Arnsberg. Gericht muss entscheiden, ob Angeklagter wegen Sucht untergebracht werden muss. Zeuge: „Nüchtern ein feiner Kerl. Nur wann ist er mal nüchtern?“

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Der zweite Verhandlungstag gegen den 53-jährigen Arnsberger vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichtes, dem von der Staatsanwältin mehr als 60 Straftaten vorgeworfen werden, war komplett mit sechs Zeugenvernehmungen ausgefüllt. Er selbst, der sich grundsätzlich für eine Aussage entschieden hat, kann zu den einzelnen Vorkommnissen, die fast alle entweder in der kommunalen Unterkunft an der Werler Straße in Neheim oder in einem Wohnhaus in der Hammerweide in Alt-Arnsberg stattgefunden haben, wenig beitragen, weil er bei der Begehung der Delikte immer stark unter Alkohol- oder zugleich auch unter Drogeneinfluss gestanden hatte.

Das Gericht aber muss, um zu einer gerechten Beurteilung der einzelnen Taten zu kommen, Beweise für die Vorwürfe haben: Der Angeklagte will in der Zeit der Vorwürfe, von 2020 bis 2022, täglich zwischen zwei und drei Flaschen Wodka getrunken haben. Dann sei er höchst aggressiv und schlage schnell zu und beleidige die Leute.

So auch Mitte April 2022, als durch Wohnungsnachbarn die Polizei gerufen wurde, und er diese schwer beleidigte und Widerstand leistete, als er zur Wache verbracht werden sollte. Ein Polizeibeamter als Zeuge: „Der Angeschuldigte stürzte mit erhobenen Fäusten auf uns zu, schrie mich mit den Worten Hurensohn und meine Kollegin mit Hure an, wehrte sich stark bei seiner Fesselung, schlief dann bei dem Transport zum Gewahrsam im Streifenwagen ein.“ Seine Mitbewohner von der Werler Straße berichteten, dass er dort mehrfach Türen eingetreten und Leute geschlagen habe.

„Wenn er nüchtern ist, ist er ein feiner Kerl, nur wann ist er nüchtern?“, so ein Geschädigter. Die Strafkammer wird im weiteren Verlauf des Prozesses, auch mit Hilfe eines Gutachters, feststellen, ob der Angeklagte in einem psychiatrischen Krankenhaus oder eventuell in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Bislang haben sich durch die Zeugenaussagen die staatsanwaltlichen Vorwürfe bestätigt.

Zudem bestreitet der Angeklagte diese auch nicht und gibt an, durch eine Therapie von seiner Sucht wegkommen und arbeiten zu wollen. Ob darauf eine Aussicht besteht, dazu wird der Gutachter zum Ende der Beweisaufnahme Stellung nehmen. Der auf sechs Tage angesetzte Prozess wird Anfang Mai fortgesetzt.

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Die Vorwürfe umfassen hauptsächlich Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung, Sachbeschädigung und tätliche Angriffe auf Polizeibeamte. Die außergewöhnlich hohe Anzahl krimineller Handlungen sowie seine Alkohol- und Drogensucht werfen Fragen zur Notwendigkeit einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus auf. Grundsätzlich wären die von ihm begangenen Delikte vor dem Amtsgericht verhandelt worden. Doch diese Unterbringungen können wegen ihrer tiefgreifen Einschnitte in die Freiheit eines Angeklagten nur von den Strafkammern des Landgerichtes angeordnet werden.

Der Angeklagte äußerte sich zu den Vorwürfen, soweit er sich an die Taten erinnern kann. „Die Vorwürfe könnten alle stimmen. Doch bin ich immer provoziert worden. Wenn ich besoffen bin, habe dann mindestens zwei Flaschen Wodka getrunken, dann ist meine Hemmschwelle sehr niedrig. Ich kann aber auch lieb sein. Die Geschädigten tun mir alle leid“, sagte er. Der Mann gab zu, selber auch reichliche Schläge erhalten zu haben, aber er habe nie eine Anzeige gemacht. „Am Ende war ich immer der Dumme. Ich möchte eine Therapie machen, arbeiten und ein normales Leben führen, weg von Arnsberg, denn sonst komme ich aus diesem Milieu nicht raus“, fügte er hinzu.

„Zeugen erzählen nur Mist“

Der Prozess wird voraussichtlich bis Ende Mai dauern, da das Gericht plant, alle Geschädigten als Zeugen zu hören. Der Angeklagte zeigte sich skeptisch gegenüber den Aussagen der Zeugen: „Sie brauchen keine Zeugen zu laden. Die erzählen sowieso nur Mist.“ Ein Psychologe hat den Angeklagten im Vorfeld untersucht und wird am Ende der Beweisaufnahme seine Ergebnisse präsentieren. Kommt er zu dem Schluss, dass von dem Arnsberger eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, könnte er in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen werden.