Arnsberg. Der neue Geschäftsführer ist angekommen: Mit unserer Zeitung spricht Oliver Vogel über Herausforderungen für die Stadtwerke Arnsberg.
Wasser findet er gut. Im Büro des neuen Geschäftsführers der Stadtwerke Arnsberg stechen Bilder vom Algarve-Strand in Portugal direkt ins Auge. „Da fahren wir gerne hin“, sagt Oliver Vogel. Der 41-jährige Familienvater mit zwei Kindern im Alter von fast einem und drei Jahren steht seit 1. Dezember vergangenen Jahres an der Seite von Jörg Freitag an der Spitze der städtischen Tochtergesellschaft. Zu einem der Kerngeschäfte des Versorgers hat er einen weiteren besonderen Bezug: In Körbecke groß geworden und wohnhaft, lebt er direkt am Möhnesee. „Und da ist es schon beeindruckend zu wissen, dass von dort ein großer Teil unseres Trinkwassers in Arnsberg kommt“, sagt er, „das ist gutes Wasser aus der Region“.
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Und so klingt es fast, als kam da etwas zusammen, was zusammengehört. Über eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten kam Oliver Vogel zum Studium nach Bielefeld (Wirtschaftsrecht/Vertragsmanagement). Nach einem ersten Job bei einem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Ostwestfalen wechselte er 2013 zu den Stadtwerken Soest, war dort in der Rechtsabteilung und im Personalmanagement und später in der Geschäftsführung der Netzgesellschaft Rietberg/Langenberg tätig. „Da habe ich mir gute Netzwerke aufgebaut und auch immer schon Kontakte zu Arnsberg gehabt“, erzählt Oliver Vogel, „als dann die Ausschreibung der Geschäftsführung kam, war die Bewerbung ein logischer Schritt. Die Stadtwerke Arnsberg und Soest haben seit Jahren eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft für Energie. Die neuen Aufgaben reizen den Körbecker: „Man kann in dieser Rolle noch strategischer und gestalterischer wirken“, sagt er und schwärmt von „der Vielfältigkeit der Aufgaben“.
Die Herausforderungen
„Die Energiebranche befindet sich in einem stetigen Wandel, dessen Tempo in den vergangenen zwei Jahren noch einmal deutlich zugenommen hat“, sagt Vogel. Die Geschäftsführung eines kommunalen Versorgungsunternehmens gebe dabei die strategische Marschroute vor, wie das Unternehmen mit den aus dem Wandel resultierenden Herausforderungen umgeht. Hinzu kommen Themen wie Fachkräftemangel, Klimaveränderung und die notwendige Fokussierung auf eine nachhaltigere, klimafreundlichere Wertschöpfung.
Lösungen finden
„Lösungen für diese spannenden und bedeutenden Themenfelder zu finden und umzusetzen, ist für mich eine zentrale Motivation“, sagt Oliver Vogel. Aufgrund der flachen Hierarchien bei den Stadtwerken könne agil und schnell auf neue Situationen reagiert werden. Vor dem Hintergrund der komplexen Aufgaben seien regionale Kooperationen mit anderen kommunalen Unternehmen und der Ausbau der eigenen Netzwerke besonders wichtig. „Dieser Weg, der von den Stadtwerken Arnsberg bereits seit Jahren erfolgreich beschritten wird, ist zukünftig von noch größerer Bedeutung“, sagt Vogel. Dabei gelte es, ihn weiter auszubauen, ohne dabei die Identität und Eigenständigkeit des Unternehmens zu verlieren.
Begleiter der Energiewende
Bei der Energiewende spricht Oliver Vogel von einer großen technischen Revolution. „Die Übersetzung von Klimaschutzzielen in konkrete Maßnahmen ist dabei die wesentliche Herausforderung. Die kommunalen Energieversorgungsunternehmen sind bei diesem Prozess ein wesentlicher Baustein“, weiß der neue Geschäftsführer. Lokale Kompetenz der Stadtwerke helfe dabei, Lösungen zu finden. Ein zentrales Thema werde die „Wärmewende“ sein. Mitte des Jahres werden die Stadtwerke bei der für alle Kommunen gesetzlich verbindlichen „Kommunalen Wärmeplanung“ eine bedeutende Rolle spielen. „Das wird in diesem Jahr auf den Weg gebracht“, kündigt Oliver Vogel an. Zunächst müssten Leistungspotenziale ermittelt, Daten zusammengetragen und Szenarien durchdacht werden. „Es wird ganz sicher nicht mehr nur die eine Lösung geben“, so der Stadtwerke-Geschäftsführer.
Die Stadtwerke verstehen sich als „ein wichtiges Scharnier zwischen Unternehmen, Verwaltung und Politik“. In dieser Rolle könnten die Stasdtwerke zu einem Treiber der Energie- und Wärmewende werden. „Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von wirtschaftlichen und nachhaltigen Projekten im Einklang mit den Klimazielen der Stadt Arnsberg und den Stadtwerken. Ich sehe da noch weiteres Potenzial“, sagt Oliver Vogel.
Kernaufgaben und neue Geschäftsfelder
Neben der Versorgung der Einwohner mit Gas, Strom und Wasser, des Kanalnetzbetriebes sowie der Parkraumbewirtschaftung sehen die Stadtwerke Energiedienstleistungen als die Kernaufgaben der Stadtwerke Arnsberg. Künftig soll ein Schwerpunkt auf dem Ausbau von nachhaltigen Energieerzeugungskapazitäten liegen - als Projektierer und Begleiter. „Wir streben an, PV-Freiflächen- und Windenergie-Projekte umzusetzen“, stellt Vogel klar. Ziel sei es, dass der Strombedarf der Einwohner vollständig durch regional erzeugten Strom gedeckt werden kann. „Einen weiteren künftigen Schwerpunkt stellt die Dekarbonisierung dar“, sagt Oliver Vogel. Als wesentlicher Begleiter der kommunalen Wärmeplanung wollen die Stadtwerke „ein Hauptaugenmerk auf die Quartiersentwicklung mit alternativen Wärmeversorgungskonzepten“ legen.
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Die Trinkwasserleitungen
In das Abwassernetz wird im Rahmen des fortgeschriebenen Abwasserbeseitigungskonzept regelmäßig investiert - ähnlich ist es bei den Trinkwasserleitungen. Das rund 431 km lange Trinkwasserleitungsnetz mit rund 18.500 Hausanschlüssen der Stadtwerke Arnsberg befindet sich nach Aussagen von Oliver Vogel „in einem guten Gesamtzustand“. Regelmäßige Investitionen seien nötig, um einen hohen Standard halten können. Dazu gehöre auch, jährlich in die Pumpstationen, Druckerhöhungs- und Druckminderanlagen, Trinkwasserspeicher und die Wasserwerke zu investieren. Aktuell wird zum Beispiel die Pumpstation Binnerfeld erneuert, es laufen Planungen zum Neubau eines Trinkwasserspeichers am Ruschenberg und es laufen Planungen zum Umbau der Entsäuerungsanlage im Wasserwerk Möhnebogen.
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Die Preisentwicklung
„Belastbare Aussagen zur Preisstabilität im Strom- und Gasbereich sind aufgrund sich schnell wandelnder Rahmenbedingen schwer möglich“, sagt Oliver Vogel. Aktuell würden sich die Börsenpreise wieder in Richtung Vorkrisenniveau bewegen. Dennoch sei ein Vergleich mit den Endkundenpreisen zu dieser Zeit aufgrund des deutlichen Anstiegs der Netzentgelte auf der Stromseite sowie der Einführung und des Anstiegs der CO2-Steuer auf der Gasseite wenig sinnvoll. „Als Ausblick ist mittelfristig mit steigenden Gaspreisen zu rechnen“, verweist Vogel datauf, dass die C02-Steuer in 2025 auf 55 Euro pro Tonne steigen werden, was auch der Mindestpreis für 2026 sein werde. Die Stromnetzentgelte würden ebenfalls weiter steigen, da sowohl die Übertragungsnetzbetreiber als auch die Verteilnetzbetreiber umfangreich in die Stromnetze investieren müssen. „Für eine Preisstabilität ist die Planbarkeit und Verlässlichkeit hinsichtlich der politischen Rahmenbedingungen sowie der Abbau der bürokratischen Anforderungen maßgeblich“, sagt Vogel und verweist auf Negativbeispiele, die die Kunden verunsichern würden.. „Immer neue Transparenz-Anforderungen an die Energierechnungen haben den gewünschten Zweck regelmäßig verfehlt, den bürokratischen Aufwand und den Umfang aber massiv aufgebläht“, kritisiert der Geschäftsführer. Der Wasserpreis ist weit weniger volatil. Die Stadtwerke Arnsberg hätten in den letzten zehn Jahren lediglich zweimal die Wasserpreise angepasst. „Gleichwohl werden auch die Kostenentwicklungen bezugsseitig und im Netzbetrieb kontinuierlich beobachtet und berücksichtigt werden müssen.“, so Vogel, „billger wird es aber sicher nicht“.
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Das Team
Bis zu 140 Mitarbeitende sind für die Stadtwerke tätig. „Und ich bin wirklich von allen super aufgenommen worden“, bedankt sich Oliver Vogel, „die Mitarbeitenden, die Bereichsleiter und vor allem mein Geschäftsführerkollege Jörg Freitag haben mich sehr offen und herzlich empfangen. Sie haben mir damit einen angenehmen Start bereitet“. Das Personalmanagement aber wird zur Herausforderung aufgrund des Faschkräftemangels und des demografischen Wandels „Die Gewinnung und vor allem die Aus- und Weiterbildung von qualifizierten Mitarbeitenden wird auch künftig die Grundlage für den Erfolg der Stadtwerke Arnsberg darstellen“. Ressourcen für die Personalgewinnung und -entwicklung müssten weiter aufgestockt werden. Zugleich müssten Potenziale und Möglichkeit technischer Unterstützung sowie der Einsatz von Robotik und künstlicher Intelligenz geprüft werden, um Mitarbeitende zu entlasten.