Balve/Menden. Keine Schule – Mädchen und Jungen müssen trotzdem lernen. Wie funktioniert das? Eine Schulleiterin und eine Mutter berichten.
Es fühlt sich an wie schulfrei oder, besser noch, Ferien. Dennoch haben Balves Schüler(innen) nur eine unterrichtsfreie Zeit. Sie müssen jetzt zuhause büffeln. Wie gut klappt das?
Garbecks Grundschulleiterin Dorothe Gastreich-Kneer gibt ganz offen zu, dass ihr derzeit etwas fehle: die Kinder. Dennoch will sie nich ernsthaft klagen. Im Gegenteil: „Ich empfinde es so, dass die Eltern sehr einsichtig sind.“
Hausaufgaben wurden analog verteilt. Dafür hat die Schule gute Gründe. „Manche Eltern haben mir gesagt: Wir haben zwar einen Computer – aber wir haben keinen Drucker.“ Das Kollegium wusste sich zu helfen, um allen gerecht zu werden. „Wir haben Materialpakete gepackt“, berichtet die Rektorin. Eltern hatten einen ganzen Vormittag lang Zeit, das Lernmaterial abzuholen: „Das hat wunderbar geklappt.“ Die Schülerschaft setzt sich mit den Unterlagen auseinander – bis zu den Osterferien.
Die Grundschule Heilige Drei Könige stellt den schnell lernenden klugen Köpfen obendrein Online-Material zur Verfügung.
Nachfragen von Elternseite gab es kaum. Die Grundschule hatte vorgebaut. „Das Material ist weitestgehend selbst erklärend“, betont Dorothe Gastreich-Kneer.
Für alle Fälle hat die Schule einen Anrufbeantworter geschaltet. Manchmal ist sogar jemand aus dem Kollegium direkt am Telefon. Außerdem haben die Lehrer drei Sprechzeiten in der Woche. Und wenn es mal ganz schnell gehen muss: Für der vier Klassen gibt es für Eltern eine WhatsApp-Gruppe.
Die Sicht einer Mutter
Christina Hartmann war lange Vorsitzende des Fördervereins der Grundschule Beckum. Inzwischen hat sich bei Hartmanns viel geändert. „Meine beiden schulpflichtigen Kinder sind ja bereits auf der weiterführenden Schule: Levi in der fünften Klasse und Anna Lena in der neunten Klasse des Walburgisgymnasiums in Menden.“
Das Kollegium des Walburgisgymnasium in Menden hatte die Schulschließung kommen sehen und rechtzeitig reagiert. Zwei Lehrerinnen der fünften Klasse hatten den Mädchen und Jungen bereits umfangreiche Hausaufgabenzettel mitgegeben, als der Schulbetrieb noch lief. Inzwischen läuft digitaler Unterricht über „Microsoft Teams“. Das Programm ist für Schulen kostenfrei und ermöglicht sogenanntes Remote Learning per PC wie per Smartphone. „In den ersten beiden Tagen gab es ein paar Anfangsschwierigkeiten, weil der Microsoft-Server überlastet und deshalb zeitweise nicht erreichbar war, aber seitdem läuft es einwandfrei stabil“, berichtet Christina Hartmann. „Die Kinder müssen selbst immer wieder nachschauen, ob in den einzelnen Fächern etwas Neues eingepflegt wurde. Ich habe ab und an einen Blick darauf, um sicherzustellen, dass die Kinder nicht in Rückstand geraten, denn die Schule bemüht sich redlich, das normale Stundenpensum auch im Fernunterricht aufrechtzuerhalten.“
Diskussionen über Viren und Politik
Dadurch seien die Kinder „zeitlich ganz gut ausgelastet“. Christina Hartmann: „Langeweile kommt bei uns jedenfalls nicht auf.“ Mehr noch: Die Kinder beschäftigen sich selbst. „Zur Zeit üben sie freiwillig ungewohnt intensiv auf ihren Musikinstrumenten, Trompete beziehungsweise Querflöte.“
Christina Hartmann liegt daran, die Kinder nicht zu Stubenhockern zu machen. „Ich bestehe zudem darauf, dass sie sich mindestens eine Stunde am Tag draußen bewegen, selbstverständlich jetzt ohne Kontakt zu anderen.“
Damit nicht genug. Freizeitbeschäftigungen sollen nicht zu kurz kommen, wie mal ein Buch lesen, Brettspiele und Kuscheln – „und ja, auch mit dem Handy spielen gehört für sie dazu“.
Außerdem haben Hartmanns viel Redebedarf. Themen gibt’s genug: Viren, Prävention, Testung. Aber auch die politischen Folgen hat die Familie im Blick: Gefährdung der freiheitlichen Demokratie durch die gerade wahrnehmbaren Elemente des Autoritarismus oder die demokratische Legitimation von Allgemeinverfügungen. Christina Hartmann: „Was bin ich froh, dass wenigstens die Pressefreiheit gewahrt werden soll, indem Journalisten von einer eventuellen Ausgangssperre ausgenommen bleiben! Die Kinder sind da im Moment sehr diskussionsfreudig und erstaunlich differenziert in ihrer Meinungsbildung. Auch das nimmt viel Zeit in Anspruch. Es ist intensive Zeit, und das ist schön.“