Müschede/Hüsten. Natur zum Anfassen gebe es im Naturschutzgebiet der Nabu-Stiftung nicht mehr, bemängeln Kritiker. Sie fragen: Was kostet das alles?

„Also alles tutti da oben auf dem Spreiberg?“, fragt Martina Geilker mit Blick auf unsere kürzlich veröffentliche Bestandsaufnahme zur Lage im Naturschutzgebiet. Die Beweidung im Zentrum des Areals zwischen Müschede und Hüsten habe sich eingespielt, auch die beiden Unterstände würden von den Rindern gut angenommen, sagte Inés Noll, Projektbeauftragte der Nabu-Stiftung dazu, außerdem lockten die Rindviecher viele Spaziergänger an.

„Hier ein paar Gedanken von Menschen, die das Projekt aus einem anderen Blickwinkel sehen“, hält Geilker im Namen der Bürgerinitiative „HüMü Spreiberg“ dagegen: „Weit gefehlt“, meint die BI-Vertreterin mit Blick auf öffentliches Interesse an den Weidetieren: „Sorgen um Parkplätze an der Schranke in Müschede braucht man sich nicht mehr zu machen. Auch der zweite Parkplatz Richtung Hüsten gähnt vor Leere. Wer geht schon gerne zwischen Elektrozäunen spazieren?“

Kritische Fragen zu den Kosten

In Letzteren sieht die Bürgerinitiative sogar eine Gefährdung: Der ein oder andere Erwachsene, einige Kinder und auch angeleinte Hunde hätten bereits Bekanntschaft mit dem Strom auf den Drähten gemacht. Fazit laut BI: „Fahren wir lieber mit dem Auto nach Amecke an das Vorbecken - oder Richtung Möhnesee“. Das allerdings verursache „Nabu-Folgekosten“ für viele. Womit das Stichwort Kosten gefallen ist: „Wir vermissen Angaben zu den Unterhaltskosten“, stellt Martina Geilker fest - und wird konkret: „Die Versorgung der Zäune mit Strom erfolgt nicht über Strom, der mit PV oder Windkraftanlagen erzeugt wurde. Wie hoch sind die Kosten? Welche Kosten entstehen für die Fahrten zur Zaunkontrolle, für zusätzliche Mäharbeiten, um die Zauntrasse frei zu halten, für Fahrten, um die Tiere mit Wasser und zusätzlichem Futter zu versorgen?“ Es handele sich um ein Projekt, das mit öffentlichen Geldern gefördert wird, daher sei die Frage nach den Kosten durchaus berechtigt (Anmerkung der Redaktion: Wir haben diese Fragen an die Nabu-Stiftung weitergeleitet, eine Stellungnahme aus der Berliner Zentrale steht noch aus.)

Martin Kuhlmann gehören die Rinder, die inzwischen auf dem Spreiberg weiden.
Martin Kuhlmann gehören die Rinder, die inzwischen auf dem Spreiberg weiden. © WP | Torsten Koch

Zurück zu den Rindern. „Kühe, auch wenn sie braun sind, sind für Sauerländer Kinder nicht unbedingt sehenswert, zumal es im Umkreis wuscheligere Kühe gibt. Diese kann man auch streicheln, weil kein Zaun vorhanden ist“, geizen die Aktiven der „HüMü Spreiberg“ nicht mit Kritik am Zustand der örtlichen Tierwelt - auch mit Blick auf die Schafherde, die an den Rändern der Fläche grast: Deren Anblick im Winter, auf einer matschigen, schneebedeckten Wiese ohne Schutzmöglichkeit, sei eher erbärmlich - also auch nichts für Kinder und Familie.

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Vor Übernahme des Naturschutzgebietes durch Nabu seien die Schafe frei auf dem Berg herumgelaufen - und fraßen, was ihnen schmeckte. „Heute sollen sie fressen, was Nabu gerne möchte“, meint Martina Geilker - und kontert direkt die von den neuen Besitzern des Areals bemängelte Anhäufung von „Häufchen“ an einigen Stellen dort: „Schuld sind mal wieder die Hunde und ihre Hinterlassenschaften. Vielleicht ist es aber auch das lange Gras, das den Schafen nicht schmeckt? Die Mitarbeiter eines Gartenbauunternehmens mähen ja nur den Bereich unter den Zäunen.“ Die Anhäufung von Hundekot sei durch die drastische Verringerung der Wege-Zahl und Wege-Auswahl sowie durch die Verengung der Wege praktisch provoziert, so die BI, deren Fazit wie folgt lautet:

„Alles in allem gibt es die Natur zum Anfassen auf dem Spreiberg nicht mehr, da hilft auch das Aufstellen von Informationstafeln oder Ähnlichem nicht. Im Teich nach Molchen schauen, im Gras liegen und den Geräuschen des Tages lauschen - Fehlanzeige: Das Quaken der Frösche ist, zumindest für die Besucher, verstummt.“