als zwei Jahre – bis Anfang April dieses Jahres – für die Funkmietwagenfirma gearbeitet hat, bestreitet die Vorwürfe vehement. Im Gegenteil: Die junge Frau sei alkoholisiert gewesen und zudringlich geworden, was er, verheiratet und Vater zweier Kindern, abgelehnt habe. Er behauptete, sie habe ihn schon im Sommer auf einer Fahrt geküsst. Ein weiterer Zeuge hatte vor Gericht ausgesagt, die Polizei habe ihm nicht glauben wollen, dass er damals Knutschflecke am Hals des Fahrers gesehen hatte. Der für die Vernehmung zuständige Beamte erklärte ausdrücklich, dass er jede Aussage, die die Zeugen damals getätigt hatten, auch exakt so aufgenommen habe. Die These des Angeklagten: Die junge Frau sei gekränkt gewesen, weil er auf ihre Avancen nicht eingegangen sei und wollte sich nun mit der üblen Geschichte an ihm rächen.

Immer wieder Alkohol angeführt

Um zu überprüfen, ob – und falls ja, warum – sich die Gevelsbergerin die Geschichte von der Vergewaltigung auf dem einsamen Parkplatz ausgedacht haben soll, wurde eine psychologische Gutachterin bestellt. Unter Eid, wie es die Verteidigung verlangt hatte, erklärte die Psychologin Cornelia Orth, dass die Aussagen der Gevelsbergerin glaubhaft seien. „Eine Lüge ist äußerst unwahrscheinlich“, so die Expertin. Und weiter: „Es ist kein Motiv erkennbar. Sie hat keine Beziehung zum Angeklagten. Und sie ist auch nicht ein Mensch, der durch Geltungsbewusstsein auffiel. Es war ihr peinlich. Sie ging nicht damit hausieren.“ Die junge Frau habe den Fahrer in einigen Details sogar entlastet.

„Vertrauen der Frau ausgenutzt“

Verteidiger Baris Yesil fand, es habe widersprüchliche Zeugenaussagen gegeben. Er führte auch während des Verfahrens oft ins Feld, dass die Frau Alkohol getrunken hätte. Zwei bis drei Biere seien dies gewesen, hatten die Freundinnen, die den Abend zuvor gemeinsam verbracht hatten, zu Protokoll gegeben. „Es gab definitiv keine sexuellen Handlungen! Die Aussage der Frau ist nicht glaubhaft. Sie hätte über Handy die Polizei rufen können!“, polterte der Verteidiger. Das Gutachten verwarf er als „nicht wissenschaftlich“ und „voller Hypothesen“. „Ich erinnere an den Fall Kachelmann. Aber hier haben wir nicht Kachelmann sitzen, sondern einen einfachen Taxifahrer“, so der Anwalt in seinem Plädoyer. Er forderte einen Freispruch für seinen bisher nicht vorbestraften Mandanten.

Staatsanwältin Bettina Hirschberg beantragte hingegen drei Jahre Haft für den 38-Jährigen. „Das Verhalten des Angeklagten war verwerflich. Er hat die Schutzlosigkeit und das Vertrauen der Frau ausgenutzt.“

Auch das Gericht teilte diese Auffassung und folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. „Wenn das mit der Küsserei stimmt, und sie hätte es sieben Monate später noch einmal versucht: Wir glauben nicht, dass das solch einen Rachefeldzug ausgelöst hätte.“

Opfer steigt nicht mehr in Taxis

Die Verteidigung erwägt, gegen das Urteil vorzugehen.

Die junge Gevelsbergerin – durch diesen Vorfall nach eigener Aussage ein gebranntes Kind – steigt jedenfalls nur noch zu guten Freunden und Freundinnen ins Auto, wenn sie sich abholen oder bringen lässt.