Arnsberg.

Zwei Arnsberger rauben gleich zweimal innerhalb von 15 Tagen ein und dieselbe Sparkassen-Filiale in ihrer Heimatstadt aus. Seit Dienstag stehen sie wegen der Überfälle im Dezember vergangenen Jahres vor Gericht. Welche Lebensgeschichte verbirgt sich hinter den Tätern?

Die Wege der beiden Bankräuber kreuzten sich erst im Jahr vor der Tat. Es fanden sich zwei Menschen, die ein 37-jähriges Leben im ständigen Wechsel zwischen kurzen Gewinnen und großen Niederlagen hinter sich gebracht haben. Drogen- und Medikamentenkonsum war dabei der Dreh- und Angelpunkt fast aller Auf und Abs.

Was sagt das Vorstrafenregister? Bei Johann L. (Name geändert) steht ein Banküberfall zu Buche, für den er auch fast vier Jahre bis 2004 gesessen hatte. Die Liste bei Frank G. (Name geändert) ist länger, aber weniger schwer: Kleinere Strafen wegen Zucht einer Rauschgiftpflanze, Betrugsdelikten, Diebstahls und einer Verkehrsgefährdung.

G. wurde 1974 in Wickede geboren und wuchs in Moosfelde auf. „Ich bin behütet aufgewachsen“, sagt er vor Gericht. Seine Mutter sei vor der Ehe Novizin im Kloster gewesen und habe ihn als jüngstes von drei Kindern erzkatholisch erzogen. Von Kind an habe er unter einer chronischen Darmentzündung gelitten. „Bis zu meinem 18. Lebensjahr war ich bestimmt hundert Mal im Krankenhaus gewesen!“, sagt G. vor Gericht. Johann L. stammt aus Polen und fühlte sich immer als „das schwarze Schaf“ der Familie. Der Vater arbeitete viel im Ausland. Über ein Internat in Paderborn kam er als 14-jähriger nach Neheim, wo zu diesem Zeitpunkt seine Eltern lebten. „Ich habe viel Prügel bekommen“, so L.

Probleme in der Schule

Mit der Schule kamen beide nie richtig klar: L. hatte schon in Polen fünfmal die Schule gewechselt, kam auf’s Internat nach Paderborn und lernte erst auf der Hauptschule in Neheim richtig Deutsch, das er heute akzentfrei spricht. Er machte den 10B-Abschluss. So weit kam G. in der Schule nicht. Die Hauptschule brach er nach eigenen Aussagen „wegen Unterforderung“ in der Klasse 8 ab. Auch bei der Berufsvorbereitung des Kolping-Bildungswerks fühlte er sich „fehl am Platze“.

Beruflich fanden beide dennoch immer wieder Anschluss: L. habe zwar nach zweieinhalb Jahren seine Ausbildung als Werkzeugmacher abgebrochen, arbeitete bis zu seinem ersten Banküberfall im Jahr 2001 aber als Schichtarbeiter in einer Papierfabrik und in einem Sägewerk.

Nach seiner Haftstrafe war er vier Jahre beruflich auf gutem Wege, als er sich bei einer Werler Beschichtungsfirma vom Hilfsarbeiter zum Produktionsleiter hochgearbeitet hatte. G. jobbte in Lagern von Speditionen, wurde „erfolgreicher Handelsvertreter“, Lkw-Fahrer, Hausmeister und - wie er erzählte - sogar Gruppenbetreuer in einem Arnsberger Jugendzentrum, Steinmetz-Helfer und zuletzt wieder Lkw-Fahrer bei heimischen Speditionen.

Erhöhter Drogenlonsum

Beruflicher Druck führte in beiden Fällen zu erhöhtem Drogenkonsum und war oft auch für das Scheitern verantwortlich: Seit dem 14. Lebensjahr nahm L. verschiedene Drogen (u.a. Cannabis und Kokain) und Antidepressiva. Die Drogenkarriere von Frank L. begann nach eigenen Aussagen mit 12 Jahren mit dem Kiffen. Später kamen harte Drogen (Kokain und auch Heroin) hinzu.

Fehlende familiäre Rückhalte und später Brüche in Beziehungen führten nach eigenen Aussagen bei beiden Bankräubern zum Zusammenbruch. Johann L. hatte 2004 geheiratet und lebte mit einer Frau und deren Kindern bis Sommer 2010 - wenige Monate vor den Arnsberger Überfällen - im eigenen Haus. Die Trennung habe ihm stark zugesetzt. Frank G. hatte 1999 eine Beziehung, für die er das Lkw-Fernfahren aufgab, dann aber durch einen Seitensprung bitter enttäuscht wurde. „Da kam der Absturz“, erinnerte er sich vor Gericht.

Während einer Entgiftung nach der Freilassung aus zwischenzeitlicher Untersuchungshaft im Frühjahr 2011 lernte er eine neue Partnerin kennen, die er kürzlich heiratete. Seine Beteiligung an den Arnsberger Banküberfällen gestand er ihr erst am Tag der Hochzeit.

"Räuber haben nur rumgeschrien"

Das Landgericht will auch Zeugen aus der Sparkasse in der Alt-Arnsberger Clemens-August-Straße noch zu Wort kommen lassen. „Das kann auch wichtig für die Verarbeitung des Ganzen sein“, sagte Richter Willi-Kurt Erdmann zum Prozessauftakt. Die Aussage der Bankräuber, dass sie nie geplant hatten, jemanden zu verletzen, könne hilfreich sein. Auch den Tätern solle nicht erspart bleiben, sich mit der anderen Seite auseinandersetzen zu müssen. „Es tut mir leid“, sagten beide Bankräuber in Richtung der Opfer.

Als erster Zeuge aus der Bank wurde ein 50-Jähriger vernommen, der zum Zeitpunkt des Überfalls am 2. Dezember in der Filiale Probleme mit der Kreditkarte klären wollte. „Alles ging sehr schnell“, sagte er vor Gericht, „die beiden Räuber haben die ganze Zeit nur rumgeschrien“.