Balve. Der Balver Hausarzt Dr. Schmitz zieht eine gemischte Coronabilanz. Zu Momenten der Dankbarkeit kamen Reibungsverluste. Was er anders machen würde.

Vor rund einem Jahr starteten die Impfungen gegen Corona. Der Balver Arzt Dr. Gregor Schmitz leitete zeitweilig das Impfzentrum des Märkischen Kreises in Lüdenscheid. Wie blickt er auf das Coronajahr 2021 zurück, und wie sind seine Aussichten für das neue Jahr, auch angesichts von Omikron?

Die gesellschaftlichen und politischen Debatten dieser Tage sind wieder überwiegend von der Coronapandemie bestimmt, von der Omikron-Variante und daraus folgenden Beschränkungen sowie der Wichtigkeit der Boosterimpfungen.

Dr. Gregor Schmitz aus Balve leitet das MK-Impfzentrum in Lüdenscheid.
Dr. Gregor Schmitz aus Balve leitet das MK-Impfzentrum in Lüdenscheid. © Hausarztpraxis Dr. Gregor Schmitz | Bjoern Braun

Vor ungefähr einem Jahr starteten die Impfungen bundesweit, so auch in Balve, zunächst im Altenpflegeheim St. Johannes. Dr. Gregor Schmitz übernahm die Leitung des Impfzentrums für den Märkischen Kreis in Lüdenscheid: „Nach anfänglicher Impfskepsis vor allem bei den Beschäftigten in den Pflegeheimen kam die große Erleichterung bei den Bewohnern, endlich einen gewissen Schutz zu erhalten.“

Dankbarkeit der Älteren

Gut in Erinnerung bleibt ihm die Dankbarkeit vor allem der betagten Menschen. Sehr ärgerlich seien aus seiner Sicht zu Beginn der Impfkampagne die Drängler gewesen, „die alle glaubten einen besonderen Anspruch zu haben.“ Zahlreiche unnötige Diskussionen habe das zur Folge gehabt, auch über so manches „Gefälligkeitsattest“, welches diese Menschen zuvor ausgestellt bekamen.

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Das vorige Jahr bescherte dem Allgemeinmediziner extrem viel Arbeit. „Die Belastung war schon enorm. In den ersten Monaten waren 16 Stunden Arbeit einschließlich Samstag und Sonntag durchaus normal.“ Was so weit ging, dass er irgendwann einfach für sich die Notbremse ziehen musste.

Immerhin: Dr. Schmitz erlebte als Leiter des Kreisimpfzentrums in Lüdenscheid gute Zusammenarbeit und viel Unterstützung. Er nennt etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Märkischen Kreises, allen voran den stellvertretenden Kreisbrandmeister Karsten Runte als Mitstreiter auf der immer wieder nötigen Suche nach schnellen und passenden Lösungen.

Denn Bürokratie und eine immer wieder veränderte Gesetzeslage haben laut Dr. Schmitz immer wieder kurzfristiges Handeln nötig gemacht: „Es gab 41 Erlasse des Gesundheitsministeriums, die wir den Impfprozess umzusetzen haben. Oft kamen diese am Freitag spät abends und mussten bis montags umgesetzt sein.“

Balver Allgemeinmediziner Dr. Paul Stüeken jr
Balver Allgemeinmediziner Dr. Paul Stüeken jr © WP | Jürgen Overkott

Als das Impfzentrum in Lüdenscheid schloss, gab Dr. Gregor Schmitz diese Verantwortung wieder ab, sie liegt für die weitere Impfkampagne nun beim Gesundheitsamt.

In Balve ist Dr. Schmitz bekanntlich mit Dr. Paul Stüeken für die Impfstelle in der Hauptschule zuständig, auch das DRK packt an. Auch in Balve lobt Schmitz das Zusammenspiel der Akteure. „Dadurch macht die Arbeit Freude, insbesondere wenn man den Erfolg sieht.“ Zwar werde die Coronasituation alle Menschen weiter belasten, aber man dürfe auch Hoffnung haben.

Zankapfel Föderalismus

Und was hat sich durch das Auftauchen der Omikron-Variante aus seiner Sicht geändert? „Omikron ist eine Virusvariante wie bereits viele zuvor. Wie sich neue Varianten auswirken und wie gut die bisherigen Impfungen dagegen schützen, kann man erst nach einiger Zeit verlässlich sagen“, entgegnet Dr. Schmitz.

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Was den Mediziner sehr ärgert, etwa rund um Impfungen oder neue Varianten, sind Falschinformationen, Spekulationen und Hetze in den sozialen Medien. Das resultiere lediglich in Verunsicherung der Bevölkerung. Und der Bundestagswahlkampf im Herbst letzten Jahres habe auch nicht unbedingt dazu beigetragen, die Bevölkerung wirklich mitzunehmen auf den Weg der Coronabekämpfung.

Deshalb würde der Balver Arzt am liebsten beim Föderalismus in der deutschen Gesundheitspolitik ansetzen.

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Dr, Gregor Schmitz vermisst bei der Corona-Bekämpfung eine Zukunftsperspektive. „Eine Pandemie bekämpft man nicht durch politische Kompromisse und Eitelkeiten einzelner Regierungschefs, sondern durch einen strukturierten, wissenschaftlich basierten Maßnahmenplan.“ Daher seine Forderung: „Entscheidungen treffen, die wissenschaftlich begründet sind und nicht durch das Schielen auf Umfragewerte.“ Weiter sei der Pharmalobbyismus auszuschalten. Die Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung sollten zentral beim Bund getroffenen werden. Wie realistisch das ist, bleibt unklar. Im Mai wird in Nordrhein-Westfalen gewählt.