Balve. Vom Wegekreuz zum Kreuzweg: Pfarrarchiv kennt die Geschichten. Jetzt lüftet er in einer neuen Broschüre ein kurioses Geheimnis.

Werktags ist er im Pfarrarchiv zu finden, bis 12.30 Uhr, mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Rechts neben der Eingangstür der ehemaligen Post an der Alten Hospitalstraße ist sein Reich, Schreibtisch, Computer, Bürostuhl, daneben ein antiker Besuchersessel, er passt perfekt zu den Altertümern aus dem Katholischen Pastoralverbund Balve-Hönnetal. Archivar Rudolf Rath ist aber keineswegs ein reiner Büromensch. Im Gegenteil: Früher kurbelte der ehemalige Sozialarbeiter ungezählte Kilometer auf dem Fahrrad herunter. Inzwischen wandert er lieber, gemeinsam mit seiner Frau Helga.

Piuskapelle: Ludger Terbrüggen vom Kirchenvorstand St. Blasius zeigt die Prozessionsfahne mit dem Heiligen Aloysius.
Piuskapelle: Ludger Terbrüggen vom Kirchenvorstand St. Blasius zeigt die Prozessionsfahne mit dem Heiligen Aloysius. © WP | Alexander Lück

Rudolf Raths neues Projekt verbindet seine Erforschung des kirchlichen Lebens im Hönnetal mit seiner Freude an Bewegung. Er arbeitet an einer Broschüre zur Geschichte des Kreuzwegs in Balve. Sie liegt, natürlich, in der Karwoche vor. Titel: „Unser Kreuzweg auf dem Husenberg in Balve“. Wer Rudolf Rath kennt, darf sich auf ein lehrreiches wie unterhaltsames Stück Heimatgeschichte freuen.

Wie so oft spielt bei der Veröffentlichung eine runde Zahl eine Rolle. Der ursprüngliche Kreuzweg auf dem Husenberg wurde vor 50 Jahren abgerissen. Ein neuer entstand 20 Jahre später.

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Kreuzwege in der freien Natur gelten in kirchlichen Kreisen stets als etwas Besonderes. Freunde der Symbolik sagen: Wer einen Kreuzweg abschreitet, schreitet immer auch seinen eigenen Lebensweg ab.

Die Anfänge des Balver Kreuzweges reichen zurück ins Jahr 1857. „Das Interesse dieses Kreuzweges ist: Von den 14 Stationen sind drei völlig zerstört, und die restliche elf befinden sich an verschiedenen Orten in Westfalen“, weiß Rudolf Rath, „das sind Sandstein-Stelen mit einem Keramik-Relief.“ Doch wie kam der ehrenamtliche Regionalhistoriker auf die Spur der Geschichte des ursprünglichen Kreuzwegs?

Panoramablick über Blick

Ludger Terbrüggen vom Kirchenvorstand St. Blasius (links) und Dr. Uwe Bathe, Restaurator und Kunsthistoriker, (rechts) mit einer restaurierten Gedenktafel
Ludger Terbrüggen vom Kirchenvorstand St. Blasius (links) und Dr. Uwe Bathe, Restaurator und Kunsthistoriker, (rechts) mit einer restaurierten Gedenktafel © WP | Alexander Lück

„Durch eine Familie ausAnröchte“, entgegnet Rudolf Rath. „Sie hat mir vermittelt, wo die anderen Stelen stehen.“ Diese Informationen hätten für eine Karte ausgereicht, nur für eine Karte. Doch das wiederum hätte Rudolf Rath nicht gereicht. Er wollte weitere Informationen zu den Stelen – und er fand sie. Dechant Josef Löcker hatte der Balver Familie, die später erst nach Körbecke, dann nach Anröchte zog, die Stelen ausgehändigt. Später wurde das Erbe aufgeteilt. Heutzutage stehen die Stelen verteilt über ein weites Gebiet in Westfalen, „teilweise restauriert, teilweise in ihrem Ursprungszustand, teilweise verändert“. Wird dadurch ein Kreuzweg auf Rädern möglich?

Rudolf Rath lacht. Er sagt, Interessenten könnten durchaus Kontakt zu den heutigen Besitzern der Stelen aufnehmen. Zugleich weist er darauf hin, dass sich ein guter Teil der Kreuzweg-Stationen auf privatem Grund befinde. Ende der Geschichte?

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Keineswegs. Rudolf Rath erzählt auch die Geschichte des neuen Kreuzwegs: „Die einzelnen Stationen bestehen aus Granitblöcken, jeweils mit einem eingelassenen Bronze-Relief.“ Auch dazu liefert der Archivar Fotos und Informationen. Die Idee kam seinerzeit, Anfang der 90er, aus dem damaligen Pfarrgemeinderat: „Uns“, hieß es, „fehlt eigentlich ein Außenkreuzweg.“ Schließlich wurde der Wunsch Wirklichkeit.

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Was seine Faszination für Gläubige und Wanderer ausmacht: „Der Kreuzweg führt über drei Kapellen, die weiße Kapelle am Ortsausgang von Balve nach Mellen, dann die Marienkapelle und schließlich die Piuskapelle.“

Gerade die Piuskapelle zieht nicht nur die ältere Generation an. Sie dient Wanderern als Rastplatz. Die Piuskapelle lockte während der Lockdowns aber auch junge Leute. Der Treffpunkt hat gerade im Sommer viel Charme. Er bietet einen Panoramablick.