Mellen. Von „Kyrill“ zum Borkenkäfer: Teilnehmer am Klimaspaziergang in Mellen erlebten Waldkiller Klimawandel. Was hat das mit den Ameisen zu tun?

Ronja Martens strahlte, obwohl der Anlass des Treffens düster war. Und doch hatte die Försterin allen Grund zur Freude. Zum ersten Klimaspaziergang in Mellen war eine mehr als 40-köpfige Teilnehmerschar gekommen, generationenübergreifend, Schulkinder waren genauso dabei wie Ruheständler: „echt gut besucht“. Die Stadt Balve hatte die sonntägliche Wanderung kurzerhand ins Programm der Europäischen Mobilitätswoche gepackt. Der Klimawandel bewegt die Menschen, und die Menschen haben sich dahin bewegt, wo der Klimawandel zu sehen ist. Wie war’s?

Lisa Schäfer, Katharina Drees mit Liam und Lea Schulze Tertilt mit Tom kümmern sich um Mellens Babywald. Insgesamt 50 Setzlinge sind zu haben.
Lisa Schäfer, Katharina Drees mit Liam und Lea Schulze Tertilt mit Tom kümmern sich um Mellens Babywald. Insgesamt 50 Setzlinge sind zu haben. © WP | jürgen overkott

„War schön“, bilanziert Ronja Martens am Montag knapp. Doch die Freude über eine gelungene Veranstaltung ist unüberhörbar. Die überraschend große Gruppe beim Gang rund ums Golddorf hat Glück gehabt mit dem Wetter. Zum Spätsommerfinale hat es blaue Lücken im Gewölk gegeben, manchmal gar Sonnenschein, und leidlich warm ist’s obendrein gewesen. Dass dieser Sommer im Vergleich zu den vergangenen Jahren eher kühl und nass war, haben die Klimawanderer gleich beim Start auf dem Dorfplatz sehen können. Das Gebüsch ringsum ist noch durchweg grün gewesen – im Gegensatz zu den Vorjahren, wo nach trocken-heißen Sommern zumeist bunte, vertrocknete Blätter im Wind raschelten.

+++ SO HILFT SPARKASSE BAUMPATEN BEIM BABYWALD +++

Hitze und Dürre setzten dem Wald seinerzeit zu. „Die Fichten konnten nicht mehr genügend Harz produzieren, um die Borkenkäfer abzuwehren“, weiß Ronja Martens. Mit fataler Folge: Die gefräßigen Insekten machten dem Fichten-Forst fast allerorten den Garaus. Nadellos waren die Bäume am Ende, grau-braun, tot.

Reinhard und Ulla Schmitz sowie Försterin Ronja Martens und Otmar Hermanns haben den Klimaspaziergang in Mellen vorbereitet.
Reinhard und Ulla Schmitz sowie Försterin Ronja Martens und Otmar Hermanns haben den Klimaspaziergang in Mellen vorbereitet. © WP | jürgen overkott

Der Klimawandel setzte nicht nur der Flora zu – er traf auch die Fauna. Ronja Martens hat den Wandersleuten die Veränderung am Beispiel der Ameisenhügel gezeigt: „Es werden immer weniger.“

+++ BABYWALD: MELLENS ORTSVORSTEHER UMWIRBT DIESE GRUPPE +++

Inzwischen werden auch die Borkenkäfer-Wälder weniger. Einerseits haben die fliegenden Fresskolonnen derart viele Nadelbäume attackiert, dass sie kaum noch Nahrung finden. Zum anderen haben Waldarbeiter in den vergangenen Wochen jede Menge Totholz aus dem Forst geschafft. „Eine Zeit lang war die Nachfrage größer als das Angebot. Doch mit der Zeit hat man sich seine Systeme geschaffen, um die Arbeit am Laufen zu halten. Jetzt ist das nicht mehr so problematisch“, stellt Ronja Martens fest. Zwei Unternehmer habe sie an der Hand.

Veränderungen begreifbar gemacht

Dafür sind zahlreiche freie Flächen entstanden, die überraschend neue Blicke auf die Hügel rund um Mellen freigeben: „Das ist schon beeindruckend“, sagt Ronja Martens, um sogleich hinzufügen: „Normalerweise darf man keinen Kahlschlag über zwei Hektar machen.“ Doch in Zeiten der Not war nicht das nur geduldet – es war sogar geboten. 49.000 Festmeter fielen in Mellen, sie sind allein dem Borkenkäfer geschuldet. Welche Mengen sind üblich? „In Mellen 2000 bis 3000 Festmeter“, entgegnet die Fachfrau.

Freie Flächen in großem Stil kennen die Menschen im Hönnetal seit Monster-Sturm „Kyrill“. Er langte in der Nacht zum 19. Januar 2007 hin. Damals war das Starkwind-Ereignis als ungewöhnliche Wetter-Erscheinung verbucht worden. Inzwischen haben Fachleute erkannt, dass Extremwetter immer häufiger auftritt: Klimawandel in Aktion.

+++ „UNSER DORF HAT ZUKUNFT“: MELLEN STOLZ AUFS PROJEKT BABYWALD +++

Unterdessen rollt Holz-Laster auf Holz-Laster durchs Hönnetal. Die weltweite Konjunktur zieht an – und damit auch die Holzpreise. Ronja Martens hört, dass Waldbauern wieder mit ihrer Ware verdienen. Zufrieden seien sie dennoch nicht. „Eigentlich“, stellt Ronja Martens fest, „müsste der Holzpreis noch viel höher liegen.“

INFO

Rückblick und Ausblick: Die erste Klimawanderung ist von Försterin Ronja Martens gemeinsam mit den Mellenern Otmar Hermanns sowie Ulla und Reinhard Schmidt organisiert worden.

Die Zehn-Kilometer-Runde wie die kürzere Familientour dienten dazu, der Teilnehmerschar die klimabedingten Veränderungen rund ums Golddorf vor Augen zu führen und sie sogar für Kinder begreifbar zu machen.

Zugleich haben Ronja Martens sowie Ortsvorsteher Daniel Schulze Tertilt und sein Team aus dem Dorf die Gelegenheit genutzt, für den Babywald Werbung zu machen. Die Setzlinge auf dem Stück an der Vogelstange sind inzwischen vergriffen. Am Samstag, 13. November, wird gepflanzt. Mehr noch: Nächstes Jahr wird die Fläche vergrößert.