Sundern. Die Sunderner Künstlerin Doris Mörchen entwirft Unikate aus Wegwerfartikeln - manchmal mitten in der Nacht. Als Inspiration dient ihr die Natur.

Alles begann mit einem Schiffsmodell. Als junges Mädchen half Doris Mörchen ihrem Vater beim Aufbau der „Adler von Lübeck“. Mit jeder Menge Akribie und geschickten Fingern werkelte Doris Mörchen an dem Nachbau des ehemaligen Kriegsschiffs der Hanse. „Mein Vater bat mich, bei der Takelage zu helfen, denn er meinte damals, für seine großen Finger sei diese Arbeit viel zu filigran.“

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Generell sei im Elternhaus von Doris Mörchen viel gebastelt, repariert und gewerkelt worden. „Ich musste überall helfen. Deswegen habe ich auch gelernt, Laminat zu verlegen und zu tapezieren.“ Später, als sie ihr erstes eigenes Auto besaß, musste die Sundernerin selbstständig Reifen wechseln und den Unterboden des Fahrzeugs instand setzen. „Mein Vater hat mich dazu angespornt. Ganz ehrlich, damals habe ich es gehasst, weil es mit Arbeit verbunden war. Aber heute bin ich sehr froh und dankbar, dass ich diese Fähigkeiten alle beherrsche“, so Doris Mörchen.

Heutzutage werkelt die gelernte Stickerin in ihrem Kreativ-Atelier in Sundern. Dort stellt sie aus Abfällen und Gegenständen, die sonst auf dem Müll gelandet wären, wahre Kunstwerke, Dekoartikel und Accessoires her. „Wir sind eine Wegwerf-Gesellschaft geworden. Dabei gibt es so viele Gegenstände und Materialien, die man wiederverwenden kann.“

Diesen Nachbau des Hanse-Schiffs „Adler von Lübeck“ hat Doris Mörchen gemeinsam mit ihrem Vater in jungen Jahren gebastelt.
Diesen Nachbau des Hanse-Schiffs „Adler von Lübeck“ hat Doris Mörchen gemeinsam mit ihrem Vater in jungen Jahren gebastelt. © Eric Claßen | Eric Claßen

Aus gebrauchten Jeanshosen, Krawatten und Füllmaterial entstehen Kissen. Alte Dosen verwandelt Mörchen in Weihnachtsschmuck. Sie gehe über Flohmärkte, bekomme auch Gegenstände von Freunden, Nachbarn und Bekannten angeboten. „Wenn ich dann ein Teil sehe, das ich vor der Mülldeponie bewahre, heißt das nicht, dass ich direkt weiß, was ich damit anfange. Manchmal nehme ich es einfach nur mit, lasse es eine Zeit lang liegen und warte dann darauf, dass ich eine Idee dazu entwickle. Ich suche in der Regel keine Gegenstände bewusst, vielmehr finden sie mich“, sagt sie mit einem Lächeln.

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Mittlerweile müsse sie sich bremsen, was das Thema Flohmarktbesuche und Haushaltsauflösungen betrifft. „Mein Stauraum zu Hause ist begrenzt. Ich kann nicht alles sammeln, was ich interessant finde.“ Trotz der Fülle verschiedener geretteter Gegenstände herrscht bei ihr im Atelier kein Chaos. Sauber geordnet ist alles in Regalen und Kisten verstaut. „Ich muss doch den Überblick haben, was ich wozu gerade benötige. Da wäre Unordnung schädlich.“

Selten bin ich auf Anhieb zufrieden mit einem Objekt. Oftmals lasse ich es tage- oder sogar wochenlang liegen, um dann in einer kreativen Phase wieder zu dem Objekt zurückzukehren.
Doris Mörchen - Künstlerin aus Sundern

Noch immer werde sie von manchen Personen belächelt, wenn sie darüber berichte, was ihr Hobby sei. „Leider nimmt das nicht jeder ernst“, erklärt Doris Mörchen. Dabei stecke eine Menge Arbeit dahinter. Durch Fortbildungen in Stuttgart und Hannover bei der Kunsthochschule habe sie auch ein Gespür für den Umgang mit Farben entwickelt.

Viele ihrer Objekte durchlaufen regelrechte Prozesse. „Selten bin ich auch Anhieb zufrieden damit. Oftmals lasse ich es tage- oder sogar wochenlang liegen, widme mich anderen Aufgaben.“ Die 64-Jährige genießt es nach eigener Aussage, in ihrem Vorruhestand unter keinem Zeitdruck zu stehen. „Ich bin davon überzeugt, dass unter Druck keine Kreativität entstehen kann!“

Künstlerin Doris Mörchen entwirft in ihrem kleinen Atelier Weihnachtsschmuck.
Künstlerin Doris Mörchen entwirft in ihrem kleinen Atelier Weihnachtsschmuck. © Eric Claßen | Eric Claßen

Aus diesem Grund nehme sie auch keine Auftragsarbeiten an. „Dann bin ich gezwungen, bis zu einem gewissen Zeitpunkt ein Ergebnis zu präsentieren. Das schränkt mich ein.“ Bisweilen könne es auch passieren, dass sie von einzelnen Arbeiten in der Nacht träumt. „Ich bin sogar schon um 4 Uhr in der Früh aufgestanden und habe dann zwei Stunden in meinem Atelier gearbeitet. Und dann bin ich um 6 Uhr zufrieden zurück ins Bett gegangen.“

Es seien Impulse, die sie zu den Arbeiten verleiten. „Inspiration hole ich mir aber auch in der Natur. Dort kann ich Muster erkennen, die ich dann wiederum in meine Arbeiten einfließen lasse.“ Stets denke sie bei allen Objekten auch an die Praktikabilität. „Ich entwerfe nichts, was als Dekoration für außen gedacht ist, aber Regen nicht standhalten kann. Der Nutzen muss da sein.“

Neues aus dem Kreis

Beim Frühlingsfest in Sundern hat Doris Mörchen erstmals vor großem Publikum ihre Objekte ausgestellt. Seit zwei Jahren ist ihr Gewerbe offiziell angemeldet. Nachdem sie 2015 aus gesundheitlichen Gründen aus ihrem Beruf als Stickerin ausscheiden musste, hat sich die Künstlerin intensiver ihrem Hobby gewidmet. Mittlerweile hat die Sundernerin eine eigene Internetseite und einen kleinen Katalog entworfen, wo Interessierte ihre Objekte sehen können. Für Vertreter der Vereine aus Kunst und Kultur in Sundern ist Doris Möhrchen noch „zu frisch“, Nachfragen beim Kulturring und anderen ergeben, dass man „neugierig“ sei auf die Sundernerin sei.

Das alte Schiffsmodell von ihrem Vater hat Doris Mörchen übrigens bis heute verwahrt. Stolz präsentiert sie den Segler, mit dem die Hanse einst die Weltmeere eroberte, in ihren eigenen vier Wänden. „Der ist ganz schön in die Jahre gekommen“, stellt sie bei näherer Betrachtung fest. „Ich glaube, ich muss bald noch einmal die Takelage reparieren.“