Balve. Die Schwabes haben sich etwas getraut. Mitten im Lockdown eröffnen sie ein Geschäft in Balve. Mehr Zuversicht geht nicht. Ein Gespräch.
Sie haben sich etwas getraut. Ausgerechnet im zweiten Lockdown, Mitte März, öffneten Anna und Frank Schwabe einen Spezialitätenladen am Rande der Balver Innenstadt in der Queyte. Wolle und Whisky verkaufen die beiden Genießer mit künstlerischen Ambitionen. Die Eröffnung ihres Geschäfts fiel in eine Zeit, in der viele Branchenkollegen Existenzängste plagten – die Schwabes indes waren voller Zuversicht.
Als ich zum ersten Mal den Namen des Geschäfts las, dachte ich, das ist ein Gag, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Aber sie verkaufen ja wirklich Wolle und Whisky. Wie sind Sie zu diesem Sortiment gekommen?
Anna Schwabe Wolle und Whisky sind unsere Leidenschaften, ich bin Wolle, mein Mann ist Whisky.
Sie verkörpern Ihre Leidenschaft: Sie tragen eine selbst gestrickte Kurzarmbluse.
(lacht) Sie sehen mich seit Jahren nur in selbst gestrickten Sachen.
Wer liefert die Entwürfe?
Ich selbst.
Haben Sie Vorerfahrungen?
Ich habe eine künstlerische Ausbildung: Ich bin Tanzpädagogin und Choreographin. Ich hatte ein Tanzstudio und habe Ballettunterricht gegeben. Es hat sich vieles geändert, auch aufgrund meiner Krankheit. Doch jetzt ist wieder alles gut überstanden. Meine Kinder helfen gerne aus. Nein, ich habe vor 40 Jahren schon gelernt zu stricken, und, ja, in den ersten Jahren habe ich fertigen Entwürfen gearbeitet. Aber schon seit sehr vielen Jahren entwerfe ich selber.
Was gibt Ihnen das Stricken?
Aktive Entspannung. Es ist zu allererst eine Meditation. Das ist meine Therapie. Das Stricken gibt mir Befriedigung. Meine ersten Schritte am Morgen führen mich zur Couch zum Stricken, und dann erst plane ich meinen Tag. Wenn es mir nicht gut geht, sitze ich auf der Couch und stricke. Wenn hier den ganzen Tag Wolle verkauft habe, gehe ich nach Hause – und stricke. Dabei entspanne ich.
Sie kommen von Musik und Tanz. Welche Rolle spielt der Rhythmus beim Stricken?
Ja, das ist auf jeden Fall eine rhythmische Tätigkeit. Meine Mathe-Lehrer meinte übrigens auch: Mathe ist wie Musik. So ist auch das Stricken: sehr logisch, sehr aufeinander aufgebaut. Das Stricken hat eine Reihenfolge, es hat einen Fluss. Das kann man schon vergleichen. Das Künstlerische kann sich in verschiedenen Bereichen ausdrücken. Ich mache übrigens auch gestrickte Kunst. Ich habe sogar eine Einladung erhalten, in den USA auszustellen.
Nehmen Sie an?
Wenn ich die Bilder ‘rüber kriege (Mitarbeiterin Carina Hein lacht schallend.)
Okay, wir machen mal einen gedanklichen Sprung. Sie haben gerade dem Stricken eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Lässt sich das auch über Whisky sagen?
Auf jeden Fall. Whisky heißt Wasser des Lebens. Alles, was mit Genuss verbunden ist, tut unserer Seele gut. Natürlich, wenn Sie das übertreiben, ist es nicht mehr gut, aber so ist es doch mit allen Sachen.
Ich habe gesehen, dass Ihr Mann schon seit vielen Jahren der Whisky-Leidenschaft frönt. Wie ist er auf den Geschmack gekommen?
Seit 40 Jahren fährt er nach Schottland. Ich glaube, er war schon 50 Mal da. Wir hatten ja früher die Fabrik in Beckum, mit ihren schönen großen Räumen, und damals haben wir schon gesagt, da kann Frank ja sein Nebengeschäft mit dem Whisky betreiben. Seinen Hauptjob hat er ja immer noch. Wir haben damals Tastings angeboten, das lief am besten, das haben wir für 60 Leute angeboten. Je sechs Whiskys für 60 Leute, mit Pause dazwischen, ich habe für die Teilnehmer gekocht. Zwischendurch gab es ‘was Warmes, damit man den Whisky auch gut verträgt.
Wie ging’s weiter?
us gesundheitlichen Gründen haben wir die Fabrik verkauft – und uns dann erst mal der Familie gewidmet.
Dann war diese Phase vorbei.
Ich wollte ‘was mit Wolle machen, und ich habe zu Frank gesagt, warum kommst Du nicht mit Whisky dazu?
Hatte er zwischenzeitlich mit dem Handel aufgehört?
Nee, nee, er hat damals den Whisky-Club gegründet.
Besteht der Club immer noch?
Ja, ja, wir haben in der Corona-Zeit sogar mal ein Online-Tasting gemacht. Sobald das wieder möglich ist, tagt der Whisky-Club auch wieder live. Demnächst gibt es auch wieder Whisky-Tastings, und zwar hier im Laden, in kleinerem Rahmen. 14 Teilnehmer können wir unterbringen, wir haben so viele Anmeldungen, wir sind jetzt schon für vier bis fünf Tastings ausgebucht.