Berlin/Arnsberg. . Im Streit um eine neue Richtlinie für Schützenvögel bekommen die Schützenbrüder offenbar Unterstützung von der Bundeskanzlerin: Eine Delegation südwestfälischer CDU-Abgeordneter machte sich am Dienstag bei Angela Merkel für traditionelle Schützenvögel stark - und war anschließend positiv gestimmt.

Das hat Angela Merkel nicht jeden Tag. Christdemokraten, die eigenen Parteifreunde, zeigen der Bundeskanzlerin am Dienstag im Kanzleramt den Vogel buchstäblich und leibhaftig. Ein prächtiges Exemplar. Die CDU-Chefin hält den rechten Flügel mit der linken Hand beim Fototermin fest. Schon sind wir mitten im Thema.

Das Bundesinnenministerium, an der Spitze der CSU-Mann Hans-Peter Friedrich, hat schließlich mit einer neuen Schießstandrichtlinie den Vogel abgeschossen. Ohne die traditionellen Schützenverbände zu hören, verordnet das Ministerium dem Schützenvogel eine Diät: bundesweites Abspecken an Bauch und Brust, von 200 auf 80 Millimeter Durchmesser.

Vom grünen Tisch aus. Einfach so. Gedankenlos. Warum? Weil, so die Begründung, Sicherheit vor Schusshäufigkeit geht. Adressat sind die Sportschützen, getroffen sind die Schützenbrüder.

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Doch die Ministerialbürokratie in der Hauptstadt hat die Rechnung ohne die Schützen gemacht. Ein kollektiver Aufschrei, stimmgewaltig von der Westfalenpost unterstützt, lässt die irrwitzige Richtlinie offenbar bald wieder für immer in der Schublade verschwinden.

Klaus Kaiser ist nach dem Gespräch mit Merkel guten Mutes

Der CDU-Landtagsabgeordnete aus Neheim und Chef der CDU-Südwestfalen, Klaus Kaiser, ist nach der einstündigen Unterredung mit der Kanzlerin guten Mutes. „Ich gehe davon aus, dass es im Sinne der Schützen eine schnelle Lösung gibt“, sagt er auf dem Rückweg im Zug von der Spree an die Ruhr. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Kanzlerin über die enormen Auswirkungen des geplanten Erlasses auf die Schützentradition unserer Heimat aufzuklären.“ Von der Kanzlerin zeigt er sich beeindruckt. „Sie ist im Thema.“

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Dass ein abgemagerter Schützenvogel einmal ein Thema unter Christdemokraten sein wird, das hat auch Kaiser überrascht. Um die Bedeutung des Vogelschießens auf den Schützenfesten der Region zu unterstreichen, bekommt Merkel als Gedächtnisstütze diesen stattlichen Vogel an die Hand. Kaiser bei der Übergabe: „Das ist ein stolzer südwestfälischer Schützenadler, der nicht durch die Berliner Bürokratie gerupft werden darf.“

Der Vogel aus dem Sauerland soll lange Berliner Luft schnuppern 

Der Vogel soll so lange Berliner Luft schnuppern, bis die Maße seiner Figur wieder mit der Tradition im Lot liegen. Für immer soll er keinen Platz im Kanzleramt bekommen. Da ist sich Merkel in der Runde der südwestfälischen Bundestags- und Landtagsabgeordneten sicher. Wenn das Problem gelöst sei, verspricht sie, werde der Vogel wieder in seine angestammte Heimat zurückkehren. Ein Lacher der Männergesellschaft ist ihr sicher. Patrick Sensburg, Bundestagsabgeordneter aus Brilon: „Frau Merkel hat locker und entspannt reagiert.“

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Angesichts der Bedeutung des hölzernen Zusammentreffens mit der ersten Frau im Staat - vorher geht es um die Staatsschuldenkrise, innere Sicherheit und Kinderbetreuung - muss noch ein Wort zum Vogel geschrieben werden. Er gehört der Neheimer Schützenbruderschaft St. Johannes Baptist 1607 und ist im Jahr 1978 von Berni Lenze abgeschossen und danach restauriert worden.

Dünner Schützenvogel als Thema beim Kreisschützenbund Arnsberg

Am Samstag auf der Versammlung des Kreisschützenbundes Arnsberg wird der dünne Schützenvogel Thema sein. „Auch“, versichert Kreisoberst Dietrich-Wilhelm Dönneweg, „wenn alles bereits gesagt ist.“ Zu heftig ist der Ärger, den die neue Regelung ausgelöst hat. Dönneweg ist froh über den Einsatz der Politik und dieser Zeitung. „Ohne die Presse wären wir lange nicht so weit.“

Der Druck wird erhöht. Am nächsten Dienstag wird eine Abordnung Sauerländer Schützen im Innenministerium vorstellig.