Balve. Balve trauert um „Mia“ Waltermann. Sie kannte die ganze Welt, und die ganze Welt kann sie. Ihre Pension war Legende.

Sie hatte ein großes Herz. Das sagen alle, die „Mia“ kannten. Und es kannten sie viele. Die legendäre Pensionswirtin aus der St. Johannesstraße kannte fast die ganze Welt, und fast die ganze Welt kannte sie. Sie umsorgte ihre Gäste bis zuletzt - fast 75 Jahre. Dieser Tage ist „Mia“ Waltermann im Alter von 94 Jahren gestorben. Welche Erinnerungen bleiben an diese höchst ungewöhnliche Frau?

Stephanie Klein (links) ist in Balbe als Kfd-Bildungsbeauftragte bekannt (mit Steffi Scholz (Pekip, Mitte), Anja Lenk (Kidix).
Stephanie Klein (links) ist in Balbe als Kfd-Bildungsbeauftragte bekannt (mit Steffi Scholz (Pekip, Mitte), Anja Lenk (Kidix). © WP | Jürgen Overkott

Stephanie Klein hatte ein ganz besonderes Verhältnis zu „Mia“, die eigentlich Maria hieß. Sie war ihre Tante, und sie wohnten Tür an Tür. „Unser Verhältnis war fast so wie zu meiner Mama“, erzählt Stephanie Klein, und viel Wärme klingt in ihrer Stimme mit. „Ich bin immer wieder mal ‘rüber zu Mia, eine Suppe essen. Auch die Kinder sind immer zu ihr gegangen. Unser Verhältnis war extrem eng. Sie hat mir auch in schwierigen Lebenssituationen geholfen. Sie hat mich und meinen Sohn mal aufgenommen, ohne mit der Wimper zu zucken.“

Mehr noch: „Mia“ Waltermann öffnete ihre Nichte auch eine Tür zum Glück: „Sie hat mich mit meinem Mann verkuppelt. Er wohnte damals bei ihr und arbeitete nebenan im Krankenhaus. Meine Tante sagte: Bring’ dem Doktor doch mal einen Kaffee, er ist doch so alleine.“

Neujahrsempfang Kolpingsfamilie Balve 2010. Vorsitzender Engelbert Falke dankt Maria Waltermann, Inhaberin für ihr Engagement gegenüber der Kolpingsfamilie mit einem Blumenstrauß.
Neujahrsempfang Kolpingsfamilie Balve 2010. Vorsitzender Engelbert Falke dankt Maria Waltermann, Inhaberin für ihr Engagement gegenüber der Kolpingsfamilie mit einem Blumenstrauß. © WP | Scherer, Stefan

„Mia“ Waltermann hat ein großes Herz. „Ich weiß gar nicht, wie viele Leute hier umsonst gewohnt und gegessen haben.“

Sie beherbergte nicht nur Gäste aus aller Welt. Vielmehr nutzten etliche Balver Vereine die Pension auch als zweites Wohnzimmer. Ob Otmar Hermanns von der Dritte-Welt-Gruppe, Bernward Midderhoff von Kolpingsfamilie oder Thomas Münch vom Festspielverein Balver Höhle - sie alle erinnern sich daran, dass sie mit Liebe bekocht und mit Aufmerksamkeit verwöhnt wurden.

Bernward Midderhoff fühlt sich zu besonderer Dankbarkeit verpflichtet: „Mia Waltermann hat uns in der Zeit aufgenommen, als wir nach dem Abriss des alten Pfarrheims keinen eigenen Raum mehr hatten. Wir haben viele Sitzungen und Treffen bei ihr gemacht. Es gab immer kleine Aufmerksamkeiten, mal Plätzchen, mal Salzgebäck. Es war immer liebevoll und herzlich. Man fühlte sich sofort wohl. Sie fragte immer gleich nach den Eltern, wie es ihnen geht, als sie im Krankenhaus waren, kam sogar mal ein Blumenstrauß von Frau Waltermann. Das hat sie sicher für ganz viele in Balve gemacht. Da bin ich ganz sicher.“

Irish Folk-Festival 2014 in der Balver Höhle mit Seán Reeves
Irish Folk-Festival 2014 in der Balver Höhle mit Seán Reeves © WP | Christian Paul

Referenten des Kolpingsforums wurden kurzerhand bei „Mia“ Waltermann einquartiert: „Wenn es ums Geld ging, sagte ,Mia’ einfach: Vergelt’s Gott. Sie war einfach eine Seele von Mensch. Sie hat uns richtig gut getan.“

So hat sie auch Seán Reeves erlebt. Der irische Musiker organisiert bereits seit langen Jahren das Irish Folk Festival in der Balver Höhle. Er mochte „Mia“ nicht - er liebte sie. Warum, erzählt er bereitwillig. Über die Erlebnisse in der Pension könnte er „ein Buch schreiben“, sagt Seán Reeves. Das Besondere an „Mia“ und ihrer Herberge?` Seán Reeves und seine Musiker verbindet zunächst klassische Sauerland-Romantik mit ihr, Fachwerk und urige Gemütlichkeit. „Aber wichtiger war das Gefühl, dass wir mit ihr verbinden. Es fühlte sich bei ihr so an, als würde man nach Hause kommen. Wir waren keine Gäste, wir waren ihre Söhne. Sie hat uns umarmt, und wir haben mit ihr zusammengesessen. Obwohl sie kein Englisch konnte, hat sie sich in ihrer eigenen Sprache mit den Leuten unterhalten. Sie kam morgens um sechs in den Frühstücksraum und rief: ,Good morning, boys!“ Sie war eine außergewöhnliche Frau mit einer großartigen Persönlichkeiten. Die Iren lieben solche Menschen. Möge Gott gut zu ihr sein – wenn nicht, kriegt er Ärger mit mir.“

Dazu wird es nicht kommen. „Mia“ Waltermann war zeitlebens eine tief gläubige Frau. Sie pflegte ungezählte Kontakte zu Kirchenmännern, in Balve und in aller Welt. Zuletzt wohnten Pastor Christian Naton und Kirchenmusiker Maximilian Wolf längere Zeit bei ihr. Balves früherer Pfarrer Dr. Reinhard Richter, längst in der Propsteipfarre in Brilon, fühlt sich „Mia“ Waltermann so verbunden, dass er am Freitag, 2. Dezember, 15 Uhr, den Trauergottesdienst in der Pfarrkirche St. Blasius hält.