Balve. Sebastian Keil ist Lehrer in Hagen. In seiner Freizeit produziert der Balver satirische Songs - etwa über Verschwörungstheoretiker.
Sebastian Keil ist immer für einen schrägen Gag gut. Das wissen die Internet-Fans des Balvers. Jetzt legt er nach.
Er will da etwas erfahren haben: „Dass Reptiloide uns regier’n, um uns mit Corona zu infizier’n.“ Der Balver Hobbymusiker nimmt in einem neuen Song wirre Verschwörungstheoretiker aufs Korn. In den vier Minuten von „Reptiloide“ (Phantasiewesen übrigens, die in manchen Genres von Literatur und Film vorkommen) findet so ziemlich jede wirre Erklärung für die aktuelle Pandemie ihren Platz: Echsenwesen, die heimlich die Weltherrschaft ausüben wollen und Zwangsimpfungen durchführen, gesteuert und finanziert von Bill Gates. Und Mainstream-Medien, die das Ganze in die Köpfe der Menschen hämmern. Deshalb die Schlussfolgerung im Song: „Auch diese Lügenpresse, die kriegt bald auf die Fresse.“
Satiriker mit spitzer Feder
Mit spitzer Feder geschrieben, definitiv zum Schmunzeln geeignet – Sebastian Keil sagt, worum es ihm in dem satirischen Lied geht: „Ich möchte niemanden anklagen.“ Stattdessen lieber humorvoll auf die Schippe nehmen. Er zeigt aber auch seine eigene Haltung. „Eine kleine, dafür umso lautere Minderheit“ sei es, die diese Thesen verbreite, während die Mehrheit sich ruhig verhalte. Aber mitsingen und weiterverbreiten kann diese leise Mehrheit seinen neuen Song gerne, unterstreicht Keil.
Arbeit im Home-Office
Die WP erreicht ihn im Home-Office. Der 42-Jährige ist Lehrer für Deutsch und Religion am Käthe-Kollwitz-Berufskolleg in Hagen. Dort hat man corona-bedingt im Moment auf Distanzlernen umgestellt. Bei erwachsenen Schülerinnen und Schülern dieser Einrichtung gibt es keine Betreuungsfrage.
Der tägliche Weg zur Arbeit in die nahe Großstadt fällt für Sebastian Keil also im Moment weg, viele Freizeitbeschäftigungen sind aktuell auch nicht möglich. Im Falle des Balver Hobbymusikers sind das etwa die Proben des Kirchenchores der St.-Blasiusgemeinde.
Bleibt ihm also mehr Zeit für das andere musikalische Hobby, welches der Pädagoge seit jeher im Homeoffice ausführt. Die Zeit reicht, um bis zu einem Song pro Monat zu produzieren, welche Keil in den sozialen Medien veröffentlicht. Der Balver hat sich Zuhause ein kleines Studio eingerichtet, schreibt Songs, spielt diese komplett selber ein. „Reptiloide“ entstand im Kern binnen zwei Tagen Dafür kommt dann ein Midi-Keyboard zum Einsatz, welches neben Klavier auch den Klang zahlreicher anderer Instrumente erzeugen kann.
Kleines Heimstudio
„Reptiloide“ startet mit einem tiefen Bass und wenigen, prägnanten Klaviertönen, bevor der Rhythmus und dann Keil in einer Art Sprechgesang mit den wirren Verschwörungstheorien einsetzen. Später gesellt sich im Hintergrund noch ein (elektronischer) Männerchor dazu. So richtig Fahrt aufgenommen hat Keils Leidenschaft für selbst komponierte Songs, als er am Berufskolleg für einen scheidenden Jahrgang ein Abschiedslied schrieb, das zu einer Art Schulhymne wurde.
Mit Corona hat er sich nun nicht zum ersten Mal beschäftigt. Der Song aus dem Frühjahr hat mittlerweile gut 45.000 Aufrufe zu verzeichnen, während die anderen von Keils Kompositionen sich in dieser Statistik eher im dreistelligen Bereich bewegen. „Das hat mich doch selber auch überrascht“, gesteht er. „Aber das Lied hat es wohl in Corona-Playlists von einigen Streaminganbietern geschafft.“ Seine Beobachtung ist, dass sich die Resonanz zu diesem Lied irgendwie parallel zum Infektionsverlauf in Deutschland entwickelt: „Im Sommer ging das ein wenig runter, und jetzt steigen die Hörerzahlen wieder an.“