Balve. Beim Hochwasserschutz hat die Stadt Balve bereits einige Hausaufgaben gemacht. Jetzt sind Grundstückseigentümer gefragt. Warum?

Das Jahrhundert-Hochwasser im vorigen Juli hat Balve unerwartet getroffen. Dennoch kann die Stadtverwaltung für Schutzmaßnahmen vor künftiger Überflutung einen sportlichen Zeitplan vorlegen. Die Vorbereitungen sind bereits Jahre zuvor angeschoben worden. Wie schnell die Maßnahmen für Renaturierung und Retentionsflächen der Hönne laufen, kann allerdings maßgeblich von der Zusammenarbeit von Stadt und Grundstückseigentümern ab. Das betonte Bürgermeister Hubertus Mühling im Gespräch mit der Westfalenpost: „Wir müssen da Gas geben.“

Hochwasserschutz in den Hönnewiesen: Die Karte mit den blau markierten Bereichen zeigt die Prognose der Bezirksregierung Arnsberg für ein 100-jähriges Hochwasser. Die Karte mit dem rot markierten Bereich zeigt das Baugebiet Hönnewiesen samt Hochwasserschutzmaßnahmen.
Hochwasserschutz in den Hönnewiesen: Die Karte mit den blau markierten Bereichen zeigt die Prognose der Bezirksregierung Arnsberg für ein 100-jähriges Hochwasser. Die Karte mit dem rot markierten Bereich zeigt das Baugebiet Hönnewiesen samt Hochwasserschutzmaßnahmen. © Stadt Balve/Bezirksregierung Arnsberg

Renaturierung und Retentionsflächen senken die Pegelstände und die Fließgeschwindigkeit. Sie geben dem Wasser auch nach Starkregen mehr Ausweichfläche. Das senkt das Überflutungsrisiko von Balve und Volkringhausen. Auf dieses Ziel haben sich Rat und Verwaltung, Stadt Balve und Bezirksregierung Arnsberg bereits vor der Flut-Katastrophe 2021 geeinigt: Die Maßnahmen seien bereits „skizzenhaft“ umrissen, sagte Mühling: „Sie müssen jetzt planerisch weiterentwickelt werden.“ Die angepeilten Stellen am Hönneufer sind von Fachleuten bereits markiert worden, nützliche Eingriffe benannt. Sie wurden dem Rat in seiner jüngsten Sitzung präsentiert.

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Zwei Baumaßnahmen haben Priorität. Besserer Hochwasserschutz wird an der Gransauer Mühle angestrebt, um die Kernstadt besser vor Wassermassen zu schützen. Ähnliches gilt für die Hönnewiesen vor Volkringhausen.

Das Planungs- und Genehmigungsverfahren macht Mühling keine Sorgen: „Das könnte man in zwei Jahren durchsetzen.“ Er sieht mehr Probleme auf der Seite der Grundstückseigentümer. Zwar sei das Betretungsrecht der Auen inzwischen geklärt, dennoch befürchtet der Bürgermeister Probleme bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen, etwa wenn Gräben geschachtet und Mulden gebaggert werden sollen. Mühling: „Da kommt es zum Schwur. Da ist die Solidarität der Eigentümer mit dem Rest der Bevölkerung gefragt.“ Immerhin: Wertverluste von Grund und Boden sei nicht zu befürchten. Es handele es sich durchweg um Fettwiesen, nicht um Ackerland, schon gar nicht um Bauland. Obendrein gebe es eine Entschädigung. Grundsätzlich seien die Flächen weiter zu bewirtschaften.

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Eigene Rechte besitzt die Stadt nur für einen kleinen Bereich der Hönne in Höhe des Schulzentrums.

Planerisches Neuland betritt die Stadt Balve allerdings bei den Hönne-Zuläufen Garbach in Garbeck sowie Wellingse und Borke in Langenholthausen: „Das hat man bisher in der Hochwasser-Rahmenrichtlinie nur rudimentär berücksichtigt. Dabei haben wir in den letzten 10, 15 Jahren gelernt, dass gerade die kleinen Bäche zu großen Problemen führen.“

Der Balver Berthold Camminady musste sein Haus nach dem Jahrhundert-Hochwasser kernsanieren.
Der Balver Berthold Camminady musste sein Haus nach dem Jahrhundert-Hochwasser kernsanieren. © Berthold Camminady

Für die Hönne-Zuläufe im Westen des Stadtgebiets soll ein Konzept entwickelt werden, was die Bäche von der Quelle bis zur Mündung begutachtet und zugleich Vorschläge für besseren Hochwasserschutz macht.

Zuläufe sind Herausforderungen

Das stellt die Stadt Balve beim Garbach vor Herausforderung. Im Dorf selbst der Bachlauf kanalisiert. Der Verwaltungschef kann sich vorstellen, dass ein Regenrückhaltebecken oberhalb des Dorfes Abhilfe schaffen würde. Hochwasser könne gestaut und später gedrosselt abgelassen werden. In bebautem Gebiet sei es hilfreich, gerade Ufermauern durch schräge Böschungen zu ersetzen. Das gäbe dem Garbach mehr Raum. „Da sind wir schon im Gespräch mit den Eigentümern“, erklärte Mühling.

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Leichter seien Lösungen in Langenholthausen zu erreichen: „Wellingse und Borke haben mehr Platz.“

Die Stadt Balve hat bereits einen vorläufigen Zeitplan für die Baumaßnahmen. In der zweiten Jahreshälfte starten sie auf städtischen Grund zwischen Pickhardt & Gerlach und Schulzentrum. Mühling: „Wir warten auf die Fördermittel.“ Die nächsten Schritte – Gransauer Mühle und Volkringhausen – sollen so präzisiert, dass sie im günstigen Fall bereits 2023 in Angriff genommen werden könnten. Mühling: „Wenn alles gut läuft, wenn die Planungen abgeschlossen, die Fördermittel bewilligt werden und die Eigentümer zustimmen, könnten wir das Ganze bis 2025 abwickeln.“

Die Brücke in Frühlinghausen ist durch das Hochwasser vom 14. Juli stark beschädigt worden.
Die Brücke in Frühlinghausen ist durch das Hochwasser vom 14. Juli stark beschädigt worden. © WP | jürgen overkott