Arnsberg. 160 Kita-Plätze weniger: Die SPD ist überrascht und erstaunt über die spontane Elterninformation. Das sind die Gründe dafür.

Nachdem das Erzbistum Paderborn an Weiberfastnacht verkündete, dass die kath. Kitas gGmbH 160 Kita-Plätze in den kirchlichen Kitas in Arnsberg reduzieren wird, zeigt sich die SPD Arnsberg erstaunt über diese Ankündigung.

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„Vor allem die Gründe sorgten für Unverständnis und Verärgerung“, so das Fraktionsbüro der SPD. Der kirchliche Träger habe den Schritt damit begründet, dass die Stadt Arnsberg „Zuschüsse gestrichen“ habe. Dabei seien in dem Brief an die Eltern wichtige Fakten nicht erwähnt worden, so dass der Eindruck einer willkürlichen und überraschenden Maßnahme entstanden sei. „Es handelt sich bei dem Geld um freiwillige Zuschüsse, die seinerzeit eingeführt wurden, um Probleme durch die damalige Landesförderung durch das Kibiz-Gesetz auszugleichen. Inzwischen hat sich jedoch die Landesförderung erneut geändert. Viele Jahre wurden die Zuschüsse von den Kitaträgern daher gar nicht abgerufen.“

Auch nicht erwähnt wurde, dass es der Stadt nicht einfach darum ging, Ausgaben einzusparen, sondern darum, einen Spielraum zur substanziellen Senkung der Kitabeiträge zu erhalten und 1:1 die Gelder zur Senkung der Kita-Beiträge eingesetzt wurden.
Jens Hahnwald - für die SPD-Fraktion Arnsberg

Ein dringender Bedarf habe somit offenbar nicht bestanden, resümiert die SPD daraus und stellt fest, dass mit den gebildeten Rückstellungen des Trägers in Millionenhöhe der Weiterbetrieb noch jahrzehntelang sichergestellt werden könne.

Stadt Arnsberg generierte 500 Kita-Plätze

Vergessen worden sei auch, dass zwischen der Stadt und den Trägern nach intensiven Verhandlungen eine Vereinbarung über eine neue Systematik für die Zuschüsse abgeschlossen und diese eben nicht komplett abgeschafft worden seien. „Diesem Kompromiss hatte auch die katholische Trägerorganisation noch vor kurzer Zeit zugestimmt. Erst auf dieser Grundlage wurde mit breiter politischer Mehrheit die Systematik der Zuschüsse geändert“, heißt es weiter.

„Auch nicht erwähnt wurde, dass es der Stadt nicht einfach darum ging, Ausgaben einzusparen, sondern darum, einen Spielraum zur substanziellen Senkung der Kitabeiträge zu erhalten und 1:1 die Gelder zur Senkung der Kita-Beiträge eingesetzt wurden.“ Damit sei nach Jahren von Eltern und auch der SPD ein wichtiger Erfolg für viele Familien erreicht worden. Das Vorgehen des Kitaträgers habe ohne Not zu einer starken Verunsicherung bei den betroffenen Eltern geführt und werde daher von der SPD-Fraktion deutlich kritisiert. Das Verhalten sei ein Vertrauensbruch in der Zusammenarbeit zwischen zwei Vertragspartnern.

Es zahle sich einmal mehr aus, dass die Verwaltung unter der Federführung des Bürgermeisters in den letzten fünf Jahren den großen Kraftakt gestemmt habe, das 2018 noch bestehende Defizit von mehreren hundert Kita-Plätzen massiv anzugehen. Es seien über 500 neue Kitaplätze geschaffen worden und weitere seien geplant.

„Auch mit Blick auf die möglicherweise betroffenen Familien ist es nun wichtig zu klären, um welche Einrichtungen es konkret geht und wie viele Plätze in den betroffenen Kitas wahrscheinlich ab 2025/26 wegfallen. Auf dieser Basis ist zu klären, ob es in der Nähe andere Kitas gibt, die - wenn nötig - Plätze schaffen können oder ob es sinnvoll ist die Kitas durch andere Träger oder die Stadt selbst weiterzuführen“, schlägt die SPD daher vor.

Informelle Gespräche mit der Verwaltung und dem Bürgermeister hätten ergeben, dass sich auch beim Wegfall der Plätze daran nichts ändern würde. Damit unterscheide sich Arnsberg von vielen anderen Kommunen. „Bei den Gesprächen wurde auch deutlich, dass die Verwaltung intensiv daran arbeitet, die wegfallenden Plätze zu kompensieren“ so Andreas Posta, Fraktionsvorsitzender.

Die Hintergrundinformationen zur geplanten Reduzierung der Kita-Plätze

Mindestens acht der bisher 50 Gruppen an den 16 Wir-Kitas in der Stadt Arnsberg müsse das Erzbistum Paderborn perspektivisch schließen, so teilte es die Kath. Kitas gemeinnützige GmbHs in ihrer Elterninformation mit. 160 Betreuungsplätze sollen gekürzt werden (wir berichteten). Dies hänge daran, dass die Stadt Arnsberg ihre Zuschüsse an die freien Kita-Träger gekürzt habe. Die Stadt reagierte darauf prompt und vertrat den Standpunkt, dass es aus städtischer Sicht keine schlüssige Begründung für die Gruppenschließungen sei.

Pfarrer Daniel Meiworm der St. Petri-Gemeinde in Hüsten findet die Situation „unangenehm“ - wie er zu der Systematik steht, erzählt er gegenüber dieser Redaktion:

Inwiefern tragen Sie als Vor-Ort-Gemeinde die Entscheidung, 160 Betreuungsplätze in den kirchlichen Kitas zu kürzen, mit?

Dazu ist zunächst einmal festzustellen, dass die Kirchenvorstände vor einigen Jahren beschlossen haben, die kath. Kitas in die WIR-KITAs Kath. Kita gem. GmbHs zu überführen, um den Verwaltungsaufwand für die Gemeinden zu minimieren. Damit liegen aber auch Entscheidungen wie diese nicht mehr in unserer Hand. Dennoch ist das eine unangenehme Situation für uns.

Was meinen Sie mit unangenehm?

Gesehen wird in diesem Fall nur, dass „die Kirche“ die Betreuungsplätze reduziert. Was aber auch bedacht werden muss ist, dass rund 950 Euro je Kind und Jahr in den kath. Kitas von den GmbHs selbst gestemmt werden müssen – diese sind allein durch die Kirchensteuern nicht einzuholen. Wir als Kirchengemeinde werden in diesem Fall, wie so oft, als Prellböcke gesehen.

Waren Sie denn seinerzeit Teil der Finanzgespräche zwischen der Stadtverwaltung und der Kirche?

Die Gespräche fanden zwischen der Kath. Kita gem. GmbH aus Meschede und der Stadt Arnsberg statt und waren grundsätzlich konstruktiv. Denn entgegen dem anfänglichen Wunsch der Verwaltung, die Kosten auf 0 Prozent zu setzen, hat man sich damals auf 55 Prozent geeinigt. Aber auch dort wurde bereits auf die möglichen Konsequenzen hingewiesen. Die Pfarrer der einzelnen Gemeinden in Arnsberg haben an diesen Gesprächen nicht teilgenommen.

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Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Kita-Träger

Ende der letzten Woche meldete sich auch Dr. Marcel Kaiser (CDU), der mitteilte, dass Bürgermeister Ralf Paul Bittner die Thematik „zur Chefsache“ erklärt habe, weil es keine Einigung zwischen den Beteiligten gegeben habe. „Deshalb hatte der Bürgermeister alle eingeladen und nach seiner Aussage eine tragfähige und gute Kompromisslösung erzielt, die wir dann im Rat so beschlossen haben“, so der CDU-Politiker. Vorher hätten alle Träger vor der Kürzung gewarnt und angekündigt, möglicherweise auch Kitas oder einzelne Gruppen schließen zu müssen.

Die Detailverhandlungen mit den beteiligten Kita-Trägern hätten durchgängig unter Beteiligung von Fabian Schrieck und Michael John (Jugendamt Arnsberg) und in der letzten Phase der Gespräche nur punktuell unter der Beteiligung von Ralf Paul Bittner, Rainer Schäferhoff und Kirsten Heckmann (Verwaltungsvorstand) stattgefunden, entgegnet die Stadtverwaltung.

Außerdem zeige sich Bürgermeister Ralf Paul Bittner insbesondere darüber besorgt, dass Familien der Kath. Kitas in Arnsberg nun durch undetaillierte Ankündigungen verunsichert würden. Die Stadt Arnsberg sieht aufgrund der vorhandenen Bereitschaft anderer Kita-Träger auch weiterhin Betreuungsplätze in Arnsberg anzubieten und ein vorhandenes umfangreiches Betreuungsangebot anzupassen, auch zukünftig die Möglichkeit, dass Familien mit erforderlichen Betreuungsplätzen versorgt werden.

„Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hat der Rat der Stadt Arnsberg im vergangenen Jahr mit Mehrheit beschlossen, die Systematik der Zuschüsse zu den Trägeranteilen für die Kitas in der Stadt zu verändern“, heißt es darin. Der Beschluss beinhalte für die katholischen Kitas eine Absenkung der städtischen Zuschüsse um 55 Prozent - in Summe entspräche dies mehr als 175.000 Euro jährlich.

Kita-Schließungen zum Sommer 2025 möglich

Es sei für den dauerhaften Bestand der verbleibenden Wir-Kita-Plätze in Arnsberg ein Muss, einzelne Einrichtungen in Gänze zu schließen. Die aktuelle Unterfinanzierung aller Kitas in NRW aus dem KiBiz heraus sei nicht ursächlich für diese notwendige Reduzierung, erschwere die Situation aber zusätzlich.

In einem Bewertungsprozess in enger Abstimmung mit den Vertretern aus den Pastoralen Räumen, Kirchenvorständen und dem Verwaltungsrat würden nunmehr das weitere Vorgehen und die einzelnen Entscheidungen abgestimmt. „Dabei ist uns eine offene und ehrliche Kommunikation mit Ihnen und den Eltern sehr wichtig“, heißt es weiter in der Elterninformation, „Daher auch diese sehr frühzeitige Information, zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine konkreten Entscheidungen gefallen sind.“

Für die Eltern bedeute dies, dass sich zunächst einmal nichts ändern werde. Der Entscheidungsprozess laufe voraussichtlich bis in den Spätsommer hinein, so dass erste Schließungen zum Sommer 2025 stattfinden könnten.

„Jugendamt über die Finanzsituation und drohende Reduzierung informiert“

Der Stadt Arnsberg gegenüber sei das Erzbistum Paderborn „in allen Phasen der Verhandlung zu Zuschüssen immer transparent“ gewesen, zuletzt habe man das Jugendamt über die Finanzsituation, die anstehenden Entscheidungen und die drohende Reduzierung der Betreuungsplätze im Oktober 2023 informiert. Es sei seitens der Stadt klargestellt worden, dass die „Stadt Arnsberg keine zusätzlichen Mittel bereitstellen wird und Kita-Schließungen zu verkraften seien“.

Das Vorgehen und auch der Beschluss überraschen Arnsberger Verwaltung und Politik. „So wurde die Anpassung der freiwilligen Trägerzuschüsse in Arnsberg unter anderem mit dem Kath. Kita-Träger in wiederkehrenden Gesprächen abgestimmt“, so Ramona Eifert, Stadtsprecherin. „Dieser Beschluss wurde ausdrücklich durch die Geschäftsführung des Kath. Kita-Trägers mitgetragen.“

Darüber hinaus sei in den Gesprächen vereinbart worden, dass künftige Angebotsanpassungen im Laufe der nächsten Jahre mit dem Jugendamt abgestimmt würden. „Von dieser Abmachung ist der kirchliche Träger nun abgewichen“, so Michael John, Jugendamtsleiter. Hierbei sei auch explizit auf Anpassungen von Gruppenformen abgestellt worden, um dem wachsenden Bedarf an Plätzen für Kinder unter drei Jahren gerecht zu werden.

Information erzeugt Unsicherheit bei Eltern und Mitarbeitenden

Zudem gebe es schon seit langem Planungen, dass bestimmte Einrichtungen im Laufe der nächsten Jahre nicht mehr benötigt würden. „Hier hat auch der katholische Kita-Träger schon vor einigen Jahren deswegen begonnen, keine umfangreichen Investitionsmaßnahmen in manchen Gebäuden mehr umzusetzen“, so die Stadtsprecherin.

Bereits seit letztem Jahr gibt es in Arnsberg ausreichend Kita-Plätze, um allen Eltern Betreuungsangebote zu unterbreiten. Bedingt durch die demografische Entwicklung wird die Anzahl der Kinder unter sechs Jahren bis Ende des Jahrzehnts um einige hundert Kinder zurückgehen. Daher sind auch Anpassungen bestehender Betreuungssettings von Kitas möglich und nötig.
Michael John - Jugendamtsleiter

Das Vorgehen, den Abbau von Plätzen anzukündigen, ohne genaue Orte des Platzabbaus und Zeiten zu nennen, erzeugt laut der Stadtverwaltung sowohl bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kitas sowie bei den Eltern Unsicherheit. Auch, wenn der katholische Kita-Träger auch benannt habe, dass eine Reduzierung der Kapazitäten erst ab dem Kindergartenjahr 2025/26 geplant sei, keine Betreuungsplätze gekündigt werden sollten und das Bestandspersonal auch weiterhin beschäftigt werden solle.

Aus städtischer Sicht gebe es keinerlei Anlass zur Sorge. „Bereits seit letztem Jahr gibt es in Arnsberg ausreichend Kita-Plätze, um allen Eltern Betreuungsangebote zu unterbreiten. Bedingt durch die demografische Entwicklung wird die Anzahl der Kinder unter sechs Jahren bis Ende des Jahrzehnts um einige hundert Kinder zurückgehen. Daher sind auch Anpassungen bestehender Betreuungssettings von Kitas möglich und nötig“, so John weiter.

Dass sich die katholische Kirche in vielen Bereichen aus der Fläche zurückziehe, sei ein Prozess, der sich bereits seit längerem abzeichne. „Der Abbau von Betreuungskapazitäten kath. Kita-Plätze würde die Versorgung nicht beeinträchtigen, wenn eine zielgenaue Steuerung der Reduzierung stattfände.“ Grundsätzlich stünden andere Träger bereit, wenn (wider Erwarten) wegfallende Kapazitäten anderweitig abgesichert werden müssten. Aus städtischer Sicht könne und müsse es in den nächsten Jahren weitere Anpassungen der Betreuungsinfrastruktur geben.