Arnsberg. Ab dem 9. Juni soll es die Bahncards 25 und 50 nur noch für das Smartphone geben. Arnsbergs Seniorenbeirat kritisiert die Pläne.

Zwei, drei Klicks und schon ist die Bahncard auf dem Smartphone - kann jederzeit und überall vorgezeigt werden. Eigentlich in Zeiten der Digitalisierung nichts Neues. Doch ab dem 9. Juni soll es die Bahncards 25 und 50 nur noch als digitales Produkt auf dem Handy geben. Herwig Scharpe, Mitglied des Seniorenbeirats der Stadt Arnsberg, sieht darin einen „klassischen Fall von Altersdiskriminierung“.

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„Knapp die Hälfte der Menschen, die älter als 65 Jahre alt sind in Deutschland, haben kein Smartphone“, sagt er, „Das zeigt eine Umfrage des Branchenverbandes Bitkom. In der Altersklasse Ü80 ist laut Statistischem Bundesamt nur jeder Dritte online. 17 Prozent der Deutschen nutzen keine E-Mails.“

Papier-Ausdruck statt Digitalcard weiterhin möglich

Wer kein Smartphone habe, sei in der Regel überdurchschnittlich alt, habe unterdurchschnittlich viel Geld und sei extrem sensibel, was den Umgang mit persönlichen Daten angehe. All diese Menschen schließe die Deutsche Bahn mit dieser Neuerung aus.

„Reisende, die noch nicht auf eine analoge Alternative verzichten möchten, können zunächst ihre aktuell gültige BahnCard 25/50 Plastikkarten bis zu dem aufgedruckten Gültigkeitsende nutzen“, teilt ein Bahnsprecher auf Nachfrage dieser Redaktion mit, „Und Reisende können auch in Zukunft statt der App einen Papier-Ausdruck ihrer BahnCard im Zug vorzeigen.“

Jeder Bahncard-Reisende könne in entsprechendem Kundenkonto auf bahn.de ein solches Ersatzdokument (eine Bahncard 25/50 in Form eines PDF-Dokuments mit QR-Code) abrufen und bei Bedarf auf Papier ausdrucken. „Wir haben unsere Kundinnen und Kunden in den vergangenen Wochen umfangreich zu dieser Möglichkeit informiert“, so der DB-Sprecher weiter. Wem das Selbstausdrucken gar nicht möglich sei, der könne einen solchen Ausdruck auch im Reisezentrum erhalten – selbstverständlich kostenlos.

Altersdiskriminierung bei einer sozialen Bundesregierung

Jedoch benötigten alle Reisende mit Bahncard ein Kundenkonto. Ein solches werde beim Kauf der Bahncard im Reisezentrum durch die beratende Person automatisch angelegt. Dazu sei es nötig, eine E-Mail-Adresse anzugeben.

„Schon seit Oktober 2023 werden die Sparpreis-Tickets selbst am Schalter nicht mehr einfach so verkauft, sondern nur noch, wenn man eine E-Mail-Adresse oder Handynummer hinterlegt“, sagt Herwig Scharpe. „Wer günstig Bahn fahren will, ist also gezwungen, digital und mit Smartphone unterwegs zu sein.“ Es seien vor allem Senioren, die offline sind. Und bei der Bahn damit offenbar Kunden zweiter Klasse.

Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie kein Internet nutzen, benachteiligt und von Mobilitätsangeboten ausgeschlossen werden! Das ist ein klassischer Fall von Altersdiskriminierung! Das bei einer ‚sozialen‘ Bundesregierung!
Herwig Scharpe

Ihn stört es, dass die Bundesregierung nicht eingreife, was ihre Pflicht wäre - als hundertprozentige Eigentümerin der Deutschen Bahn. „Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie kein Internet nutzen, benachteiligt und von Mobilitätsangeboten ausgeschlossen werden! Das ist ein klassischer Fall von Altersdiskriminierung! Das bei einer ‚sozialen‘ Bundesregierung!“

Gibt es eine Lösung für Arnsbergs Seniorinnen und Senioren?

Noch nie hätten so viele Menschen Ihr Ticket bei der Deutschen Bahn digital gebucht wie heute, stellt der Bahnsprecher fest. Im Fernverkehr würden heute 90 Prozent aller Tickets digital über bahn.de oder die App DB Navigator gekauft. Vor zehn Jahren seien es noch 51 Prozent gewesen. Und selbst im Nahverkehr würden mittlerweile 78 Prozent der Tickets digital gebucht.

„Vor zehn Jahren haben unsere Fahrgäste weniger als zehn Prozent aller Nahverkehrsfahrkarten digital gekauft. Besonders das digitale Deutschland-Ticket hat hier für einen zusätzlichen Push gesorgt: Seit Einführung hat sich der Anteil der digital gekauften Nahverkehrstickets mehr als verdoppelt. Wir sehen also: Deutschland ist viel digitaler als man denkt!“

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Einmal in der App DB Navigator hochgeladen, sei die digitale BahnCard immer und überall dabei und könne nicht mehr verloren gehen. Außerdem könnten Nutzerinnen und Nutzer ihre Daten bequem selbst ändern.

„Dazu ist der Verzicht auf Plastikkarten auch noch nachhaltig: 30 Tonnen Plastikmüll pro Jahr spart die Deutsche Bahn dadurch ein“, so der DB-Sprecher abschließend. Herwig Scharpe sucht indes nach Lösungsansätzen für all diejenigen, die noch analog unterwegs sind: „Könnte man für die Arnsberger Senioren nicht eine Sonderregelung mit Beratung im Bahnhofsgebäude initiieren oder eine Schulung für Senioren, damit jeder Zugang zur Mobilität hat?“