Balve. Der Märkische Kreis hält die Pension Waltermann aus Brandschutzgründen als Flüchtlingsunterkunft für ungeeignet. Das stößt in Balve auf Kritik.

Die Zukunft der legendären Pension Waltermann an der St. Johannesstraße in Balve bleibt vorerst ungewiss. Das bedauern Erbengemeinschaft der verstorbenen Hotelfachfrau Maria Waltermann wie Balves Ratsfraktionen. Was ist passiert?

Irish Folk-Festival 2014: Moderator Seán Reeves hat die Pension Waltermann nicht gemocht – er hat sie geliebt.
Irish Folk-Festival 2014: Moderator Seán Reeves hat die Pension Waltermann nicht gemocht – er hat sie geliebt. © WP | Christian Paul

Rückblende. Vor dem 20-jährigen Jubiläums des Irish Folk Festivals in der Balver Höhle im August dieses Jahres hat der Organisator der Musiksause, Seán Reeves, im Gespräch mit der Westfalenpost mit Glanz in den Augen und Wärme in der Stimme zurückgeblickt – nicht nur auf die Höhepunkte keltischer Folklore in der Naturarena, sondern auch die Beherbergung der Bands in der Pension.

Stephanie Klein von der Erbengemeinschaft hätte die Unterkunft gern einem guten Zweck zur Verfügung. Flüchtlinge aus der Ukraine hätten dort wohnen können: So jedenfalls lautete der Plan. Der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Michael Bathe, freundete sich gern mit dieser Idee an. Auch beim Kirchenvorstand der Gemeinde St. Blasius kam sie an.

Doch dann gab es eine sprichwörtlich kalte Dusche aus dem Kreishaus in Lüdenscheid. Die Bauverwaltung kam zu dem Ergebnis, der bauliche Brandschutz in der ehemaligen Pension sei nicht mehr zeitgemäß, eine Umnutzung des Gebäude als Flüchtlingsunterkunft nicht zu verantworten. „Auf jeder Etage“, erfuhr Stephanie Klein, „müssen zwei Fluchtwege gewährleistet sein.“

Die Auflagen aus Lüdenscheid stießen im Ratsausschuss ESDS fraktionsübergreifend auf Kritik. Ratsherr Jörg Roland (CDU) beklagte „Bürokratismus“. Er stellte öffentlich die Frage, warum ein Beherbergungsbetrieb mit 80 Betten ohne zusätzliche Auflagen betrieben werde könne, nicht jedoch eine Unterkunft für Geflüchtete.

+++ MARIA WALTERMANN - SO BEMUTTERTE SIE DIE STARS +++

Nebenher erstattete Michael Bathe Rapport. Die Zahl der Flüchtlinge im Stadtgebiet sei im Frühjahr gesunken. Anfang des Jahres seien etwas mehr als 400 Geflüchtete verzeichnet worden, inzwischen seien es lediglich 390. So sei beispielsweise die Zahl der Menschen aus der von Russland angegriffenen Ukraine von 153 auf 140 zurückgegangen. Michael Bathe verwies darauf, dass die Zahl von Personen aus der Ukraine allein aufgrund der ihnen zugestandenen Freizügigkeit veränderlich sei. Andererseits beobachtete er auch, dass Menschen aus dem osteuropäischen Land trotz des andauernden Krieges in ihre Heimat zurückkehren würden.

+++ BALVE: UKRAINER AUF DEM LANGEN WEG IN DEN ARBEITSMARKT +++

Ratsausschuss ESDS in Balve: Jörg Roland (CDU, vorn) beklagt „Bürokratismus“. Der Märkische Kreis legt ihm zufolge für eine Flüchtlingsunterkunft höhere Maßstäbe an als für eine Pension.
Ratsausschuss ESDS in Balve: Jörg Roland (CDU, vorn) beklagt „Bürokratismus“. Der Märkische Kreis legt ihm zufolge für eine Flüchtlingsunterkunft höhere Maßstäbe an als für eine Pension. © WP | jürgen overkott

Die Stadt Balve hat 85 Geflüchtete aus der Ukraine im umgebauten Sonderklassentrakt der Hauptschule einquartiert. 40 Personen aus dem Mittleren Osten leben in einer Unterkunft in der Helle. Zudem ist der Umbau der Schule in Volkringhausen in Vorbereitung. Sie böte Platz für 25 Menschen.

+++ BALVE: STADT VERWANDELT HAUPTSCHULE IM FLÜCHTLINGSUNTERKUNFT +++

Stephanie Klein hat sich inzwischen mit den schlechten Nachrichten vom Kreis abgefunden. Sie ist längst offen für Gespräche mit Interessenten an der Traditionsimmobilie in bester Innenstadtlage. Auch Investoren sind willkommen.