Neheim. Autor Jürgen Kehrer hat mit WP-Redakteur Eric Claßen über die Romanfigur gesprochen und erklärt, warum die Buch-Reihe vorerst endet.
Jürgen Kehrer hatte 1990 eine Idee, die sein ganzes weiteres berufliches Leben maßgeblich prägte. Der gebürtige Essener erfand die Romanfigur Georg Wilsberg. Der chronisch klamme Privatdetektiv aus Münster eroberte erst die Herzen der Literaturfreunde und später der Fernsehzuschauer, denn seit Mitte der 90er strahlt das ZDF die „Wilsberg“-Filme regelmäßig aus. Autor Jürgen Kehrer hat somit die Grundlage für eine der erfolgreichsten Krimiserien in Deutschland gelegt. Nun kommt der Schriftsteller zu einer Lesung am Samstag, 17. Februar, nach Neheim.
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Herr Kehrer, was verbinden Sie mit dem Sauerland?
Jürgen Kehrer: In meiner Kindheit bin ich mit meinen Eltern im Winter ein paar Mal zum Schlittenfahren im Sauerland gewesen. Ich kann mich aber auch an einen Sommerurlaub auf einem Bauernhof erinnern. Außerdem bin ich dann später als Erwachsener mit dem „Syndikat“ in Arnsberg auf einem Krimifestival gewesen. Bei dem „Syndikat“ handelt es sich um einen Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, dem Hunderte Autorinnen und Autoren angehören.
Das ist der Autor
Jürgen Kehrer wurde 1965 in Essen geboren. Nachdem er mehr als 40 Jahre in Münster gelebt hat, wohnt und arbeitet er nunmehr seit sechs Jahren in Berlin. 1990 erschien sein erster „Wilsberg“-Roman mit dem Titel „Und die Toten lässt man ruhen“. Mitte der 1990er Jahre fing das ZDF an, sich für die Romane zu interessieren und diese zu verfilmen. Von den rund 80 bisher veröffentlichten „Wilsberg“-Filmen basieren lediglich sieben auf Romanen von Jürgen Kehrer. Allerdings hat der Autor schon insgesamt 15 Drehbücher zur Serie selbst oder mit seiner Frau und Schriftstellerin Sandra Lüpkes geschrieben.
Nun kommen Sie zur Lesung nach Neheim und kündigen gleichzeitig an, dass der 21. Roman von „Wilsberg“ auch der letzte sein soll. Warum haben Sie sich dazu entschieden, obwohl der Erfolg nicht abreißt?
Kehrer: Jede Romanserie erlebt irgendwann ihr Ende. Irgendwann ist die Figur und alles drumherum auserzählt. Ich wollte einen Abschied mit Würde und deswegen habe ich mich jetzt dazu entschieden.
Worauf dürfen sich die „Wilsberg“-Fans denn zum Abschluss freuen?
Kehrer: Ich möchte natürlich nicht zu viel verraten, aber in dem letzten Buch werden Hintergründe des allerersten Romans noch einmal aufgegriffen. Viele Leser haben mich immer gefragt, warum Georg Wilsberg als Jurist seine Lizenz verloren hat und zum Detektiv wurde. Dahinter steckt ein alter Fall und den werde ich noch einmal aufrollen. Anfang und Ende in einer Geschichte sozusagen.
Gleichzeitig mit der Ankündigung des Endes der Romane haben Sie aber die Fans beruhigt und gesagt, dass die TV-Serie fortgesetzt wird.
Kehrer: Nicht alle Folgen basieren auf einzelnen Romanen von mir. Ich habe aber auch bislang 15 Drehbücher für Folgen geschrieben, zum Teil auch zusammen mit meiner Frau. Ich möchte auch weitere Filmdrehbücher schreiben, aber ich habe nicht Einfluss auf jede Produktion der Serie. Zum Teil sehe ich auch Folgen, deren Drehbücher ich nicht geschrieben habe, erst bei der Erstaustrahlung im Fernsehen. Der „Wilsberg“ im TV wird also weitergehen und die Fans müssen auf Figur künftig nicht ganz verzichten.
Gibt es denn wirklich in Zukunft keine Chance auf einen weiteren „Wilsberg“-Roman?
Kehrer: Das ist in nächster Zeit nicht geplant. Aber ich will es auch nicht für immer ausschließen (schmunzelt).
Als Sie damals angefangen haben, die ersten Wilsberg-Geschichten zu schreiben: Konnten Sie ahnen, dass Sie so erfolgreich werden und welche Eigendynamik das Ganze nimmt?
Kehrer: Das wäre reichlich vermessen gewesen. So etwas gelingt einem Autor in der Regel nur einmal im Leben - wenn überhaupt. Dass dann später auch die Fernsehserie so erfolgreich werden würde, stand auch nicht direkt fest. Im ersten Film hat noch Joachim Król die Rolle von Georg Wilsberg verkörpert. Diese Folge war aber nicht wirklich erfolgreich. Ein paar Jahre später hat das ZDF es dann mit einem neuen Hauptdarsteller - in diesem Fall Leonhard Lansink - probiert. Und das hat dann auf Anhieb gepasst. Auch mit den anderen Darstellern der Serie. Die Chemie passte und alles nahm seinen Lauf - bis heute!
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Sind Sie bei den Dreharbeiten vor Ort?
Kehrer: Nur ganz selten. In Deutschland haben Autoren und Drehbuchautoren wenig Einfluss auf Film- oder Fernsehproduktionen. Sobald das Buch abgenommen wurde von den Produzenten, agieren die relativ eigenständig. Ab und an bin ich aber beim Set dabei. Ich habe auch schon in einzelnen Folgen eine Statistenrolle übernehmen dürfen (lacht).
Bleibt man als Autor im Gegensatz zu den Schauspielern in der Öffentlichkeit unerkannt?
Kehrer: Im Grunde schon. Als ich noch in Münster gewohnt habe, gab es ganz selten sogar mal jemanden, der mich auf der Straße erkannt hatte und um ein Autogramm bat. Mittlerweile wohne ich seit sechs Jahren in Berlin und da bin ich völlig unbekannt. Lustigerweise wohnt Leonhard Lansink direkt um die Ecke. Und selbst er kann weitgehend unerkannt durch Berlin laufen, obwohl viele Menschen ihn aus dem Fernsehen kennen.
Wenn man Erfolg mit einer Figur hat, läuft man nicht Gefahr, in eine Schublade gesteckt zu werden?
Kehrer: Das sehe ich im Grunde ganz gelassen. Leonhard Lansink hat mir in Bezug auf „Wilsberg“ einmal gesagt: Um aus einer Schublade wieder herauskommen zu wollen, muss man vorher erst einmal in eine hineingesteckt worden sein. Für mich ist das eher eine Art Kompliment. Außerdem hat mir „Wilsberg“ auch beruflich sehr geholfen und ich habe ja auch immer noch andere Bücher geschrieben.
Was kommt nach den „Wilsberg“-Büchern?
Kehrer: Ich arbeite derzeit an einem erzählenden Sachbuch über eine deutsche Arktisexpedition. Ich lese momentan sehr viel, überprüfe Quellen, recherchiere Hintergründe. Das ist aufwendig, macht aber Spaß.
Lesung im WILL ausgebucht
Die Lesung zu Wilsbergs erstem und letzten Fall mit Autor Jürgen Kehrer am Samstag, 17. Februar, um 19 Uhr im Restaurant und Bistro WILL ist restlos ausgebucht.
Worauf dürfen sich die Besucher Ihrer Lesung am Samstag in Neheim freuen?
Kehrer: Wer nur die Filme von „Wilsberg“ kennt und nicht die Bücher, der wird schon Unterschiede in der Erzählweise feststellen. Das ist immer spannend, die Reaktionen des Publikums zu beobachten. Die berühmte Figur Kommissar Overbeck aus der Serie kommt in meinen Büchern zum Beispiel gar nicht vor. Ansonsten gibt es immer jede Menge Fragen zu den Hintergründen, die ich sehr gerne und ausführlich beantworte.