Balve. Durst war erst schön im „Sumpf“. Vor gut 50 Jahren wurde er trocken gelegt. Archivar Rudolf Rath erzählt die Kneipen-Geschichte flüssig.

Wochenlang saß Balve auf dem Trockenen. So viel steht fest. Corona sorgte dafür, dass die heimische Gastronomie eine lange, für manchen genussfreudigen Zeitgenossen zu lange die Zapfhähne hoch drehen musste. Kein Wunder, dass in Balve wieder Geschichten vom legendären „Sumpf“ kursierten. So kam es, dass Rudolf Rath, ehrenamtlicher Pfarrarchivar der katholischen Gemeinde St. Blasi us, in seinen Erinnerungen kramte – und fündig wurde. Der „Sumpf“ wurde vor gut 50 Jahren trocken gelegt.

Der „Sumpf“ in Balve: Haus Bathe
Der „Sumpf“ in Balve: Haus Bathe © Katholisches pfarrarchiv st. blasius/werner ahrens/repro: sven paul

Bis dahin war der „Sumpf“ Balves beliebtestes, inzwischen sagenumwobenes Feuchtgebiet. Tatsächlich hatte der „Sumpf“ einen etwas seriöseren Namen. Bei der Stadtverwaltung war die legendäre gastronomische Einrichtung an der Hauptstraße schlicht als „Haus Bathe“ bekannt – eine beliebte Gaststätte, verbunden mit Konditorei und Gartenwirtschaft gegenüber der Einfahrt in die Bogenstraße, wie sich Rudolf Rath gern erinnert.

„Im Sommer duftete es da bei strahlender Sonne im Außenbereich, nebenan der ,Vatikan’, ein Gasthof, in dem die Geschwister Scheele bewirteten, unter dichten Baumkronen nach Kaffee und Kuchen“, schwelgt der Regionalhistoriker in alten Geschichten aus dem Hönnetal. „Im ,Sumpf’ jedenfalls, zuletzt emsig geführt von der Familie Amedieck, ging es dagegen schon mal lebhafter zu.“ An der sogenannten Klappe, einer Öffnung im Flur zwischen dem Bäckerladen und der Kneipe, wurden darüber hinaus auch noch durstige Kunden ambulant bedient: „wichtige Quelle, wenn Durstattacken zu Hause bekämpft werden mussten“.

In diesem „Sumpf“ aber versanken nicht nur Gäste, die sich nicht rechtzeitig von der Theke lösen oder ihren Stammtisch verlassen konnten. Tatsächlich hatte der Name der Gaststätte auch einen fassbaren Kern: „Hochwasser, das immer mal wieder von den Höhen herunter strömte, setzte nämlich Häuser in der Innenstadt, besonders am früheren Hönneverlauf, unter Wasser. Dann versanken auch Bäckerladen, Gaststätte und Gartenwirtschaft in den Fluten – ein wahrer Sumpf!“

Haus Staffel löst Haus Bathe ab

Haus Bathe ist Geschichte: So sieht es dort heute aus.
Haus Bathe ist Geschichte: So sieht es dort heute aus. © foto: sven paul/WP

Nicht besser erging es den Wohnhäusern und Geschäftsgebäuden in der Nachbarschaft auch noch weitere Jahrzehnte später, ehe dann größer dimensionierte Kanäle weitere Überflutungen weitgehend verhindern konnten.

Die Schützenbrüder aus dem „Sumpf“ hatten 1970 ihre alljährliche gastliche Stätte verlassen müssen. Rudolf Rath: „Man fand an der Hofstraße im privaten Refugium eine neue Bleibe. Schon ein Jahr zuvor nämlich war Haus Bathe, also vor nun 50 Jahren, verkauft worden. Es wurde abgerissen. Damit verschwand in unserer Innenstadt ein beliebter Treffpunkt.“

Tatsache ist: An der Stelle von Haus Bathe entstand das Geschäftshaus Staffel mit einer Apotheke und Arztpraxis.

Freunde der Außengastronomie kommen an der Hauptstraße weiter auf ihre Kosten. Noch einmal Rudolf Rath: „Wer heute ein Plätzchen zum schmackhaften Rasten sucht und dabei das lebhafte Treiben auf der Hauptstraße nicht scheut oder gar liebt, dessen Wünsche können auf der gegenüberliegenden Seite erfüllt werden.“