Balve. Die Abrechnung bescherte den Schützen im Vorjahr rote Zahlen. Was tun? Die Debatte bei der Generalversammlung wurde hitzig.
Das Wichtigste kam zum Schluss. Und da wurde es in der Generalversammlung der Balver Schützen plötzlich emotional. Es ging um nichts weniger als um die Weiterentwicklung einer Tradition. Es ging um die Abrechnung wenige Wochen nach dem Schützenfest, bei der, wie Geschäftsführer Thomas Scholz betonte, stets lediglich „vorläufige Zahlen“ vorgelegt werden. Einst war sie ein unverzichtbarer Klassiker des Stadtlebens: von der Bürgerschaft gewünscht, geliebt, gelebt. Inzwischen hat die Begeisterung nachgelassen. Die Bruderschaft St. Sebastian zahlt drauf. Was tun? Was muss sich ändern? Was muss bleiben? Diskutiert wurde mit Leidenschaft und Herzblut. Am Ende fing der Dienstälteste die Debatte ein: Alfons Rath.
Der Reihe nach. Es war schon spät am Samstagabend. Um 22.30 Uhr meldete sich Paul Stüeken zu Wort. Der Vorsitzende des Musikvereins Balve fing da an, wo Vorständler Markus Niehoff in seinem Kassenbericht aufgehört hatte: „Die Abrechnung ist im letzten Jahr zu einem Verlustgeschäft geworden. Wir vom Musikverein machen uns große Sorgen. Vielleicht können wir uns heute Abend Gedanken machen: Was müssen wir ändern?“
Brudermeister Christoph „Keksi“ Rapp betonte, dem Vorstand sei bewusst, dass es Handlungsbedarf gebe. Die Bruderschaft schmerzt der Verlust doppelt, weil die Höhle am Tag der Abrechnung an Fremdveranstalter vermietet werden könne: So attraktiv ist Europas größte Kulturhöhle inzwischen geworden. Das Vermietungsgeschäft trägt inzwischen erheblich dazu bei, dass die Balver Schützen ihren selbstgewählten sozialen Verpflichtungen für die Stadtgesellschaft nachkommen können – vom Martinszug bis zum Weihnachtssingen. Ein neues Konzept könnte der Abrechnung neues Leben einhauchen.
Idee Nr. 1: Die Abrechnung soll einen neuen Namen erhalten.
Idee Nr. 2: Das Konzept der Traditionsveranstaltung soll in Teilen verändert werden. So steht der Festzug von der Innenstadt zur Balver Höhle auf der Kippe. Die Beteiligung, sagte Rapp, sei jenseits von Vorstand, Musikverein und Männerchor 1974 Balve zuletzt gering gewesen, der Aufwand indes groß: „Dafür brauchen wir keine Streckensperrung.“
Idee Nr. 3: Eine neue Live-Musik soll her. Der Vorstand stehe in Gesprächen mit einer Bayern-Kapelle, sagte Scholz. Sie könne den Musikverein ablösen, der bisher für Unterhaltung sorgte. Beabsichtigt ist, dem Orchester um Dirigent Philipp Cramer die Möglichkeit zum Mitfeiern zu geben. Das sei, betonte Rapp, keine versteckte Kritik. Im Gegenteil: Die Bruderschaft sei mit den Leistungen des Ensembles zufrieden. Was aber bleibt?
Vorgesehen ist, die Abrechnung weiter mit dem Vogelschießen der Jungschützen zu koppeln. Nicht nur das: „Auch die Messe ist mir wichtig“, fügte Rapp mit Blick auf die traditionelle Anbindung der Bruderschaft auf die Katholische Kirche hinzu. Der Gottesdienst fand zuletzt in der Balver Höhle statt: „Die Kirche möchte ihn gern an einem besonderen Ort feiern.“
Beschlossen sei allerdings noch nichts, betonte Rapp. Eine kleine Arbeitsgruppe wolle Vorschläge erarbeiten. Dem Schützen-Chef ist aber wichtig, dass sie breite Zustimmung finden.
Beisitzer Bernd Schneider brachte ins Gespräch, aus der Abrechnung eine Art Oktober-Fest zu machen. Musikvereinsvize Tobias Platte war wichtig, „dass das sauber besprochen wird“.
Stüeken warb darum, dass Änderungen für die Abrechnung zwischen den Vorständen der beiden Vereine gemeinsam besprochen werden. Dafür gab es Beifall. Kurz darauf kochten Emotionen hoch. Warum?
Getränkewart Manfred Niehoff sprach sich dafür aus, dass der Gottesdienst vor der Abrechnung nicht länger in der Höhle, sondern in der Pfarrkirche St. Blasius stattfinden solle: „Messe in der Höhle aufbauen, abbauen – das dauert zu lange.“ Ferner legte Niehoff einen Vorschlag für den Event selbst vor. Statt Live-Band solle ein DJ Musik machen.
Rapp entgegnete, bei allen geplanten Veränderungen wolle er den Kern des Events erhalten: Abrechnung solle Abrechnung bleiben. Eine Messe gehöre dazu – und im Anschluss daran Live-Musik. Bei seiner Argumentation warf Rapp ausdrücklich seine Autorität als Vorsitzender in die Waagschale: So hitzig war die Debatte. Und genau in dieser Situation nahm ihr Alfons Rath die Schärfe.
Sein Auftritt hatte doppeltes Gewicht. Alfons Rath gehört den Schützen nicht nur seit 65 Jahren an – er ist zugleich auch Rapps Schwiegervater. Rath würdigte den Ablauf der Versammlung: „Ich habe einen sehr angenehmen Abend erlebt.“ Zudem sagte der Dienstälteste, er habe seinen Schwiegersohn „bewundert“ für dessen Gelassenheit in schwierigen Situationen. In der Debatte über das künftige Konzept der Abrechnung machte sich Rapp jedoch für eine Vertagung stark. Dafür erntete er donnernden Applaus.