Wocklum. 20 Jahre führte Rudolf Rath durch Schloss Wocklum. Der Guide amüsierte sich mindestens genauso sehr wie die Besucher.
Wocklums Wasserschloss gilt als Attraktion weit über die Region hinaus. Bei Reitturnieren wie Regio oder Optimum sowie bei den Landpartien in Frühjahr und Herbst dient es als schmucke Kulisse. Die Anlage glänzt aber auch mit inneren Werten. Balves Pfarrarchivar Rudolf Rath hat sie der Öffentlichkeit präsentiert: 20 Jahre lang. Doch jetzt ist Schluss. Rudolf Rath erinnert sich gern an seine Tätigkeit „als Zeremonienmeister und Nachtwächter in Wocklum“.
„Wie kam ich an diesen Job? Als Verfasser der Jubiläumsbücher des Reitervereins Balve e.V. (2000 und 2005) hatte ich mit der Dieter Graf Landsberg-Velen, Vorsitzender des Reitervereins Balve, und seiner Familie auf Schloss Wocklum engeren Kontakt“, berichtete der Schlossführer im Ruhestand. „Trotzdem kam meine erste Führung, am 5. November 2004, doch völlig überraschend: Ich war gebeten worden, kurzfristig vertretungshalber eine Schlossführung für eine Balver VHS-Gruppe zu übernehmen.“
Rosalie von Landsberg brachte Rudolf Raths Hand zum Zittern
Rudolf Rath erinnert sich gar an Details: Graf Landsbergs Tochter Rosalie gab dem damals neuen Schlossführer, damals 61, ein Manuskript, die Schrift in der „vor Aufregung leicht zitternden Hand“ ging es los.
Wegweiserin war Maresi Kleine, langjährige Hauswirtschafterin und guter Geist im Hause. Kurz darauf wurde aus der Vertretung eine Dauerlösung: „Ich übernahm gerne weitere Führungen.“
Doch zunächst wurde der Schlossführer geführt – vom damaligen Hausherrn Dieter Graf von Landsberg-Velen. Es war eine 1:1-Betreuung. Rudolf Rath: „Ich nutzte diese Gelegenheit, sein Wissen über das Schloss und seine Geschichte, aber auch seine Stimme mit einem - geliehenen - Digital-Aufnahmegerät zu konservieren. Der Hausherr erhielt von mir die CD sowie eine Zusammenfassung dieser Führung in Form eines Interviews. Und ich hatte viel dazugelernt!“
Inzwischen blickt Rudolf Rath zurück: „20 Jahre sind eine lange Zeit, und doch waren sie kurzweilig, wenn ich an viele tolle Begegnungen bei diesen Führungen zurückdenke.“ Mit dabei waren neben Alltagsmenschen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur. „Und doch waren die Kindergruppen aus den jährlichen Balver Ferienspielen die Highlights meiner Führungen. Sie überraschten mich mit ihrer Spontaneität und Begeisterung immer wieder“, betont Rudolf Rath. Beispiel gefällig?
+++ BALVES OPTIMUM: DEUTSCHE MEISTERSCHAFTEN DER REITERSZENE +++
Frage auf dem ausgeteilten Fragebogen: „Was hat dir denn bei der Führung durch das Schloss am besten gefallen?“ Rudolf Rath zitiert die Antwort eines jungen Besuchers schmunzelnd: „Nein, es kam bei diesem Knaben kein Lob für meinen Einsatz, sondern die lapidare Antwort: ,Die Pistole!‘“ Die Dekorationswaffen in den repräsentativen Treppenhäusern hatten offenkundig Eindruck hinterlassen.
+++ LANDPARTIE IN WOCKLUM ZIEHT PUBLIKUM AUS GANZER REGION +++
In den weiteren Jahren kamen dann Führungen durch die Reitställe und Reithallen sowie über die großartige Turnieranlage hinzu. Die erste Landpartie in Wocklum organisierte Rainer Timpe im Frühjahr 2006. Sie ist erfolgreich bis heute, Führungen durch das Schloss inklusive. „Mit anfangs vier bis fünf Einsätzen pro Tag war ich gut ausgelastet und wurde sicher begleitet durch schmucke Husaren eine rTheatergruppe aus Bad Pyrmont“, plaudert Rudolf Rath. Seit 2012 stellen Organisten in der Schlosskapelle auch die Einzigartigkeit und Besonderheit der historischen Orgel in Wort und Klang vor.
+++ RUDOLF RATH UND BALVES PFARRARCHIV +++
Doch das war keineswegs alles. Er sei, resümiert Rudolf Rath, „Versuchstier“ gewesen, wenn von der Schlossverwaltun gattraktive Events ausprobiert wurden: „So eilte ich als Nachtwächter durch den Schlosspark, wie der Rattenfänger von Hameln eine Scha raufgeregter Kinder hinter mir herziehend, oder amüsierte mich köstlich als Zeremonienmeister beim ,Galadinner in herrschaftlichem Privatambiente‘ über eitle und eifersüchtige ,Prinzessinnen‘.“ Rudolf Rath: „Erlebnisse ,die ich nicht missen möchte!“
Nur eine Begegnung ist ihm in 20 Dienstjahren entgangen. Schlossgespenst Daniel hat Rudolf Rath nie gesehen. Womöglich hat sein Nachfolger mehr Glück.