Balve. Laut Pisa-Studie sind Schülerleistungen im Rechnen und Lesen sowie in Naturwissenschaften abgesackt. Wie ist die Lage in Balve?
Die jüngste internationale Pia-Studie zum Bildungswesen schlägt Alarm. Demnach können deutsche Schülerinnen und Schüler schlechter lesen und rechnen als noch 2018. Auch im naturwissenschaftlichen Bereich ließen die Leistungen im Durchschnitt nach. Was sagt Balves Realschulleiterin Nina Fröhling dazu?
„Für Schulen sind die Pisa-Ergebnisse nicht erschreckend, sondern erwartungsgemäß“, erklärte sie auf Anfrage der Westfalenpost. Die jüngste Studie der Organisation OECD sieht einen Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Stellung der Familien der Kinder. Große Lernschwierigkeit haben, wie es hieß, auch Mädchen und Jungen mit Zuwanderungsgeschichte. „Neu zugewanderte Kinder sind nur zwei Jahre lang in der sogenannten Erstförderung“, erläuterte Fröhling. „Danach werden sie im Prinzip wie Kinder behandelt, die in Deutschland aufgewachsen sind.“
Seit 2015, sagte sie weiter, sei verstärkte Zuwanderung, besonders aus den Ländern Syrien, Irak, Afghanistan, zu beobachten. „Viele dieser Kinder konnten aufgrund des Kriegsgeschehen nicht regelmäßig eine Schule besuchen, kommen nach Deutschland mit erheblichen Defiziten und müssen vielfach zunächst alphabetisiert werden, bevor sie aktiv am Unterricht teilnehmen können“, fügte Fröhling erklärend hinzu. „Viele Kinder sind zudem traumatisiert, so dass sie sich nicht immer sofort auf Unterricht einlassen können. Hier geht es auch zunächst um die emotionale Stabilisierung.
Neu zugewanderte Kinder können also vielfach nicht auf die gleiche Bildung zurückgreifen wie Kinder, die von Anfang an einem deutschen Schulsystem angehörten.“
Das bedeute, „dass diese Kinder häufig schwächere Ergebnisse in nahezu allen Bereichen erzielen“.
Zudem lag zwischen den Pisa-Studien 2018 und 2022 Corona. Die Pandemie habe bei vielen Kindern „zu einem Bruch in der Lernbiographie geführt“, sagte Nina Fröhling. Viele Kinder seien „sozial isoliert, von Ängsten oder auch Konflikten betroffen“ gewesen: „Das spürt man immer noch deutlich.“
Allerdings hob die Rektorin auf Besonderheiten des ländlichen Raums ab. Sie wirken sich offenbar positiv auf die Lernleistungen von Mädchen und Jungen an der Realschule in Balve aus. Zunächst gebe es im Vergleich zu Städten „einen erheblich geringeren Anteil zugewanderter Menschen“.
Zudem sei die Wohnsituation von Familien „deutlich besser“. Fröhling begründete ihre Einschätzung mit dem Hinweis auf die hohe Eigenheim-Quote in Balve. In der Corona-Zeit habe das bedeutet, dass Kinder im Garten spielen konnten: „Das ist in den Städten deutlich schwieriger.“ Fröhling zufolge spielen Eltern oft eine positive Rolle: Sie unterstützen ihre Kinder „sehr gut und arbeiten auch sehr gut mit der Schule zusammen, um ihr Kind bestmöglich zu fördern“.
Daher seien die Herausforderungen in der Realschule im Vergleich mit denen in Ballungszentren geringer.