Arnsberg. Nach Gerichtsurteil zum „rechtsextremistischen Verdachtsfall AfD“: Können Mitarbeitende im Landesdienst ihren Job und Beamtenstatus verlieren?

Das noch nicht rechtskräftige Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster ist eindeutig: Der Verfassungsschutz darf die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen. Aber wirkt sich dieses Urteil auf Mitarbeitende des Landes NRW aus? Und wenn ja, wie?

„Der Bundesverband der AfD wird vom BfV (Anm. d. Red.: Bundesverfassungsschutz) als sogenannter Verdachtsfall beobachtet. Die Rechtmäßigkeit der Beobachtung hat das OVG Münster bestätigt. Im Landesverband Nordrhein-Westfalen der AfD werden die Teilstrukturen ‚Junge Alternative Nordrhein-Westfalen‘ und ‚Völkisch-nationalistischer Personenzusammenschluss innerhalb der Alternative für Deutschland (AfD), ehemals Flügel‘ vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen als Verdachtsfall beobachtet“, teilt eine Sprecherin des Innenministeriums mit. „Auf die Bewertung des Landesverbandes der AfD in NRW hat das Urteil unmittelbar keine Auswirkungen.“

Zu Beginn keine „Gesinnungsprüfung“

Und dennoch: Wenn sich eine unterrichtende Person einer Schule in NRW in einer verfassungsfeindlichen Organisation engagiert, ist davon auszugehen, dass sie nicht mehr für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt. Genau das aber wird beim Eintritt in den Schuldienst beispielsweise verlangt.

Mehr aus der Schule

„Einstellungen in den Schuldienst – wie grundsätzlich in den öffentlichen Dienst - erfolgen nach dem Grundsatz der sogenannten Bestenauslese (Eignung, Leistung und Befähigung). Die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei wird im Rahmen dessen und auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht erfasst. Im Rahmen der Einstellung erfolgt keine ‚Gesinnungsprüfung‘, jedoch sind alle Lehrkräfte - unabhängig von der Art ihres Beschäftigungsverhältnisses - verpflichtet, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu bekennen. Dies geschieht in der Form des Diensteides bei Beamtinnen und Beamten bzw. durch ein entsprechendes Gelöbnis bei Angestellten“, erklärt Jörg Harm, Sprecher im Ministerium für Schule und Bildung.

Freigestellt und „aus dem Dienst entfernt“

Ist eine Lehrkraft Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Organisation, werde angenommen, dass die Person nicht (mehr) für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintrete. Dies sei jedoch z.B. im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zu ermitteln und anhand der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.

Soweit eine Person nachweislich nicht (mehr) für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt, kann diese im Einzelfall - auch vorläufig - „aus dem Dienst entfernt“ werden. Bei Beamtinnen und Beamten ist dies im Rahmen einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst möglich. „Ob das Verhalten bzw. die Mitgliedschaft einer verbeamteten Person von einer entsprechenden inneren verfassungsfeindlichen Überzeugung getragen wird, ist vom Disziplinargericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen“, so Harm.

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Die Folge? Bei Tarifbeschäftigten sei eine Kündigung erforderlich. Während einer disziplinarrechtlichen Ermittlung kann eine Suspendierung bzw. Freistellung vom Dienst ausgesprochen werden. „Nach dem Landesdisziplinargesetz Nordrhein-Westfalen (Paragraph 3) können Ruhestandsbeamtinnen und -beamte bei einer Mitgliedschaft in verfassungsfeindlichen Organisationen ebenfalls aus dem Beamtenverhältnis ‚entlassen‘ werden.“

Haltung zeigen - Konsequenzen ziehen

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW) positioniert sich glasklar. „Sollte es dazu kommen, dass sich Lehrkräfte radikalisieren und extremistische Haltungen und Positionen in die Schule tragen, sind Schulleitung und Schulaufsicht zum Handeln aufgerufen und alle Möglichkeiten unseres Rechtsstaates sind zu prüfen und anzuwenden“, so die Landesvorsitzende Anne Deimel aus Arnsberg.

Sollte es dazu kommen, dass sich Lehrkräfte radikalisieren und extremistische Haltungen und Positionen in die Schule tragen, sind Schulleitung und Schulaufsicht zum Handeln aufgerufen und alle Möglichkeiten unseres Rechtsstaates sind zu prüfen und anzuwenden.
Anne Deimel - Verband Bildung und Erziehung (VBE NRW)

Der VBE NRW sehe seine Aufgabe in einer klaren Haltung für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten und lehne daher jede extremistische Haltung innerhalb des eigenen Verbands, in Gesprächen und Kooperationen und in den Schulen ab.