Balve. Am Wochenende soll die Impfkampagne mit dem neuen Wirkstoff Novavax im MK starten. Der Balver Arzt Dr. Schmitz kritisiert das Land NRW.

Hausarzt Dr. Gregor Schmitz sieht in der Einführung des neuen Corona-Impfstoffs Novavax keinen wesentlichen Fortschritt in der Bekämpfung der Pandemie. Zugleich kritisiert er das Land NRW. Dessen Strategie werde scheitern, sagte der Allgemeinmediziner der Westfalenpost.

Der Wirkverstärker

Im vorigen November herrschte Hochbetrieb im Balver Impfzentrum. Inzwischen lahmt die Impfkampagne. Dr. Gregor Schmitz bezweifelt, dass sich das durch die Einführung des Impfstoffs Novavax ändere.
Im vorigen November herrschte Hochbetrieb im Balver Impfzentrum. Inzwischen lahmt die Impfkampagne. Dr. Gregor Schmitz bezweifelt, dass sich das durch die Einführung des Impfstoffs Novavax ändere. © Sven Paul | Sven Paul

Dr. Schmitz sagt, aus seiner Sicht gebe es „keinen wesentlichen Vorteil“ für Novavax. Es handele sich um einen proteinbasierten Impfstoff, der als „Totimpfstoff“ angepriesen wird. Auch die bislang eingesetzten Impfstoffe von Biontech und Moderna oder die Vektorimpfstoffe vonAstra und Johnson&Johnson seien Totimpfstoffe. Der Novavax-Impfstoff enthalte „zusätzlich noch einen sogenannten Wirkverstärker“. Dr. Schmitz: „Als diese Wirkverstärker vor einigen Jahren bei den Grippeimpfstoffen eingesetzt werden sollten, gab es überall große Proteste dagegen, und viele Patienten wollten diese neuen Grippeimpfstoffe damals nicht haben.“

+++ BALVER HAUSARZT DR. SCHMITZ ÜBER BOOSTERIMPFUNG NR. 2 +++

Patientengruppen

Dr. Gregor Schmitz aus Balve leitete zwischenzeitlich das MK-Impfzentrum in Lüdenscheid.
Dr. Gregor Schmitz aus Balve leitete zwischenzeitlich das MK-Impfzentrum in Lüdenscheid. © Hausarztpraxis Dr. Gregor Schmitz | Bjoern Braun

Aus medizinischer Sicht sieht Dr. Schmitz keine Personengruppe, die für diesen Impfstoff besonders geeignet sei. Er rät aber auch niemandem ab.

Mehrfachimpfungen

Auch mit Novavax seien zur Grundimmunisierung zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen erforderlich, erklärt Dr. Schmitz. Voraussichtlich sei zudem eine Boosterimpfung nach circa drei Monaten notwendig. „Hierfür hat der Impfstoff aber noch keine Zulassung, so dass nach aktuellem Stand diese drei Impfung dann mit einem mRNA-Impfstoff erfolgen müsste“, betont Dr. Schmitz. Überdies sei Novavax nicht für eine Boosterimpfung nach der Impfung mit einem anderen Impfstoff zugelassen: „Damit kommt dieser Impfstoffe derzeit nur für Personen in Frage, die bislang noch keine andere Impfung gegen Covid-19 hatten.“

+++ IMPFUNGEN BEI BALVER HAUSÄRZTEN +++

Die Verteilung

Der Impfstoff soll nach aktuellem Ministererlass aus Düsseldorf am Samstag, 26. Februar, ausgeliefert und ausschließlich den Kreisen und kreisfreien Städten zugeteilt werden. Der Märkische Kreis erhält 352 Flaschen (Vials) à zehn Impfdosen. Das Gesundheitsamt verteilt den Impfstoff. Laut Ministerialerlass solle das Gesundheitsamt am Sonntag mit entsprechenden Impfangeboten starten.

Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in NRW sind ausdrücklich nicht an der Verimpfung von Novavax beteiligt. Sie erhalten vorerst keinen Impfstoff.

Zielgruppe

Da Novavax von der Gesundheitsbehörde vorrangig an noch nicht geimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kranken- und Pflegeeinrichtungen verabreicht werden soll, sei aus seiner Sicht „nicht mit einer deutlichen Erhöhung der Impfquote zu rechnen“, meint Dr. Schmitz. Sein Argument: „Wo sollen denn im Märkischen Kreis noch 3520 ungeimpfte Beschäftigte im Gesundheitswesen her kommen, die nur auf diesen Impfstoff gewartet haben und die sich jetzt endlich impfen lassen wollen?“ Bei Bedarfsabfragen in Großstädten mit mehr als 350.000 Einwohnern haben sich demnach „nicht einmal 50 Interessierte gemeldet“. Nach Einschätzung von Dr. Schmitz habe das NRW-Gesundheitsministerium „Zweifel“ an der Strategie. Es befürchte, den Impfstoff nicht loszuwerden. Der Impfstoff werde vom Land NRW „ungefragt ausgeliefert“. Die qualitätsgesicherte Aufbewahrung und Verteilung müsse von den Kreisen sicher gestellt werden muss.

+++ DR. SCHMITZ’ CORONA-BILANZ: VON DANKBARKEIT BIS HETZE +++

Dr. Schmitz weiter: „Ich gehe allerdings davon aus, dass auch die politisch Verantwortlichen in Kürze feststellen werden, dass ihr Novavax-Impfkonzept nicht funktioniert und dann die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wieder mit einspringen müssen, um den Impfstoff zu verbrauchen. In diesem Fall werden wir auch Novavax-Impfungen in unserer Impfstelle an der Hauptschule anbieten.“