Arnsberg. Sie lebt mit Pferden - ein eigenes hatte sie nie bisher. Und dann kam Nicola - und hat Sabrina Ganters Leben verändert.

Schon seit ihrer Kindheit spielen Pferde eine große Rolle in ihrem Leben. Arnsbergerin Sabrina Ganter begann als Pferdemädchen, ist nun seit fast zwei Jahren selbstständig als Pferdetrainerin und macht derzeit eine Ausbildung zur Tierenergetikerin. Ihr Alltag wird von Pferden bestimmt; die Pferde er Familie stehen in einem kleinen privaten Stall in einem Arnsberger Ortsteil.

„Wir hatten eigentlich immer Pferde“, erinnert sie sich. Das Pferd, das am längsten bei ihnen ist, Wallach Billy, ist seit fast zwanzig Jahren bei den drei Schwestern. Doch in all den Jahren war ein Pferd nie wirklich ihres. „Natürlich liebe ich alle unsere Pferde“, sagt Sabrina Ganter. „Aber die Pferde gehören alle auf dem Papier meiner Schwester, damit hat sie am Ende das Fügungsrecht.“ Nicht immer einfach für sie. Doch für ein eigenes Pferd fehlt vor allem eins: das Geld. Der Stall ist gepachtet, das Pferd möchte natürlich auf sauberem Einstreu stehen und gutes Heu zu fressen bekommen. Kosten, die sich die Arnsbergerin nicht leisten kann.

Absolut ungeplantes erstes Treffen

Aber ein Pferd kam dann doch und veränderte ihr Leben. „Meine Schwester war sehr eng mit einer irischen Pferderettungsorganisation in Kontakt und hat geholfen, irische Ponys nach Deutschland zu vermitteln“, erzählt Sabrina Ganter. Alle Tinker in ihrem kleinen Stall kommen aus Irland, sind Originale von der Insel. In Irland werden Pferde anders gehalten, oft kommen sie abgemagert und verunsichert nach Deutschland. So auch Nicola.

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„Ich weiß nicht, was sie durchgemacht hat“, sagt sie mit Blick auf die schwarz-weiß-gescheckte Stute. Sie war bereits 13 Jahre alt, als sie nach Deutschland in den Stall der Ganters kam. Das ist über drei Jahre her - da lernten sich Sabrina Ganter und Nicola das erste Mal kennen. „Sie ist total selbstbewusst: Sie braucht den Menschen eigentlich nicht und hat ihren eigenen Kopf.“ Dazu kommt allerdings, dass die Stute viel Angst vor plötzlichen Geräuschen hat - schon ein unvermitteltes Schnipsen bringt sie zum Springen.

Zwei Mal hat Sabrina Ganter monatelang mit Nicola gearbeitet, um sie dann zu vermitteln.
Zwei Mal hat Sabrina Ganter monatelang mit Nicola gearbeitet, um sie dann zu vermitteln. © WP | Katharina Kalejs

Sabrina Ganter arbeitete mit der irischen Ponystute, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche Vermittlung zu erhöhen. „Ich habe mich damals schon in sie verliebt - aber ich hatte ja kein Geld.“ Sie war begeistert von dem Lernwillen und der Intelligenz der Stute, aber auch von ihrer Charakterstärke. „Man kann Nicola nicht zwei Wochen kaum arbeiten - dann fängt man direkt von vorn an.“ Nicola wird vermittelt - doch es funktioniert nicht. Sie kommt zurück zu den Ganters, muss wieder gearbeitet werden. „Da war sie noch schlimmer als vorher“, erinnert sich Sabrina Ganter. „Ich wollte sie eigentlich nicht wieder abgeben.“ Auch da wurde wieder ein neues Zuhause für sie gefunden. „Da hatte ich auch erst ein richtig gutes Gefühl. Aber dann wurde die neue Besitzerin schwer krank.“

Alle Zeichen deuten auf Nicola

Eine Weile hört Sabrina Ganter nichts mehr von Nicola - es ist die Zeit, in der sie sich selbstständig macht. Sie muss sich einen neuen Kundenstamm aufbauen, steckt Hals über Kopf in ihrer Arbeit und in der Versorgung der Pferde, die sie gemeinsam mit ihrer Schwester hält. „Ich weiß noch, jemand hat für unsere Juicy ein Halfter mitgebracht - aber das war viel zu groß.“ Juicy ist eine Ponymixstute, die den Schwestern schon lange gehört - und hat nicht so einen großen Kopf wie ihre Tinkerfreunde. „Und mein Freund hat mir Steigbügelriemen geschenkt. Der hat mit Pferden nichts am Hut. Was sollte ich denn damit?“

Was sie damals als normale, wenn auch etwas seltsame Vorkommnisse abstempelt, weiß sie heute als Zeichen zu deuten. „Und dann bin ich zu einem Trainingstermin gefahren, da habe ich einen Tinker kennengelernt, der Nicola verdammt ähnlich sah“, erinnert sich Sabrina Ganter. „Da sind mir direkt die Tränen gekommen, weil ich Nicola so vermisste.“ Kurz darauf war es dann so weit: Nicolas Besitzerin entschied sich, die Stute abzugeben, weil sie mit der Situation nicht zurechtkam, unterfordert war und dadurch gefährlich für die Menschen wurde, die versuchten, sich um sie zu kümmern.

Dann kam sie hier an, und ich wusste genau: Ich gebe sie nicht mehr ab.
Sabrina Ganter, Pferdetrainerin, über ihre Stute Nicola

„Dann kam sie hier an, und ich wusste genau: Ich gebe sie nicht mehr ab.“ Eine Stute hatte Sabrina Ganter eigentlich nie haben wollen, auch keinen Tinker. Sie wollte gern ein Pferd haben, mit dem sie stundenlang ausreiten gehen kann - mit Nicola kommt sie an schlechten Tagen nichtmal quer über den Hof. „Aber wie heißt es so schön: Du bekommst nicht das Pferd, das du willst, du bekommst das Pferd, das du brauchst.“ Sie blickt auf ihre Stute, streicht ihr über den Hals. „Und ehrlich gesagt glaube ich, wir sind Seelenverwandte.“

Immer noch hat Nicola viele Baustellen: Fremden gegenüber ist sie extrem skeptisch, sie braucht die regelmäßige Arbeit, und gerade an den Tagen kurz nach Silvester ist sie wieder extrem geräuschempfindlich. Männer findet sie prinzipiell blöd. Aber mittlerweile kann die Stute verschiedenste Tricks, sie und Sabrina Ganter sind ein eingespieltes Team - und wenn der Platz nicht gerade unter Wasser steht und es stürmt, können sie auch zuverlässig auf dem Reitplatz reiten, der zum Stall gehört. Dank ihr hat Sabrina Ganter ganz neue Methoden kennengelernt und ist in die Tierkommunikation eingestiegen. „Selbst, wenn ich sie nie so reiten kann, wie ich das gern will - sie darf für immer hier bleiben.“