Hüsten. Nach Streit um „Bauchfrei-Verbot“ an der Realschule: Jogginghosen, bauchfreie Shirts - das richtige Outfit für die Schule? Ein Pro und Contra.

Eine Lautsprecherdurchsage sorgt für Zündstoff. Denn darin enthalten ist ein „Bauchfrei-Verbot“ für Schülerinnen der Realschule Hüsten - und ein „Jogginghosen-Verbot“. Eltern sehen in diesem Vorgehen eine Diskriminierung, insbesondere gegenüber Mädchen, die im 21. Jahrhundert inakzeptabel sei. Aber stellen kurze Röcke und bauchfreie Shirts die richtigen Outfits für die Schule dar? Unsere Redakteure Thora Meißner und Eric Claßen diskutieren.

Pro: Jugendliche haben genügend Grips! (von Thora Meißner)

Mit Jogginghose und bauchfrei in die Redaktion? Niemals. Das ist so gar nicht meins. Ebenso sind aber auch Blazer und Anzughosen nichts für mich. Jeans, Sneaker und Shirt - fertig. Dennoch: Ich werte mein Gegenüber nicht ab, nur weil es mit einer Jogginghose vor mir steht; oder mit einem bauchfreien Shirt; oder einer zu kurzen Shorts. Erstrecht dann nicht, wenn Jugendliche vor mir stehen. Denn diese jungen Menschen sind nicht darauf aus, von mir reglementiert zu werden. Sie sind auch nicht darauf aus, „meiner großen Weißheit des Lebens“ zu folgen. Sie wollen respektiert werden. Gehört werden. Und das auf Augenhöhe. Geht das nur, wenn sie Jeans und „ordentliches T-Shirt“ tragen?

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Apropos Jeans. War diese nicht 1850 von Levi Strauss für Goldgräber gefertigt - mit nachfolgender Patentierung 1873? Und wurde die Nietenhose nicht rund 100 Jahre später (1950) zum absoluten Kultobjekt für amerikanische Jugendliche? Sie trugen sie als Protest gegen Eltern und Politik. Die Folge: US-Schulen verboten sie. Naja, zumindest bis James Dean und Co. sie in Hollywood-Filmen berühmt und damit salonfähig machten. Joschka Fischer trug sie 1985 mit Turnschuhen und Sakko am Tag seiner Vereidigung als Umweltminister. Was den Trend der Jogginghose betrifft, so brachte Designer Alexander Wang sie 2008 auf den Mode-Laufsteg. Und auch „Cropped T-Shirts“ gibt‘s nicht erst seit gestern - ihre Geschichte reicht bis in die 1940-er zurück. Und sie sind noch heute Trend. Zeiten ändern sich - und damit ändert sich auch die Gesellschaft und ihre Vorliebe für Mode.

Mal ehrlich: Jugendliche haben genügend Grips, um sich auszuprobieren und zu checken, zu welchen Anlässen welcher Kleidungsstil „angemessen“ ist - wobei sich da ja auch die Frage stellen lassen muss, was überhaupt „angemessen“ ist. Denn sich hier auf die „Vorbereitung auf die Berufswelt“ zu stützen, ist wenig sinnvoll. Es sei denn, man möchte seine Schülerinnen und Schüler demnächst im Blaumann sehen.

Contra: Disziplin in der Schule schadet nicht (Eric Claßen)

Wir leben in der Moderne und sicherlich muss heutzutage keine Schülerin und kein Schüler mehr herumlaufen wie in den 1950er-Jahren. Gegen Individualität habe ich nichts, allerdings sollte man auch in der Schule eine gewisse Etikette wahren. Jogginghosen mögen mittlerweile bisweilen teurer sein als so manche Jeans oder Stoffhose. Und bequem sind sie natürlich auch, aber das darf noch lange nicht ein Freifahrtschein dafür sein, dass man sie immer und überall trägt. Eine Schule ist eine Bildungseinrichtung und ein Ort, wo in einem gewissen Maße Disziplin und Ordnung eine Rolle spielen sollten.

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Das heißt nicht, dass ich erwarte, dass Mädchen künftig im Armani-Kostüm im Unterricht sitzen, als würden sie gleich noch im Anschluss in der Anwaltskanzlei arbeiten. Jungs müssen auch nicht mit Anzug und Krawatte über den Pausenhof schlendern, als wäre man auf einem Elite-Internat. Aber ein paar vernünftige Hosen und dazu meinetwegen das T-Shirt der angesagten Lieblingsband sind nicht zu viel verlangt. Und das sollte auch im Sinne der meisten Eltern sein.

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Außerhalb der Schulzeit bleibt dann immer noch an den Nachmittagen, am Wochenende und im Urlaub genügend Zeit, um bauchfrei, in Jogginghosen oder wie auch immer durch die Gegend zu laufen. Die Vorgaben der Realschule in Hüsten sollten die Jugendliche zumindest ein bisschen auf das spätere Berufsleben vorbereiten, denn wenn man nicht gerade Popsängerin oder Profisportler wird, wird man an seinem Arbeitsplatz mit einigen dieser Looks Probleme bekommen. Denn an dieser Stelle muss ich vehement widersprechen. Wenn ich es in jungen Jahren nicht lerne, wo ich mich wann angemessen kleide, wird es im fortgeschrittenen Alter immer schwerer fallen, dies in Situationen richtig einzuschätzen. Denn auch dies ist ein Lernprozess.