Balve. Vom Pizza-Workshop bis zu Selbstverteidigung für Mädchen: Die Lerntage an der Realschule Balve sind stets eine Wundertüte.

Es ist ein Klassiker, und doch fühlen sich die Lerntage in der Realschule am Krumpaul jedes Jahr aufs Neue so an, als fänden sie zum ersten Mal statt. Ob in den Klassenräumen oder auf dem Schulhof: Freudige Aufregung liegt in der Luft. Dafür gibt es einen klaren Grund: Die Lerntage stehen für Projektunterricht. Lernen kann Spaß machen – vor allem direkt vor den Ferien. Und manchmal geht Lernen sogar durch den Magen.

Robustes Vogelhaus für kleine Flattermänner

Charlotte Scholz weiß das aus eigener Erfahrung. Sie hat in einem Workshop mit Holz gearbeitet. Das Ergebnis ist ein ansehnliches, robustes Vogelhäuschen. Die Immobilie für kleine Flattermänner wie Meisen steht auf einem Fensterbrett der Schulküche. Mit gutem Grund: Die Siebtklässlerin kriegt nämlich mit ihrem Team buchstäblich gerade etwas gebacken. Ihre Produkte, mal süß, mal herzhaft, können bald aus den Öfen genommen werden. Die Lernergebnisse sind – nun ja – dufte.

Lerntage an Balves Realschule: Rektor Thomas Münch mit Siebtklässlerin Charlotte Scholz
Lerntage an Balves Realschule: Rektor Thomas Münch mit Siebtklässlerin Charlotte Scholz © WP | jürgen overkott

Und zwar für alle Beteiligten: Sie schmecken nicht nur gut – sie stehen auch für Erfolgserlebnisse. Obendrein machen sie den Mädchen und Jungen klar, dass Lernen nicht nur Kopfsache ist, sondern manchmal buchstäblich Fingerspitzengefühl erfordert. Lehrerin Katja Maida freut sich über die hohe Motivation ihrer Truppe, neben Mädchen legen auch etliche Jungs an, nicht nur an den Teig, sondern danach auch an Besen und Kehrblech. Darauf legen auch die beiden Expertinnen von der Goldbäckerei Grote wert: Die Ausbilderinnen Adelgunde Buchgeister und Julia Thunecke wissen zu einem echten Erfolgsrezept auch die passende Vor- und Nachbereitung gehört.

Sie lernen, ein Team zu werden. Sie haben Sportspiele gemacht und haben den Wald erkundet.“
Thomas Münch über die Fünftklässler in der Sportschule Hachen

Das Kollegium um den neuen Schulleiter Thomas Münch hat, wenig überraschend, ebenfalls viel mit Vor- und Nachbereitung zu tun: „Die Lerntage“, sagt der Rektor, „sind jedes Mal etwas anders.“ Unterricht wird zur Wundertüte. Dabei sind Lerntage grundsätzlich schon auf Vielfalt angelegt. Es geht um jahrgangsstufengerechte Angebote. „Die Fünftklässler sind in der Sportschule in Hachen, von mittwochs bis freitags, mit Übernachtungen“, erläutert Thomas Münch, „sie lernen, ein Team zu werden. Sie haben Sportspiele gemacht und haben den Wald erkundet.“ Zusammenarbeit und Verlässlichkeit werden groß geschrieben.

Es war jemand vom Finanzamt da, zwei junge Frauen, sie haben das super gemacht.“
Thomas Münch, Rektor

Für die Sechser, Siebener und Zehner finden die Lerntage nicht draußen, sondern vielmehr drinnen statt: im Schulgebäude. Doch sie erleben Unterricht der anderen Art. Mädchen der Stufe 10, beispielsweise, lernten unter Anleitung eines ehemaligen SEK-Beamten, sich gegen Angreifer zu verteidigen. Obendrein lernten Jugendliche aus dem Abschlussjahrgang, sich auch in finanzieller Hinsicht nicht aufs Kreuz legen zu lassen. Thomas Münch: „Es war jemand vom Finanzamt da, zwei junge Frauen, sie haben das super gemacht.“

Tricks gegen Cybermobbing

Nicht zuletzt gehört die Vermittlung von Medienkompetenz zum Programm der Lerntage. Informationen und Bilder richtig deuten, Quellen überprüfen: Das ist wichtig. Obendrein erfahren Kinder der unteren Jahrgänge, wie Cybermobbing funktioniert – und wie sie dagegen wehren können.

Zehner erstellen Abschlusszeitung

Informationen verbreiten statt Nachrichten konsumieren: Das steht bei Zehnern an. Sie berichten selbst über ihre Schulzeit. „Sie bereiten gerade ihre Abschlusszeitung vor.“

Die Achter lernen ebenfalls fürs Leben. Es geht um Berufsfelderkundung. „An drei unterschiedlichen Tagen besuchen sie drei unterschiedliche Betriebe“, erläutert Thomas Münch.

Garbecks Fitnessstudio
Garbecks Fitnessstudio "life": Sport trifft Ernährung. Trainer Niklas Schmoll-Klute und Praktikantin Johanna Nossek haben für beide Bereiche Tipps. © WP | jürgen overkott

Die Neuner indes sind bis zum Ferienbeginn im dreiwöchigen Praktikum – die 14-jährige Johanna Nossek zog’s ins Fitnessstudio „life“ in Garbeck, andere wiederum lernen Industriebetriebe wie Kohlhage in Küntrop kennen.

Schutz vor Drogen

Wer fit für den Arbeitsmarkt sein will, sollte gesund sein und, mehr noch, gesund bleiben. Genau setzt die Drogenberatung (Drobs) an. „Die Leute von der Drobs kommen regelmäßig und besprechen mit den Kindern die Drogenproblematik und natürlich auch Prävention“, sagt Thomas Münch. Das Angebot gilt längst als unverzichtbar. Nach der Corona-Zeit ist im Balver Stadtgebiet offenbar geworden, dass der Missbrauch von Drogen und Medikamenten gerade unter jungen Leuten zugenommen hat: „Die Jahrgangsstufe 6 und 7 sind ideal“, weiß Thomas Münch.

Wissensfelder mit praktischen Tipps

Kurzum: Die Lerntage an der Realschule erweitern den klassischen Lehr- und Stundenplan um Wissensfelder, die mindestens genauso viel praktische wie theoretische Bedeutung haben. Im Gegensatz zum üblichen Unterricht werden die Lernleistungen weder geprüft noch benotet. Erlebnisse zählen – und Spaß.

Schüler wie Jannis müssen gar nicht davon sprechen. Ihre leuchtenden Augen erzählen von Vorfreude auf Pizza, Flammkuchen und auch Zimtschnecken. Zum Lernen mit allen Sinnen gehört, dass Jannis & Co. die Ergebnisse ihres Back-Workshops kurzerhand vertilgen dürfen. So schmeckt Unterricht am besten.