Dortmund / Bergkamen. Eine Zimmerin aus dem Bezirk Dortmund ist Deutschlands „Miss Handwerk“ 2024. Lea Heuer über Liebe zum Beruf und Ratschläge männlicher Kollegen.

Wer bei Misswahlen an Abendkleider und Krönchen denkt, liegt bei dieser falsch. In der Kluft der Zimmerleute hat sich Lea Heuer der Jury präsentiert und mit ihrem sympathischen Auftreten alle von sich überzeugt. Als „Miss Handwerk“ wird die 24-Jährige aus dem Kammerbezirk Dortmund nun ein Jahr lang in ganz Deutschland als Botschafterin für ihre Zunft unterwegs sein. Aber nur, wenn sie nicht gerade jemandem aufs Dach steigt.

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Das tut Lea Heuer oft und gern. „Ich habe meinen Traumjob gefunden“, sagt die Zimmerin, die im letzten Jahr ihre Gesellenprüfung abgelegt hat. Dabei war er nicht ihre erste Wahl gewesen. Nach dem Abi hatte sie Bauzeichnerin gelernt, wollte anschließend eigentlich Architektur studieren. „Aber während der Ausbildung hab ich ein Praktikum in einer Zimmerei gemacht. Das hat mir so viel Spaß gemacht, da wusste ich: Das ist mein Beruf!“

Zimmerin arbeitet im Kammerbezirk Dortmund

Dachstühle errichten, Holzhäuser bauen, Fassaden erneuern, Terrassen überdachen. Lea Heuer gerät ins Schwärmen, wenn sie erzählt, was sie in ihrem Job so alles macht. „Ich liebe es, abends zu sehen, was ich geschafft habe“, sagt die 24-Jährige. Und selbst wenn mal alles so richtig mies gelaufen sei, „dann freue ich mich abends schon auf den nächsten Tag.“

Lea Heuer mag die Arbeit mit Holz sehr. Den Umgang mit den großen Maschinen hat sie in der Ausbildung gelernt.
Lea Heuer mag die Arbeit mit Holz sehr. Den Umgang mit den großen Maschinen hat sie in der Ausbildung gelernt. © Funke Medien NRW | Heuer

Die junge Zimmerin – „den Begriff Zimmerfrau mag ich nicht so“ – liebt die Arbeit mit Holz. „Das ist so ein toller Werkstoff, nachhaltig und vielseitig. Ist es nicht super, was man aus dem alles machen kann?“ In eine Schreinerei zu wechseln, kommt für sie dennoch nicht infrage. „Ich bin lieber auf der Baustelle und an der frischen Luft unterwegs. Das erfüllt mich.“

Der Chef hat sie von Anfang an voll unterstützt

Natürlich sei die Arbeit oft auch anstrengend. Manchmal sei sie abends fix und fertig. „Aber ich betrachte das als Training und freue mich dann am nächsten Tag über meine Muskeln.“ Was ist mit Wind und Wetter? Lea winkt ab: „Gegen Kälte gibt es Wärme-Sohlen und dicke Pullis, außerdem arbeite ich mich ja warm.“ Die Höhe, das Kraxeln auf dem Dach, macht ihr ebenfalls nichts aus. „Ach, das war wie laufen lernen.“

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Lernen musste Lea Heuer auch, mit männlichen Kollegen umzugehen. „Wenn sie mich nicht kennen, dann fragen sie meist schnell, ob sie mir was helfen können“, erzählt sie schmunzelnd. Gerne würden Männer ihr dann auch ganz viel erklären wollen. „Ich lasse sie dann reden und hole so vielleicht noch ein paar Extra-Tipps ab.“

Lea Heuer will später auch ihren Meister machen

Einer, der sie von Anfang an für voll genommen habe, sei hingegen ihr Chef Fabian Liesegang gewesen. Mitten in der Lehre ist die Ahlenerin zu ihm in den Betrieb in Bergkamen gewechselt. „Bei ihm durfte und konnte ich gleich mitanpacken“, sagt die 24-Jährige dankbar. Er habe sie behandelt wie jeden anderen Kollegen.

Lea Heuer arbeitet als Zimmerin im Kammerbezirk Dortmund. Sie liebt ihren Job auf der Baustelle.
Lea Heuer arbeitet als Zimmerin im Kammerbezirk Dortmund. Sie liebt ihren Job auf der Baustelle. © Funke Medien NRW | Verlagsanstalt Handwerk GmbH

Lea Heuer will jetzt erstmal mehr Erfahrungen sammeln, später dann ihren Meister machen. Auf Walz zu gehen, so wie es früher für die Zimmerleute Brauch war, kann sie sich hingegen nicht vorstellen. „Drei Jahre und einen Tag von zu Hause weg, ach nein, da würde ich meine Familie zu sehr vermissen.“

„Mega gute Kandidatinnen“ bei Misswahl am Start

Aber jetzt ein Jahr lang bei Messen und Meisterfeiern als Botschafterin für das Handwerk unterwegs sein zu dürfen, darauf freut sich die frischgekürte Miss um so mehr. Ihr Chef helfe ihr dabei, die Termine auf Baustellen und die für die Kammer unter einen Hut zu bringen. Wobei: Eigentlich kann Lea Heuer noch gar nicht fassen, dass die Wahl beim Kongress „Zukunft Handwerk“ in München wirklich auf sie gefallen ist. „Es gab so mega gute Kandidatinnen.“

Aber offenbar keine, die die Jury so sehr von ihrer Begeisterung für den Job überzeugen konnte, wie sie. „Ja, ich brenne dafür“, gibt die 24-Jährige zu. Es sei so schade, dass das Handwerk oft als etwas dargestellt werde, bei dem man sich dreckig und kaputt mache. Ein Studium sei nun einmal nicht immer die bessere Alternative. „Und gibt es etwas Schöneres, als sich selbst ein eigenes Haus bauen zu können?“

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Lea Heuer hofft, andere mit Begeisterung anstecken zu können. Sie wolle zeigen: „Egal, wo man herkommt, egal ob Mann oder Frau: Jeder hat einen Platz im Handwerk.“ Wer Freude daran habe, etwas zu schaffen, der solle sich bewerben: „Einfach mal trauen!“