Hüsten. Per Lautsprecher-Durchsage verbietet die Schulleitung Jogginghosen und bauchfreie Shirts. Eltern sehen darin aber eine „Diskriminierung“.
Keine rücken- und bauchfreien Shirts, die Schultern sollen ebenfalls bedeckt sein. Keine Jogginghosen. Keine kurzen Röcke. Diese Durchsage, die es während einer zweiten Schulstunde in der vergangenen Woche an der Realschule Hüsten gegeben haben soll, stößt bei einigen Schülerinnen und Schülern auf Unverständnis. Zwei Mütter sehen in diesem Vorgehen eine Diskriminierung - insbesondere gegenüber Mädchen.
„Warum sollen meine Kinder nicht das tragen, worin sie sich wohlfühlen? Und wenn das nun einmal die Jogginghose ist, warum nicht?“, sagt Anna Falcone, Mutter zweier Töchter. „Für mich stellt das eine Diskriminierung dar - es geht ja vorwiegend um Kleidung, die Mädchen tragen, die ‚verboten‘ wird.“
Es geht nicht um einen Zentimeter Bauch
Ihre Töchter trügen das, was ihnen am besten gefalle - und das in Eigenverantwortlichkeit. Sie kann nicht verstehen, wieso das im 21. Jahrhundert noch diskutiert werde. Zumal Jogginghosen heutzutage zur Mode gehörten. „Ich gehe sogar in Jogginghosen zur Ratssitzung“, sagt sie. Denn sie ist Ratsmitglied für „Die Partei“ in Arnsberg. „Jogginghosen sind einfach bequem.“
Jogginghosen gehörten zum Erscheinungsbild von Jugendlichen, da stimmt Schulrektorin Patricia Ihme zu. „Es ging auch nicht darum, die Jogginghose komplett aus dem Schulalltag zu verbannen, sondern vielmehr um das Anbehalten nach dem Sportunterricht“, sagt sie. Wenn ein Schüler bzw. eine Schülerin in der zweiten Stunde noch eine Jeanshose trage, in der dritten Stunde Sport habe und in der vierten Stunde mit einer Jogginghose im Unterricht sitze, wisse jeder, dass er bzw. sie sich nach dem Sportunterricht nicht umgezogen habe. „Aus hygienischen Gründen ist das untragbar“, sagt sie.
Kleiderordnung: Gesetzliche Grundlage
Zudem gebe es an der Schule schon seit ein paar Jahren die Regelung, dass keine bauchfreien Shirts getragen werden. Das sei damals sogar von den Schülerinnen und Schülern selbst angestoßen worden. „Das ging dann auch durch die Schulkonferenz und war damit beschlossen.“ Es handele sich hierbei jedoch nicht um Shirts, die den Blick auf „einen Zentimeter Bauch“ zuließen, sondern wirklich um Kleidungsstücke, die einem BH ähnelten.
Gemäß § 42 Abs. 8 Schulgesetz NRW kann die Schulkonferenz (vgl. § 65 Abs. 2 Nr. 28 SchulG) eine einheitliche Schulkleidung empfehlen, sofern alle in der Schulkonferenz vertretenen Mitglieder zustimmten, merkt Anna Falcone an. Sie fühlt sich durch diese Gesetzgebung darin bestätigt, dass es die persönliche Angelegenheit der Schüler und deren Eltern ist, was sie an Kleidung tragen und was nicht. „Das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und das Erziehungsrecht der Eltern schützen diese Angelegenheit“, sagt sie. Eine zwangsweise Einführung für alle Lernenden an der Schule sei nicht möglich - und damit sei auch kein Verbot aussprechbar.
„Die Jugendlichen wissen, wann sie was tragen können“
Es sei auch wichtig für die Schülerinnen und Schüler zu wissen, was angemessene Kleidung sei und zu welchen Anlässen sie wie gekleidet sein sollten. „Später im Berufsleben müssen die Schüler immerhin auch angemessene Kleidung tragen“, argumentiert Schulleiterin Ihme.
Anna Falcone hingegen kann diese Aussage nicht nachvollziehen. „Die Jugendlichen wissen schon, was sie tragen können und was nicht“, sagt sie, „man sollte sie nicht immer unterschätzen.“ Aber sie wiederholt: „Ich gehe sogar in Jogginghose zur Ratssitzung.“ Unverständlich, warum - insbesondere auch Mädchen - nicht einfach tragen könnten, was sie wollten und worin sie sich wohlfühlten.
Auch interessant
- Parkdruck in Hüsten: Parkdeck am Klinikum als konkrete Idee
- Frau schießt Vogel ab: Michelle Sommer regiert Unterhüsten
- Aufnahmestopp: Wie komme ich an einen neuen Hausarzt?
Mit dieser Meinung steht sie offenbar nicht allein, denn eine weitere Mutter bestätigt, dass den Schülerinnen und Schülern - laut deren Aussagen - sogar angedroht worden sei, dass sie aufgrund ihres Outfits nach Hause geschickt werden könnten. Auch ihre Tochter sei ein Mädchen, das sich modisch gerne einmal ausprobiere. „Willst du dich echt mit der Ihme anlegen?“, habe es kürzlich von Mitlernenden geheißen. Außerdem sei in der Lautsprecherdurchsage noch die Rede von Trikots gewesen. Diese sollten aufgrund möglicher Konfliktpunkte zur EM nicht getragen werden.
Schulleiterin Patricia Ihme jedoch sagt: „Deswegen wird natürlich niemand nach Hause geschickt - aber auf jeden Fall wird ein Vieraugengespräch geführt.“