Balve/Affeln/Hagen/Arnsberg. Affelner Michael Cremer-Schulte übernimmt Schwartpaul Landtechnik. Die SIHK lädt Existenzgründer am 2. April zum Seminar ein.

Jung, frisch, dynamisch: Das klingt nach Aufbruch. Tatsächlich startet Michael Cremer-Schulte gerade durch. Der Affelner ist Existenzgründer. Der 28-jährige Meister hat zum Monatsbeginn ein Traditionsunternehmen ausgerechnet zum 75-jährigen Jubiläum übernommen: Schwartpaul Landtechnik in Altenaffeln. Was treibt ihn an?

Firmenjubiläum Levermann in Blintrop Foto: Mark Sonneborn Firmenjubiläum Levermann in Blintrop, Firmenchef Bernd Levermann (r.) mit dem Auszubildenden Michael Cremer-Schulte. Innerhalb von zwölf Jahren wurde der Stift zum Chef.
Firmenjubiläum Levermann in Blintrop Foto: Mark Sonneborn Firmenjubiläum Levermann in Blintrop, Firmenchef Bernd Levermann (r.) mit dem Auszubildenden Michael Cremer-Schulte. Innerhalb von zwölf Jahren wurde der Stift zum Chef. © Mark Sonneborn | Mark Sonneborn

„Ich war zehn Jahre lang bei der Schlosserei B. Levermann in Blintrop“, erzählt der Jungunternehmer, „währenddessen habe ich meinen Meister gemacht, Schweißfachmann und Betriebswirt. Ich wurde auch sehr gefördert. Aber irgendwann hat mich das nicht mehr gereizt.“ Kurzum: Michael Cremer-Schulte wollte sein eigener Chef sein. Dieses Ziel hat er erreicht.

Kay Schlüter, Handwerkskammer Südwestfalen
Kay Schlüter, Handwerkskammer Südwestfalen © Handwerkskammer Südwestfalen | Katrin Kaiser Photography

Das Zehn-Mitarbeiter-Team macht die üblicherweise langlebigen Landmaschinen wieder flott, wieder Land- wie Forstwirte: „Wir verkaufen aber auch neue Schlepper und andere Maschinen.“

Stephanie Kißmer von Balves Stadtmarketing mit Sparkassen-Vorstand Mike Kernig (Archiv)
Stephanie Kißmer von Balves Stadtmarketing mit Sparkassen-Vorstand Mike Kernig (Archiv) © Sven Paul | Sven Paul

Michael Cremer-Schulte hat einen langen Weg zurückgelegt. Die Handwerkskammer Südwestfalen in Arnsberg hat ihn begleitet. Fachmann Kay Schlüter erklärt, wie.

Der Rundumschlag

Die Handwerkskammer bietet, ähnlich wie die SIHK, Gründerseminare an. „Das ist ein Rundumschlag, um den Leuten überhaupt erst mal Orientierung zu bieten“, stellt Schlüter fest. Die SIHK setzt allerdings voraus, dass Existenzgründer aus Industrie, Dienstleistungsgewerbe und Handel bereits einen Businessplan haben. Darauf setzt die Beratung auf, wie Fachmann Dr. Fabian Schleithoff sagt. Auch das Stadtmarketing in Balve ist auf Existenzgründungen eingestellt. „Es ist so klein wie nötig, aber wenn es drauf ankommt so groß wie möglich“, sagt Stephanie Kißmer; sie zeichnet verantwortlich und vermittelt Interessenten an Steuerfachleute oder Marketingbüros.

Die Intensivberatung

Die Handwerkskammer bietet noch mehr. Schlüter: „Wir machen auch Intensivberatung, in dem wir einen Businessplan erstellen. Wir beraten zu allen Bereichen.“ Soziale Absicherung gehört dazu, Finanzierungsförderung, Kalkulation: „Da nehmen wir die Leute ans Händchen und führen sie durch den Dschungel.“ Mehr noch: „Wir beraten die Betriebe sogar noch darüber hinaus kostenfrei.“ Damit meint Schlüter Marketing und Arbeitsschutz.

14. Juli 2023, Hagen.  Dr. Fabian Schleithoff, Leiter des SIHK-Geschäftsbereiches ‚Unternehmen beraten‘
14. Juli 2023, Hagen.  Dr. Fabian Schleithoff, Leiter des SIHK-Geschäftsbereiches ‚Unternehmen beraten‘ © WP | Michael Kleinrensing

Die Generation Nachfolger

Zudem helfen Experten wie er Jungunternehmern bei Verhandlungen mit Firmeninhabern, die Nachfolger suchen – zumal bei den Preisvorstellungen Wunsch und Wirklichkeit gelegentlich auseinanderklaffen. „Ich kenne Betriebe“, berichtet Schlüter, „die haben das letzte Mal vor 20 Jahren investiert.“

Die Beratung ist gratis. Handwerkskammern werden von Bund und Land gefördert. „Wir können intensiv beraten – und müssen das auch. Das ist unser staatlicher Auftrag laut Handwerksordnung“, betont Schlüter.

„Die Nachfrage ist allerdings über viele, viele Jahre geringer geworden, zumindest was die Teilnehmerzahlen angeht“, sagt Schlüter aus 20-jähriger Erfahrung. „Wir haben die Beratung früher jeden Monat gemacht, zumindest zehn Mal im Jahr, wir waren immer voll.“ Grund: Zeitweilig gab es jenseits eines staatlichen Zuschusses für Start-Ups erleichterte Einstiegsmöglichkeiten für Selbstständige im Handwerk. Inzwischen ist in etlichen Berufen wieder Meisterzwang eingeführt worden.

Möglicherweise steigt dennoch wieder das Interesse, sich selbstständig zu machen. Schlüter: „Dahinter stehen oft Druckmotive.“ Steigt die Arbeitslosenquote, steigt die Quote der Jungunternehmer.

Die grünen Trend-Branchen

In einigen Bereichen gibt es allerdings schon seit längerem großen Andrang: im grünen Handwerk. Wer sich mit Photovoltaik oder umweltfreundlichen Heizungen selbstständig machen will, braucht langen Atem. Beratung ist gefragt. Die Märkte versprechen Wachstum. Dabei dürfte es vorerst bleiben. Kay Schlüter: „Es sind zu wenige Betriebe am Markt, es sind zu wenige Fachkräfte am Markt. Ich habe schon gut gehende Betriebe gesehen, die keinen Nachfolger gefunden haben.“

Das sieht SIHK-Fachmann Schleithoff genauso. Deshalb gibt es eine Nachfolgerbörse namens „Nexxt Change“.

Die Kundschaft

Landmaschinen-Experte Cremer-Schulte hat mit all dem keine Malaisen gehabt. Mit der Übernahme des Traditionsbetriebs Schwartpaul macht er seiner Kundschaft zugleich eine Ansage: Er kennt Landwirtschaft vom elterlichen Hof. Er ist aber auch offen für die Digitalisierung der Agrartechnik – ganz ob GPS-Steuerung von Sämaschinen oder selbstfahrende Trecker. Im Mittelpunkt aber bleibt der Mensch: „Die Kunden habe ich zum größten Teil schon vorher gekannt. Deshalb habe ich auch ein anderes Verhältnis zu ihnen.“

INFOS

Die Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen richten eine achtteilige kostenfreie Webinarreihe zur Unternehmensnachfolge aus. Mit der Webinarreihe wollen die IHKs Abgebenden und Nachfolgern Angebote machen und Wege zur Unterstützung aufzeigen.

Die Reihe startet am Mittwoch, 10. April, 16 bis 17.30 Uhr, mit dem Webinar „Externe Nachfolge – Der Suchprozess‘“ Weitere kostenfreie Webinare finden monatlich mit Ausnahme der NRW-Sommerferien zu den Themen „Unternehmenswert‘“ „Businessplan“, „rechtliche und steuerrechtliche Aspekte der Unternehmensnachfolge“, „Leistungsportfolio der IHKs“, „Übernahmefinanzierung“ sowie „Nachfolge ist weiblich“ statt. Referenten sind Nachfolgeexperten der IHK sowie der Netzwerkpartner Unternehmensnachfolge.

Weitere Informationen und Anmeldung.

Für Rückfragen steht bei der SIHK zu Hagen Franz Auer unter Telefon 02331-390-291 oder franz.auer@hagen.ihk.de zur Verfügung