Arnsberg. Bewohner in sechs Häusern an der Breslauer Straße im Arnsberger Ortsteil Gierskämpen sind seit Tagen von der Versorgung abgeschnitten.
Lage unverändert - auch am Freitag, 17. Mai, noch immer kein Strom: „Die Situation in den Häusern in der von Ihnen genannten Straße in Arnsberg ist unverändert. Auch weiterhin gilt: Sobald der Umstand, der zu der Sperrung führte, behoben wurde, stellen wir die Versorgung wieder her“, teilt eine Sprecherin des Energieversorgers E.ON, der die Breslauer Straße mit Strom versorgt, mit.
Um es erneut vorwegzunehmen: Die betroffenen Mieter haben nichts versäumt, nichts falsch gemacht, sind nichts schuldig geblieben. Trotzdem gibt es in mindestens sechs Häusern im Arnsberger Ortsteil Gierskämpen seit Tagen keinen Strom. Was ist passiert?
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Am Montag, 29. April, sei der ‚Allgemeinstrom‘ gesperrt worden - „weil der Eigentümer der Immobilien nicht bezahlt hat“, berichtet Danny Kalkwarf im Gespräch mit der Redaktion. Kalkwarf ist selber Mieter; er lebt in einer Wohnung im Haus Breslauer Straße 8. Dieses - so wie weitere in der Straße - gehören der REA Wohnen GmbH mit Firmensitz in Pullach bei München. In den Wohnungen gebe es noch Strom, so der Hausbewohner weiter, aber im Hausflur und im Keller - „alles tot“. Er selber habe vor einigen Tagen Mitarbeiter der Firma Westnetz aus dem Haus kommen sehen, erzählt Kalkwarf, seitdem ist der zentrale Stromzähler im Keller verplombt (siehe Foto). Diese Redaktion hat nachgefragt.
Grundsätzlich werde Westnetz als Dienstleister nur nach einer Beauftragung durch einen Energielieferanten tätig, um Zähler zu sperren, sagt Julia Voß. „Das bedeutet, dass Westnetz Sperrungen von Stromzählern im Auftrag von Energielieferanten durchführt, die keine Zahlungen für ihre Stromlieferungen erhalten“, wird die Arnsberger Sprecherin der Westnetz GmbH konkreter. In der Regel gehe einer solchen Sperrung durch den Netzbetreiber ein längerer Prozess von Zahlungsversäumnissen, Mahnungen und Versuchen von Kontaktaufnahmen voraus. „Eine Entsperrung eines Zählers kann daher auch nur im Auftrag des Energielieferanten erfolgen“. so Voß. Genau das ist in der Breslauer Straße der Fall.
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Energielieferant ist E.ON - und eine Sprecherin des Versorgers teilt auf Nachfrage mit: „Wir können bestätigen, dass es in Häusern der genannten Straße in Arnsberg am 29. April 2024 zu Sperrungen gekommen ist.“ Grundsätzlich informiere man Kundinnen und Kunden im Rahmen des Mahnverfahrens immer vor einer möglichen Sperrung, diese werde zudem auch schriftlich angekündigt. Kundin ist in diesem Fall die REA - die ihre Mieter offensichtlich nicht informiert hat. Diese sind laut E.ON mit Blick auf ihre direkte Versorgung „safe“: „Hat ein Mieter einen eigenen Stromzähler, ist er für sein Mietobjekt üblicherweise selbst direkter Vertragspartner seines Stromversorgers“. teilt E.ON weiter mit.
Eine Sperrung ist immer nur das allerletzte Mittel
Grundsätzlich gelte außerdem: „Eine Sperrung ist immer nur das allerletzte Mittel. Bis sie angekündigt und dann tatsächlich auch durchgeführt wird, vergeht ein längerer Prozess. Das Prozedere ist rechtlich genau geregelt, die gesetzlichen Vorgaben bezüglich Sperrungen finden sich im Energiewirtschaftsgesetz sowie in den jeweiligen Grundversorgungsverordnungen (GVVs) für Strom. Muss von einer Sperrung Gebrauch gemacht werden, wird diese nicht von uns als Energievertrieb, sondern vom jeweils zuständigen Netzbetreiber durchgeführt.“ Und weiter: „Natürlich stellen wir die Versorgung wieder her, sobald der Umstand, der zu der Sperrung führte, vom entsprechenden Kunden behoben wurde“, baut E.ON der REA eine Brücke.
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Ob die Immobilienfirma sie überqueren wird? Danny Kalkwarf ist skeptisch. Der Eigentümer investiere seit längerer Zeit rein gar nicht in die Häuser, kritisiert er. Ein Beispiel: In einigen der Häuser müssten Mieter seit über einem Jahr ohne Heizung leben, und jeder Versuch einer Kontaktaufnahme werde ignoriert. Er selbst wehrt sich so gut es eben geht. „Ich bin im Mieterverein“, sagt Kalkwarf. Doch auch dessen Versuche zu vermitteln, seien bislang im Sande verlaufen. Seine Nebenkostenabrechnung habe er prüfen lassen, anschließend wurde ein Anwalt eingeschaltet. „Auf dessen Initiative hin habe ich meine Miete um 30 Prozent gekürzt“, so der Bewohner aus „Nummer 8“, daraufhin flatterte vor einigen Wochen prompt eine Mahnung ins Haus - über 800 Euro. Darauf habe er nicht reagiert. Offenbar hat auch die Stadt Arnsberg Probleme mit diesem Vermieter. Allerdings fällt die Stellungnahme aus dem Rathaus dazu knapp aus: Die Stadt Arnsberg habe in der „Breslauer Straße“ im Stadtteil Arnsberg Wohnungen für Geflüchtete aus der Ukraine angemietet, heißt es. Zu Stromsperrungen äußert man sich nicht. Doch das Verhalten der REA ist offensichtlich kein Einzelfall:
„Eigentümer zahlte monatelang nicht – Stromsperre in Berga im letzten Moment gestoppt“, titelt die Ostthüringische Zeitung (OTZ) in einem Bericht aus November 2022. Seinerzeit wurden Mieter einer Wohnanlage im ehemaligen Nachtsanatorium der Wismut in Berga kalt erwischt: Die Thüringer Energie AG (Teag) wollte den Strom für Treppenhaus, Keller, Außenlicht und für die Heizanlage abstellen - im Winter, wohlgemerkt. „Wir haben auf unsere vielfachen Anschreiben und Anrufversuche nie eine Antwort erhalten. Denn es muss schon viel passieren, dass die Teag zum letztmöglichen Mittel einer Stromsperre greift“, wurde der örtliche Versorger zitiert, „es ist schon schlimm, wenn das mitten in der kalten Jahreszeit gemacht werden müsste.“ Inzwischen sei Geld geflossen und die Stromsperre finde nicht statt, so der Teag-Sprecher dann einige Tage nach der Presseberichterstattung.
Muss es auch in Arnsberg erst Winter werden? Die Redaktion hat per E-Mail (eine gültige Telefonnummer war nicht zu recherchieren) bereits vor einigen Tagen um eine Stellungnahme gebeten. Eine Antwort steht immer noch aus.