Arnsberg. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat seinen Plan für Notfallversorgung vorgestellt. In Hüsten steht bereits zukunftsfähige Struktur
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seine Reformpläne für die Notfallversorgung vorgelegt. Eine bessere Erreichbarkeit von Ärzten außerhalb der Sprechzeiten, konkrete Vorgaben für telemedizinische Angebote und Hausbesuche sowie eine engere Kooperation von ärztlichem Bereitschaftsdienst und Krankenhäusern sind die zentralen Eckpunkte seiner Notfallreform. Wie passt das zu den Entwicklungen in Arnsberg und Sundern?
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„Im Notfall sollen Patienten dort behandelt werden, wo sie am schnellsten und am besten versorgt werden. Das muss nicht immer das Krankenhaus sein“, sagt Lauterbach, „.in vielen Fällen ist die notdienstliche Akutversorgung sehr viel sinnvoller.“ Damit nimmt er Bezug auf die Notfallpraxen der Kassenärztlichen Vereinigung (KVWL). Lauterbach verweist auf ein Problem, das auch am Klinikum in Hüsten zu erleben ist. „Heute sind die Notfallzentren der Kliniken oft überfüllt, auch mit Patienten, die nicht im Krankenhaus versorgt werden müssten“, sagt er. Er fordert eine bessere Lenkung der Patientenströme.
Um Patientinnen und Patienten im Notfall gleich an die richtigen Strukturen zur Behandlung weiterzuleiten, sollen flächendeckend Integrierte Notfallzentren (INZ) sowie, dort wo es die Kapazitäten zulassen, Integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) eingerichtet werden. INZ und KINZ bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer zentralen Ersteinschätzungsstelle („gemeinsamer Tresen“) und einer KV-Notdienstpraxis in der Nähe.
Geforderte Strukturen teilweise schon gegegen
„Die Zentrale Notaufnahme des Klinikums Hochsauerland sowie die KVWL-Notfallpraxis am Standort Karolinen Hospital liegen räumlich in unmittelbarer Nähe und arbeiten auf Grundlage abgestimmter Standards in Ersteinschätzung und Patientenführung“, sagt Klinikumsprecher Richard Bornkessel auf Nachfrage, „für den im vorliegenden Eckpunktepapier zur Notfallreform vorgesehenen Aufbau von Integrierten Notfallzentren sind hier somit bereits wichtige Voraussetzungen gegeben.“ Tatsächlich hat das Konzept in Hüsten bereits viele Vorgaben erfüllt, die Lauterbach für die Notfallversorgung der Zukunft vorschwebt. Sowohl die räumliche Nähe zur Notfallpraxis als auch ein Integriertes Notfallzentrum mit Anbindung an alle Versorgungsstrukturen des Klinikums sind gegeben.
„Strukturen sind da“, stellt auch Hans-Heiner Decker, Arnsberger Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung, fest. Tatsächlich fehlt aber noch der „gemeinsame Thresen“, an dem die Patienten entweder ins Krankenhaus oder in die Notfallpraxen gelenkt werden. „Das haben wir nicht realisieren können. Hier werden wir sicher noch einmal auf das Klinikum zugehen, da ist noch mehr zu leisten in der Zusammenarbeit“, sagt Decker. Die nun von Lauterbach vorgeschlagenen Betriebszeiten der Integrierten Notfallzentren entsprechen schon jetzt nahezu den Strukturen der Notfallpraxis. Die Öffnungszeiten der INZ sollen gesetzlich so festgelegt werden: Wochenende/Feiertage: 9 Uhr bis 21 Uhr, Mittwoch/Freitag: 14 Uhr bis 21 Uhr und Montag, Dienstag und Donnerstag von 18 Uhr bis 21 Uhr). Abweichungen davon sollen möglich sein, wenn die notdienstliche Versorgung anderweitig sichergestellt ist.
Ein eigenes so ausgewiesenes integriertes Notfallzentrum für Kinder gibt es in Hüsten nicht. Vom Gesetzgeber, so Klinikum-Sprecher Bornkessel, seien aktuell auch noch keine Sonderregelungen für Kinder in einer Zentralen Notaufnahme vorgegeben. „Hier zählt ebenso die Gewichtung nach medizinischer Dringlichkeit“,so Bornkessel, „in der ZNA des Klinikums wurde allerdings die Möglichkeit eines sogenannten Bypassverfahrens geschaffen, um die Wartezeit der kleinen Patienten nach Möglichkeit zu verkürzen.“ Ein wichtiger Punkt der Lauterbach-Reformpläne ist aber das eigene Integrierte Kinder-Notfallzentrum. Hier ist vermutlich in Hüsten der größte Nachholbedarf. Denn aktuell werden die Kinder, die nicht in der ZNA behandelt werden müssen, in der KVWL-Notfallpraxis in einem abgetrennten Bereich betreut. Das soll aber, so erklärt KVWL-Bezirkssprecher Hans-Heiner Decker, ab Februar noch an Wochenende und Feiertagen passieren. Zu den anderen Zeiten soll das Klinikum übernehmen. Ganz glücklich ist Decker mit dieser Lösung nicht.
Baulich ist auch noch einiges im Argen. So ist der vom Vorplatz des Klinikum-Notfallzentrums erreichbare und als Haupteingang geplante Zugang zur KVWL-Notfallpraxis derzeit nur begrenzt einsatzfähig. Der Zugang muss daher häufig auch über einen treppabwärts erreichbaren Zugang im Haus C gewählt werden.
Die neuen Lauterbach-Pläne werden in der Umsetzung aber noch Zeit brauchen. Die Bundesregierung werde zwar nach eigener Auskunft in Kürze einen Referentenentwurf zur Notfallreform vorlegen, doch kann das Gesetz frühestens im Januar 2025 in Kraft treten. Bis dahin müssen sich die bestehenden Strukturen beweisen. Mit Blick auf die Schließung der Notfallpraxis der KVWL in Sundern ab Februar - diese sorgt in Sundern für viel Unmut - sei eine gute Steuerung der Patienten in der Notfallversorgung eine große Herausforderung.