Balve. Werner Ahrens verabschiedet sich schweren Herzens von seinem Ehrenamt als Stadtführer. Am Mittwoch hat er sein Material an die Stadt übergeben.
Werner Ahrens war seiner Zeit voraus. So viel steht fest. Der inzwischen 83-jährige Ehrenvorsitzende der Heimwacht arbeitete bei seinen Stadtführungen mit klar strukturierten Schaubildern aus eigener Hand, als selbst Museen für moderne Kunst Bilder und Skulpturen noch mit abgeschlossenen Romanen erklärten. Werner Ahrens kombinierte sein grafisches Talent mit der Kunst des Erklärens. Am Mittwoch übergab er Schautafeln und Stadtmodell an Vize-Bürgermeister Michael Bathe. Das Geschenk ist zugleich ein Auftrag. Die Stadt soll Werner Ahrens’ Werk fortführen. Die Grundlagen sind bereits gelegt.
Ortstermin am Mittwochnachmittag. Windig und wolkig ist es, aber trocken. Ein Glück für Werner Ahrens: Den Schauplatz hat er sich selbst aussuchen dürfen. Es ist der Kirchplatz zwischen Pfarrkirche St. Blasius, Pfarrhaus und St.-Sebastian-Klause, Ausgangspunkt ungezählter Stadtführungen über nahezu fünf Jahrzehnte hinweg. „Zwei, drei Führungen hatte ich im Monat“, erinnert sich Werner Ahrens mit leiser Wehmut in der Stimme, „es kamen meistens 20, 30 Leute, manchmal auch weniger, aber immer waren viele Balver dabei.“ Michael Bathe nickt. Er war selbst dabei. „Ich habe bei Werner Ahrens viel gelernt“, sagt der Vize-Bürgermeister schmunzelnd, „dabei komme ich doch aus der Stadt.“
Stolz stellt Werner Ahrens fest, dass Balve der älteste Ort im Märkischen Kreis ist. Seit 1430 besitzt Balve Stadtrecht. Die Pfarrkirche ist älter. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat 2016 romanische Wandbilder im Kirchenschiff restaurieren lassen. Sie stammen, so heißt es, aus dem 13. Jahrhundert.
„Die Kirche stammt aus der Romanik“, sagt Werner Ahrens. Er zeigt die Bauprinzipien jener Zeit auf einer Schautafel, die das Erklärfernsehen der „Sendung mit der Maus“ besser nicht hätte machen können. Romanik setzt auf den Charme des Quadrats. Seitengleiche Rechtecke prägen die Architektur des Gotteshauses.
Per Fotomontage führt Werner Ahrens buchstäblich vor Augen, in welchen Schritten die Kirche entstand.
Ehrenamtliche Unterstützung
Werner Ahrens nimmt eine weitere Schautafel. Sie zeigt Kirche und Stadt. „Die Kirche war damals größer als die Stadt“, stellt der Regionalgeschichtler fest, damals vor dem großen Brand im Jahr 1789 (WP berichtete). Größe darf durchaus symbolisch verstanden werden. Es sollte eine Weile dauern, bis Stadtväter und Geistlichkeit auf Augenhöhe begegneten.
Balve war einst eine Festungsstadt. Werner Ahrens zeigt es: schwarz-weiß die Karte, rot umrandet, nahezu quadratisch, die Mauern der Stadt. Leider begünstigte die enge Bauweise hölzerner Gebäude den fatalen Brand von 1789. Danach war nichts mehr, wie es vorher war (WP berichtete).
Auch wenn Kirche und Stadt in Konkurrenz zueinander standen, so waren sie doch auch eng verbunden. Werner Ahrens zeigt das anhand des vergrößerten Eides, den Balves Neubürger zu leisten hatten. Kirche und Glauben spielten für den Zusammenhalt der Stadt eine große Rolle; selbst heute ist noch viel davon zu spüren.
Werner Ahrens weiß, dass zweidimensionale Darstellung gut ist, besser aber ist ein dreidimensionales Modell. So hat der Grafiker ein silberfarbenen Stadtmodell aus Fichte gefertigt. Beinahe entschuldigend sagt er: „Die Zahl der Häuser stimmt nicht ganz. Sie war damals, vor dem großen Brand, doppelt so groß.“ Das Entscheidende indes ist nicht die Präzision der Darstellung, sondern die Verdeutlichung von Strukturen.
Genau da will die Stadt Balve anknüpfen. Michael Bathe kann sich vorstellen, dass Stadtmodell im neuen Innenstadtbüro aufzustellen. Schließlich sind dort künftig zwei Mitarbeiterinnen beschäftigt, die da anknüpfen wollen, wo Werner Ahrens aufgehört hat. Michael Bathe wünscht sich ehrenamtliche Unterstützung. Sie könnte von der Heimwacht kommen.